25.02.2015

Robert Kisch

"Die Reaktionen sind oft höhnisch und verachtend"

Der zum Berufswechsel gezwungene Starjournalist über die Resonanz seines Buches.
Robert Kisch: "Die Reaktionen sind oft höhnisch und verachtend"

Vor knapp zwei Wochen berichteten wir über den einstigen deutschen Starjournalisten Robert Kisch (der Name ist ein Pseudonym, Anm. d. Red.), der in seinem angestammten Beruf plötzlich keine Arbeit mehr fand und schliesslich als Einrichtungsfachberater im Möbelhaus landete. Über sein neues Leben als Verkäufer auf Provision hat er ein Buch geschrieben. "Möbelhaus - Ein Tatsachenroman" (Droemer Knaur, München, 320 S., 19.50 CHF) liefert einen beklemmenden Einblick in eine Welt, in der nur eines zählt: die Unterschrift des Kunden unter dem Kaufvertrag. Da einige Fragen offen blieben, haben wir uns nochmals mit Kisch unterhalten.

Herr Kisch, wie sieht ein guter Tag im Möbelhaus aus? Gibt es den überhaupt?
Ein guter Tag bedeutet guter Umsatz. Und keine Reklamation. Und mal ein Lachen zwischendurch.

Ich muss noch mal nachhaken bezüglich Ihrer Berufswahl. Viele haben sich gefragt: Wieso hat ein Mann mit Ihren Texter-Qualitäten nicht in eine Corporate Publishing Bude gewechselt? Wieso nicht in die Kommunikationsabteilung eines grossen Unternehmens? Da lässt sich doch gutes Geld verdienen?
Ist das wirklich so einfach, als Reporter, mit 50, ohne Promotion, in die Kommunikationsabteilung eines Unternehmens zu wechseln? Ich will das natürlich nicht ausschliessen, es gab ja auch Gespräche. Hierzu gibt es übrigens auch lange Passagen im Buch. Aber ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass ich lange kein Einzelfall mehr bin.

Wie lange waren sie arbeitslos bevor Sie im Möbelhaus anfingen?
Als Journalist ist man doch nie arbeitslos - höchstens freiberuflich. Und freiberuflich war ich nach der letzten Festanstellung ungefähr 6 Monate. Bis das Geld vorne und hinten nicht mehr reichte.

Welche Reaktionen hatten Sie auf das Buch? Ich nehme an, dass man Sie in Journalistenkreisen trotz Pseudonym erkannt hat. Haben sich auf das Buch hin Leute aus ihrem alten Leben gemeldet?
Interessant sind die anonymen Mails, in denen mir Journalisten schreiben, wie wichtig das Buch für sie geworden ist, weil sie sich in einer ähnlichen Lage befinden. Die Reaktionen von festangestellten Journalisten in Foren etc. sind oft höhnisch, verachtend und unter der Gürtellinie. Als hätte ich irgendeinen Ehrenkodex verletzt. Ja, und interessanterweise hat sich niemand gemeldet, mit dem ich mal gearbeitet habe.

Zeichnet sich ein Wechsel zurück ab?
Das habe ich mir mit dem Buch verbaut. Das war mir auch vorher klar. Man stellt schliesslich nur erfolgreiche Menschen ein.

Wenn Sie jetzt wählen könnten: Wo würden Sie denn gerne schreiben?
Der Ort ist mir einerseits egal. Andererseits ist mein Sohn für mich ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich möchte ihn regelmässig sehen.

Fragen: Adrian Schräder/Bilder: zVg



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