18.09.2014

In eigener Sache

"'persönlich' war eine sehr begehrte Braut"

"persönlich" gehört jetzt also Matthias Ackeret. Der langjährige Chefredaktor und Geschäftsführer hat am Donnerstagmittag in Zürich den Kaufvertrag unterschrieben. Wie konnte er den Kauf finanzieren? Im Interview erklärt der 51-Jährige, wie er die Zukunft des Verlages gewährleisten will.
In eigener Sache: "'persönlich' war eine sehr begehrte Braut"

Matthias, du warst bisher Geschäftsführer und Chefredaktor von "persönlich", nun bist du Besitzer (persoenlich.com berichtete). Wie fühlst du dich als frischgebackener Verleger?
Erleichtert. Bis alles geklappt hat, war es doch ein überraschend langwieriger Prozess, der mich in den letzten Wochen unter anderem von einem Publicitas-Kellerbüro in Bern über das Hotel Eden Roc in Ascona und den UBS-Hauptsitz an der Zürcher Bahnhofstrasse bis zum Spital Wetzikon führte, wo ich wegen Nierensteinen kurzfristig in Behandlung war. Aber jetzt ist alles zu einem guten Ende gekommen. Und, wie singt Marius Müller-Westerhagen so schön: "Die Verträge sind gemacht."

Dein Lebensmotto ist es, jeden Morgen aufzustehen und dich nie zu langweilen. War es dir zu langweilig?
Ich weiss; das ist eine sehr luxuriöse Lebensdevise, die ich von André Heller abgekupfert habe. Ob das Nichtlangweilen jeden Tag gelingt, weiss ich nicht. Aber es ist zumindest ein guter Ansatz. Ich könnte mir vorstellen, dass der Verleger-Job durchaus sehr spannend sein kann und völlig neue Perspektiven eröffnet (lacht).

Was ändert sich durch die neue Situation für dich?
Die Verantwortung. Gegenüber meinem Team, der Branche und nicht zuletzt gegenüber meinem Umfeld. Bei diesem Kauf engagiere ich mich mit meinem eigenen Geld – und das ist nicht wenig. Das ist einerseits eine Belastung, gibt andererseits auch eine Kraft, Dinge zu realisieren, an die man vorher nicht gedacht hatte. Durch den Verkauf unserer bisherigen "Mutter" PubliGroupe an die Swisscom hat sich diese Möglichkeit ergeben. "It’s now or never", singt Elvis.

Wie teuer war "persönlich"?
Über den Preis haben wir Stillschweigen vereinbart. Aber "persönlich" war sicherlich kein Schnäppchen oder gar ein Geschenk. Das ist auch klar. Ein gutes Produkt hat seinen Wert. Mich hat sehr gefreut, dass ich in den letzten Tagen aus der Branche immer wieder positive Signale erhalten habe. Die jetzt zustande gekommene Lösung wird demnach begrüsst. Wie ich jetzt erfahren habe, war "persönlich" eine sehr begehrte Braut, für die sich auch andere Bewerber interessiert haben. Fast wie Michelle Hunziker auf dem Heiratsmarkt… Ein Kränzchen möchte ich in diesem Zusammenhang der PubliGroupe winden, die den ganzen Verkaufsprozess fair und transparent gestaltet hat. Und meinen Mitarbeitern, die in der Zeit der Unsicherheit nie die Nerven verloren haben und auf die ich mich immer verlassen konnte.

Und wie konntest du diesen Kauf finanzieren? Sind Roger Schawinski oder Christoph Blocher beteiligt?
Natürlich werden in den nächsten Tagen alle möglichen Verschwörungstheorien herumgereicht werden. Um es ein für allemal in aller Deutlichkeit zu sagen: Ich habe alle meine Ersparnisse und meine Aktienbestände aufgelöst, um den verlangten Verkaufspreis zu bezahlen. Ich habe mich bei diesem Kauf finanziell sehr stark engagiert, hatte also keinen Götti, der mir dabei geholfen hat. Als Mitaktionär und stillen Teilhaber konnte ich meinen langjährigen Freund Manfred Klemann gewinnen, der eine Minderheit der "persönlich"-Aktien übernommen hat.

Woher kennst du Manfred Klemann?
Wir haben in den achtziger Jahren, also vor bald dreissig Jahren, bei Radio Munot in Schaffhausen gearbeitet. Nach dem Mauerfall in Berlin wollten wir in Dresden einen privaten Radiosender gründen und hatten anfänglich sogar eine gute Chance, eine der begehrten Konzessionen zu erhalten. Mit Klemann habe ich auch einige Bücher veröffentlicht, unter anderem den Erfolgsroman "Die ganze Welt ist Ballermann". Was aber fast noch wichtiger ist: Manfred kommt aus der Branche und verfolgt unsere Verlagsaktivitäten schon sehr lange mit grossem Interesse und Begeisterung. Bei der Jahrtausendwende hat er mit "wetter.com" das grösste Wetterportal Europas gegründet. Ich bin sehr dankbar, dass er mich bei diesem Projekt unterstützt.

Wie wirst du den Verlag mit den unterschiedlichen Produkten weiterführen, welche Ideen willst du umsetzen?
Ich setze auf Kontinuität. Ich bin der Ansicht, dass nur ein journalistisch hochstehendes Produkt langfristig eine Überlebenschance hat. "persönlich" will das führende Branchenprodukt in der Schweizer Kommunikationslandschaft sein. Wir hatten das Glück, in unserem Verlag immer über engagierte und talentierte Mitarbeiter zu verfügen, die den gleichen Anspruch an unsere beiden Produkte erheben. Aber es gibt ständig Optimierungspotenzial und Verbesserungsmöglichkeiten. Mein Ziel ist ein finanziell gesundes Unternehmen. Nur das garantiert guten und unabhängigen Journalismus.

Wird das Unternehmen in Rapperswil bleiben?
Rapperswil ist die Seele von "persönlich". Das hat auch unser Jubiläumsfest im Mai gezeigt. Aber ich werde sicher in den nächsten Monaten abklären, ob ein Wechsel nach Zürich langfristig Sinn macht. Bei dieser Frage steht immer das Wohl der Firma im Vordergrund.

Bei der ganzen Verantwortung und der Mehrarbeit: Wirst du Teleblocher weiterführen?
Warum nicht? Mittlerweile haben sich die Stürme gelegt und die Sendung stösst immer noch auf grösstes Interesse. Teleblocher ist doch der handfeste Beweis, dass Internetfernsehen funktionieren kann. Zudem zeichnen wir die Sendungen zu einer Zeit auf, um welche die allerwenigsten Journalisten arbeiten: um sieben Uhr morgens. In den letzten Wochen musste ich Teleblocher wegen Nierensteinen nach sieben Jahren erstmals auffallen lassen. An meiner Stelle hat Norbert Neininger, Verleger der "Schaffhauser Nachrichten", moderiert, was mich sehr gefreut hat. Er war übrigens mein erster journalistischer Lehrmeister.

Was wirst du als erstes in den kommenden Tagen anpacken?
Die Beendigung der "persönlich"-Oktoberausgabe. Vielleicht will der ein oder andere Werbekunde unseren "Neustart" mit einem Inserat im nächsten Heft "feiern"? Über solche Erkenntlichkeiten würde ich mich als frischgekürter Verleger natürlich sehr freuen (lacht).

Wie eingangs erwähnt: Dir wird es langweilig, wenn du nicht mehrere Dinge gleichzeitig machen kannst. Wann kommt dein nächstes Buch?
Ich habe unlängst einen Roman mit dem Titel "Eden Roc" beendet. Mein literarisches Vorbild Martin Walser, mit dem ich eine tolle Freundschaft pflege, hat ihn bereits über E-Mail gelesen und war begeistert, wie er in einem SMS schrieb. Ich hoffe, es klappt dank dem Walserschen Zuspruch bei einem Verlag.

Und wie wirst du deinen Erfolg feiern?
Noch keine Ahnung. Momentan bin ich jedenfalls todmüde. Vielleicht bei einem Teller Spaghetti im Restaurant Totò mit meiner Freundin Susanne.

Fragen: Edith Hollenstein, Bild: Alberto Venzago

 



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