30.01.2015

Kosovaren-Inserate

Rassismusanklage gegen SVP

Die Masseneinwanderungsinitiative könnte sogar für ungültig erklärt werden.
Kosovaren-Inserate: Rassismusanklage gegen SVP

Wegen des Inserats "Kosovaren schlitzen Schweizer auf!" könnte die Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 womöglich vom Bundesgericht für ungültig erklärt werden. Sollte das in der Abstimmungskampagne eingesetzte Inserat vom höchsten Gericht als rassistisch erachtet werden, wäre die Stimmbevölkerung mittels strafbarer Handlung manipuliert worden.

Zwei Zürcher Anwälte haben am Donnerstag deswegen eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht. Deren Auslöser war, dass ein Berner Strafgericht die Anklage gegen SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und dessen Stellvertreterin Silvia Bär wegen mehrfacher Rassendiskriminierung vor einigen Tagen zugelassen und den Gerichtstermin auf Ende April festgesetzt hat.

Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland fordert für Baltisser und Bär bedingte Geldstrafen. Die beiden Beschuldigten hätten durch das "Kosovarenschlitzer"-Inserat gleich mehrfach, vorsätzlich und in Mittäterschaft gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm verstossen.

Toni Brunner durch Immunität geschützt

Angeklagt werden Baltisser und Bär, weil sie bei der Planung und Veröffentlichung des "Kosovarenschlitzer"-Inserats mit dem Parteipräsidenten der SVP Schweiz, Toni Brunner, in massgeblicher Weise zusammengewirkt hätten. Brunner selbst wurde nicht angeklagt. Das Parlament hatte 2013 die Immunität des SVP-Nationalrats nicht aufgehoben, obwohl sich die Strafuntersuchung wegen Rassendiskriminierung zunächst gegen den SVP-Präsidenten gerichtet hatte (persönlich.com berichtete).

Rechtsanwalt David Gibor, der zwei Kosovaren vertritt, hat sich mit der Strafanzeige gegen den mehrfachen Widerstand der Staatsanwaltschaft beim Berner Obergericht durchgesetzt.

Er bezeichnete im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda die beiden Beschuldigten als Bauernopfer, welche für die seit Jahren betriebene rassistische Hetze der SVP gegen Ausländer und Asylbewerber nun stellvertretend zur Verantwortung gezogen würden. Mit dem Slogan "Kosovaren schlitzen Schweizer auf!" habe die SVP für ihre Masseneinwanderungsinitiative geworben.

Baltisser sieht Anklage gelassen entgegen

Das Inserat erschien im Spätsommer 2011 in verschiedenen Printmedien und löste landesweit heftige Reaktionen aus. Einige Medien lehnten die Veröffentlichung des Inserats ab, weil es diskriminierend wirke.

Das Inserat war bis Ende 2013 auf der Webseite der SVP Schweiz sowie auf jener der SVP-Initiative "gegen Masseneinwanderung" aufgeschaltet. Die Initiative wurde schliesslich vom Volk knapp mit 50,3 Prozent Ja-Stimmen angenommen.

In einer ersten Reaktion zeigte sich SVP-Generalsekretär Martin Baltisser gelassen. "Es geht letztlich um die Frage, ob man in diesem Land noch einen Sachverhalt darstellen darf, so wie er sich zugetragen hat", erklärte er auf Anfrage.

Hetze gegen Kosovaren

Im "Schlitzer"-Inserat würden die Kosovaren generell mit Gewaltverbrechern und Messerstechern gleichgesetzt und somit im Kollektiv kriminalisiert. Gemäss Gibor spricht das Inserat den Kosovaren ihre Gleichwertigkeit als menschliche Wesen ab, denn es werde suggeriert, dass die Minderwertigkeit der Kosovaren ethnisch begründet sei. Mit dem SVP-Inserat hätten Baltisser und Bär rassistische Hetze gegen die Kosovaren betrieben. Sie hätten so Ressentiments geschürt, die geeignet seien, eine Atmosphäre der Ausgrenzung der Kosovaren zu provozieren und zu Hass aufzureizen. (sda)



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