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Anita Fetz und die SRF-Macker

von Roger Schawinski

Gilles Marchand macht nach der No-Billag-Agonie gewaltig Dampf. Wie von ihm versprochen, will der neue SRG-Generaldirektor massive Veränderungen umsetzen. Als Erstes sorgte er dafür, dass SRF-Chef Ruedi Matter – anders als von ihm gewünscht – nur noch bis Ende Jahr im Amt bleiben kann. Dann will er die Radioinformation von Bern nach Zürich bringen. Damit zeigt er, dass er auch vor ganz grossen Schritten nicht zurückschreckt, was mit Sicherheit gewaltiges Wehklagen auslösen wird. Als Zaungast darf man gespannt sein, ob er auf halbem Weg zurückbuchstabiert oder die Sache durchsteht.

Als Erstes geht es also um die Besetzung seines wichtigsten Chefpostens bei SRF, über den die Medien bereits aufgeregt diskutieren. Dabei steht erstaunlicherweise die Genderfrage im Zentrum. So motzt etwa SP-Ständerätin Anita Fetz öffentlich, dass Leutschenbach «in den oberen Etagen ein Macker-Problem» habe. Und weiter: Wenn es SRF nicht schaffe, eine Frau einzusetzen, «muss der Bundesrat intervenieren» (persoenlich.com berichtete). Man reibt sich ob dieser Emanzen-Rhetorik die Augen. So belegt Anita Fetz in keiner Weise, wie sich dieses angebliche «Macker-Problem» negativ äussert. Allein die Tatsache, dass das kleine Tessiner Fernsehen und das etwas grössere welsche Fernsehen Männer in Führungspositionen haben, kann doch nicht dazu führen, dass das grössere Deutschschweizer Fernsehen zwangsläufig eine Frau an der Spitze haben muss. Und der Ruf nach dem Bundesrat ist nach der No-Billag-Debatte, in der die Distanz zwischen Regierung und SRG gerade von den Gegnern immer wieder betont wurde, geradezu naiv, hilflos und kontraproduktiv.

Wie wäre es, liebe Frau Fetz, wenn Sie es einmal so angehen würden? Hier ein kleiner Textvorschlag für Sie: Es handelt sich um eine sehr wichtige Position. Wenn gleichwertige männliche und weibliche Kandidaten am Ende auf der Shortlist stehen, sollte die Frau den Job erhalten, um das Übergewicht von männlichen Führungspersonen abzubauen. Damit hätte man zwei Dinge auf einen Schlag erreicht: optimale Kompetenz an der Spitze von SRF und einen weiteren Schritt für weibliche Führungskräfte. Aber offenbar ist Ihnen dieser rationale Ansatz viel zu lahm, und deshalb pöbeln Sie in uralter Alice-Schwarzer-Manier.

Es darf also auf keinen Fall diesen Fetz-Antimacker-Automatismus geben. Dazu ist die Sache etwas zu ernst. Welches aber sind die Kriterien für diesen Job? Also: Ohne langjährige Fernsehmacher-Erfahrungen geht es nicht, und diese muss auf möglichst unterschiedlichen führenden Positionen erfolgt sein. Von Vorteil sind Erfahrungen sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privaten Fernsehen, ebenfalls solche bei in- und ausländischen Fernsehanstalten. Wer seine ganze berufliche Laufbahn am Leutschenbach verbracht hat, dem fehlt schlicht das Vorstellungsvermögen, dass es auch andere Abläufe und Mechanismen geben kann. Die Erfahrungen sollten, wenn möglich, aus den zentralen Programmbereichen Information und/oder Unterhaltung stammen. Die Information beansprucht künftig fünfzig Prozent der Kosten. Sie ist heute recht gut aufgestellt, weshalb sich radikale Änderungen nicht aufdrängen. Ganz anders ist der besonders schwierige Bereich der Unterhaltung unterwegs, wo grosser Handlungsbedarf besteht. Sport und Kultur sind weitere Bereiche, die aber weniger Gewicht auf die Waage bringen. Berufliche Erfahrungen in diesen Sparten können kaum auf die zentralen Programmbereiche übertragen werden. Bewerber allein aus diesen Sparten sind für den Topjob deshalb weniger geeignet.

Vielleicht gibt es niemanden, der alle diese Anforderungen erfüllt. Dann gilt es, jemanden zu wählen, der dem Idealprofil am nächsten kommt. Wenn dies ein Mann ist, wäre das gut. Wenn aber eine Frau aufgrund solcher Vorgaben ins Ziel kommen würde, wäre es wunderbar. Aber eben, nur dann, verehrte Frau Fetz.


Roger Schawinski ist Medienpionier, und er betreibt die Radiosender Radio 1 und Planet 105. Daneben moderiert er im Schweizer Fernsehen die Sendung «Schawinski».

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 


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