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Admeira, Audienzz und weitere Kooperationen

Edith Hollenstein

Mit der NZZ hat sich ein prominentes Mitglied des Verbandes Schweizer Medien Admeira angenähert. Warum? Das ist leider nicht so klar. Der Schritt ist jedoch bemerkenswert, denn seit dem lauten Krach im Sommer 2015, der im Austritt von Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz einen schmerzlichen Höhepunkt fand, waren die Fronten klar: Die Verleger auf der einen Seite, auf der anderen die SRG zusammen mit Ringier – und allenfalls noch mit Ringier Axel Springer Schweiz. 

Auch keine Daten von Admeira

Das ist nun anders. Die letzte Woche bekannt gewordene Beteiligung Admeiras an der NZZ-Tochter Audienzz könnte dieses teilweise etwas grotesk anmutende Spiel durcheinander bringen. Jedenfalls könnte das der Anfang sein zu etwas konstruktiveren Gesprächen als in der Vergangenheit. Der NZZ ist es laut eigenen Angaben ein wichtiges Anliegen, miteinander zu reden und nicht grundsätzlich Gespräche zu verweigern. «Auch wenn wir nun mit Admeira eine weiterführende Zusammenarbeit prüfen, ändert dies nichts an unserer medienpolitischen Einschätzung. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Fragen zur Beteiligung der SRG ihre Berechtigung haben und im Rahmen der generellen Service-public-Debatte durch die Politik zu klären sind. Admeira ist aber eine Realität, mit der wir uns auf unternehmerischer Ebene auseinandersetzen müssen und wollen»», sagt NZZ-Sprecherin Myriam Käser auf Anfrage.

Was aber bringt diese 15-Prozent-Beteiligung? «Es geht uns vor allem um Wissenstransfer», so Käser. Die NZZ werde  Admeira weder als Aktionärin noch als Kundin beitreten – ihr Inventar also nicht durch das Werbe-Joint-Venture verkaufen lassen. Auch die Daten von Admeira könne die NZZ nicht verwenden. 

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Ist also «gemeinsames Lernen» der wahre Grund? Gibt es bei  Admeira tatsächlich so viel einzigartiges Marketing-Know-how, von dem die NZZ über ihren Verwaltungsrat, den Markenspezialisten Dominique von Matt, profitieren kann? Bei allem was man derzeit über  diese Allianz hört, ist das fraglich. Aber klar, kurzfristig bringt der Deal der NZZ etwas Geld. Und sonst?  

Admeira unter Druck

Für Admeira dürfte aktuell jede Art der Kooperation mit irgendeinem Schweizer Verlagshaus positiv sein, auch wenn die Werbeallianz dafür Geld lockermachen muss. So lange ihr der Verlegerverband, allen voran Tamedia und die AZ Medien, derartige Steine in den Weg legen, steht vieles still. Lähmend wirkt nicht nur das vorderhand verfügte Verbot von Targeted Advertising bei der SRG, sondern vor allem das hängige Rechtsverfahren. Derzeit liegt es beim Bundesgericht. Ein Entscheid dürfte Monate auf sich warten lassen, falls sich die Verleger nicht zurückziehen. Und wie dieser ausfällt, hängt nicht unerheblich von der Stimmung im Land ab der Werbeallianz gegenüber. Admeira tut also gut daran «Aufklärungsarbeit zu leisten», wie es ihr früherer Chef Martin Scheider ausdrückte.

Daneben ist Admeira Thema in Bern. National- und Ständerat haben sich an der Herbstsession für strengere Vorschriften ausgesprochen. Die SRG soll nur Kooperationen mit anderen Medien eingehen dürfen, wenn dadurch die Meinungs- und Angebotsvielfalt wächst (persoenlich.com berichtete). 

Kooperation über drei Achsen

Wenn wir hier über Kooperationen sinnieren: Diese Entwicklung geht ja weiter und dabei ist ein weiterer Punkt interessant. Nämlich die Spardruck bedingten Verlagsallianzen, die die Schweiz künftig neben Ringier und Ringier Axel Springer einnehmen werden. Drei Achsen könnten bald schon das Land überspannen:   

Erstens die Achse «Basler Zeitung»/«Südostschweiz». Einige Ressorts von «Basler Zeitung» und der «Südostschweiz» könnten zusammengelegt werden, dazu müssen sich Christoph Blocher und Hanspeter Lebrument definitiv einigen.

Tamedia


Zweitens Tamedia mit den gemeinsamen Mantelteilen für zwölf Titel, darunter der «Tages-Anzeiger», «Bund» und die «Berner Zeitung». Ab 2018 werden zwei konzernweite Redaktionen in Zürich und Lausanne Inhalte aus Inland, Ausland, Wirtschaft und Sport herstellen. Für Kultur, Gesellschaft und Wissen wird die Mantelredaktion in Zürich Inhalte zur Verfügung stellen. Diese Pläne hat Tamedia im Herbst bekannt gegeben.

Die dritte Achse könnten die NZZ-Regionalzeitungen zusammen mit den Titeln der AZ Medien bilden. Der Kleinreport hatte Anfang November über ein entsprechendes gemeinsames Unternehmen berichtet, das gegründet und von Axel Wüstmann geleitet werden soll. Wie inzwischen von verschiedenen Seiten zu hören ist, könnte es zu einem 50:50-Joint-Venture zwischen der NZZ-Gruppe und den AZ Medien kommen. Die NZZ soll ihre Regionalmedien in der Ost- und Zentralschweiz sowie die Radio- und TV-Stationen einbringen, die AZ währenddessen ihre Regionaltitel beisteuert. Damit könnte sich die NZZ wieder auf ihre Flagship-Marken «Neue Zürcher Zeitung», «NZZ am Sonntag» und die Magazine konzentrieren. Den AZ Medien unter der Führung der Wanner-Brüder blieben die elektronischen Medien; also TeleZüri, Radio Argovia und Radio 24 sowie TV24, TV25 und «Watson». 

Als ein Zeichen dafür, dass ein solches Szenario eintrifft, dürfte auch die am Freitag von der NZZ verschickte Mitteilung zu deuten sein, wonach Jürg Weber, dem bisherigen Chef der NZZ-Regionalmedien, zusätzliche Verantwortung übertragen wird.

 

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