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Bitte keine innovativen Modelle!

von Stefan Millius

Junge Musiker senden ihre Kreationen gerne an Radios in der Hoffnung, ins Programm aufgenommen zu werden. Ein kleiner, der breiten Mehrheit wohl eher unbekannter DAB-Radiosender verlangte nun via E-Mail von solchen Bands Geld, damit einer ihrer Titel am Sender gespielt wird. 180 Franken, und der Song wird im Programm gespielt.

Diverse andere Sender und Experten erklärten daraufhin sofort wie falsch und böse dieses Vorgehen sei. Denn es gehe doch darum, die Schweizer Musikszene zu fördern und nicht darum, sie abzuzocken. Die Radiobetreiber behaupteten kurz darauf, es habe sich um einen Fall von Hacking gehandelt, das Mail sei gefälscht, man habe natürlich nicht vor, für die Ausstrahlung von Songs Geld zu verlangen.

Schade eigentlich. Denn die ganze Aufregung ist völlig unverständlich. Warum sollte ein privater Sender kein solches Bezahlmodell einführen? Nur weil es bisher nicht so gemacht wurde? Tatsache ist: 99 Prozent der engagierten, leidenschaftlichen und motivierten jungen Musiker in diesem Land schaffen es nicht in die Playlist eines Radiosenders. Es gibt einfach zu viele von ihnen. Genau wie beim unerkannten literarischen Talent, das keinen Verlag findet, dürfte schon so manche Perle unentdeckt geblieben sein, weil sie nicht den Geschmack des diensthabenden Musikredaktors traf. Was der DAB-Sender (scheinbar) vorhatte, ist nichts anderes als eine bezahlte Publireportage in einer Zeitung: Gegen Geld erhält man Platz, um sich ungestört und im Original verlauten lassen zu können. Und im Fall einer Band macht man das nun einmal besser in der Form eines Songs als mit einem gesprochenen Werbespot.

Zu verlangen, dass sich jeder noch so kleine (und nicht subventionierte) Radiosender selbstlos der Förderung des einheimischen Musikschaffens verschreiben muss, ist naiv und falsch. Wenn ein Sender durch neue, innovative Bezahlmodelle Geld macht, die den Betrieb sicherstellen und gleichzeitig Schweizer Musik läuft, die so Aufmerksamkeit generiert, dann ist das durchaus intelligent. Statt das mit Interesse zur Kenntnis zu nehmen, schwingen die Mitbewerber gleich die Moralkeule. Das zeigt nur eines: Sie selbst halten an den alten Einnahmemodellen fest. Und wie wir alle wissen, stehen die unter Druck. Es muss ja nicht gerade das Modell «Song gegen Geld» sein, aber es würde nichts schaden, sich auch mal Gedanken über unkonventionelle Wege zu machen.

Ich bin leider denkbar unmusikalisch. Wäre das nicht so, würde ich ein solches Angebot sofort wahrnehmen. Der Song ist geschrieben, ich glaube an ihn, ich will, dass er gehört wird. Es ist eine Investition in den Erfolg der eigenen Arbeit. Und immer noch besser, als 20 Sender mit einem MP3-File zu beglücken und eine Standardabsage zu erhalten. Denn es ging bei der angeblich gefälschten Aktion nur um unbekannte Bands. Und die haben nichts zu verlieren – aber viel zu gewinnen.


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