08.12.2009

Ich habe von Churchill gelernt

Als Winston Churchill in der Schule einmal den Auftrag bekam, einen Aufsatz über die Faulheit zu schreiben, nahm er sein Heft, schrieb auf die erste Seite «Das», auf die zweite «ist» und auf die dritte «Faulheit». Der Überlieferung nach hat sein Lehrer diese (faule) Genialität seines Schülers nicht geschätzt, und Churchill bekam eine miserable Note. Selbiges will ich nicht riskieren, und ausserdem hoffe ich immer noch darauf, einmal auf TeleBlocher den gleichnamigen ehemaligen Bundesrat selber interviewen zu dürfen. Deshalb verzichte ich darauf, Matthias Ackerets Aufforderung «Schreib mir doch fürs ‹persönlich› mit 3000 Zeichen, weshalb du das Mandat Hirschmann angenommen hast» mit den Worten zu beantworten: «Weil» «ich» «es» «eine» «gute» «Idee» «fand». Im schweizerischen Rechtsstaat gilt generell die Unschuldsvermutung. In den Medien gilt das Gegenteil: Wer von irgendeiner Seite attackiert wird, der ist a priori schuldig. Und wenn, allenfalls Jahre später, ein Gericht dann doch zum gegenteiligen Schluss kommen sollte, dass die Vorwürfe nämlich entweder teilweise oder sogar ganz unbegründet waren, dann ist der Schaden schon längst angerichtet. Der / Die so Vorverurteilte hat ein schlechtes Image und wird es kaum mehr los. Das Beispiel dafür in der Schweizer Medien- und Justizgeschichte ist zweifellos der Prozess gegen den ehemaligen Verwaltungsrat und das Management der Swissair. Auf internationaler Ebene ist es die weltweite Revisionsgesellschaft Arthur Andersen, die im Gefolge des Enron- Skandals von der Justiz und damit auch von den Medien unter Beschuss genommen, vorverurteilt, in den Ruin getrieben und dann zwei Jahre nach ihrem Ende … freigesprochen wurde. Relevanter als die Frage «Weshalb hast du dieses Mandat angenommen?» ist deshalb die Frage: «Was kann man in einem solchen Fall als Kommunikationsberater überhaupt machen?». Die Antwort darauf ist bis zu einem gewissen Grad natürlich fallspezifisch. Aber es gibt drei Grundregeln, die in nahezu allen Fällen identisch sind: 1. Es geht bei derartigen Storys in erster Linie immer um Schadensbegrenzung. Nur ganz selten resultiert aus einer Krise bei idealer Kommunikationsarbeit ein Imagegewinn. Eine solche Ausnahme stellt beispielsweise die Kommunikation von Beatrice Tschanz beim Absturz des Swissairflugs SR 111 dar. Sie resultierte in einem enormen Imagegewinn für den damaligen SAirGroup-CEO Philippe Bruggisser – und verdientermassen auch für Bea Tschanz selbst. 2. Wenn in einem solchen Fall zwei Seiten aufeinander losgehen, dann werden am Schluss beide Seiten verlieren. In einer medialen Schlammschlacht gibt es nie Gewinner, nur immer Verlierer. Deshalb tut man gut daran, sie erst gar nicht vom Zaun zu brechen, sondern seine Streitigkeit möglichst im Stillen zu bereinigen. Das heisst, wenn möglich, auch ohne die Untersuchungsbehörden und Gerichte zu bemühen, denn sonst sind, vor allem wenn es um bekannte Kontrahenten geht, die mediale Aufmerksamkeit und Publizität vorprogrammiert. 3. Wenn man einmal ins Visier der Medien geraten ist, dann sollte man alles daran setzen, so rasch als möglich wieder daraus zu verschwinden. Aus diesem Grund ist es auch falsch, auf jede kleine «Neuigkeit» mit Dementis, Rechtfertigungen oder Erklärungen zu reagieren. Sonst liefert man den Medien nur immer wieder einen neuen Grund, die Artikelserie fortzusetzen. Ein schnelles Ende ist also die beste Lösung. Aus diesem Grund verzichte ich hier auch darauf, meine Ausführungen fortzusetzen und lege die Tastatur dankend nieder. Sacha Wigdorovits, Geschäftsführer der Contract Media AG


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