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Die posttraumatische Trump-Phase

Matthias Ackeret

Die Behauptung, wonach die Medien bei der Trump-Wahl versagt hätten, provoziert längst keinen mehr. Woraus folgt: Auch Medien sind nicht allwissend. Ein Anspruch, den – ehrlich gesagt – neben einigen Journalisten und ein paar gutgläubigen Lesern eigentlich niemand mehr hat. So weit, so gut; nobody is perfect.

Was wir jetzt aber – nach der Wahl – erleben, ist viel interessanter. Nachdem es den Medien nicht gelungen ist, die Wirklichkeit zu ihren Gunsten zu beeinflussen, versuchen sie, diese nachträglich zu bestrafen. Oder wie es ein Psychiater sagen würde: Wir sind nun in der posttraumatischen Trump-Phase. Schuld ist nur einer.

Es geht in diesem Beitrag nicht darum, Donald Trump zu verteidigen. Wie seine Präsidentschaft wird, weiss niemand. Was hierzulande aber niemanden stört: Die vielen selbsternannten US-Experten haben trotz ihrer Fehlprognose vor einem Monat bereits wieder Hochkonjunktur.

Wenn sich Trump mit den bis anhin gescholtenen Chinesen anlegt, dann sind die Chinesen in unseren Medien plötzlich die Guten. Macht Trump einen russlandfreundlichen Manager zum Aussenminister, ist der Fall sowieso klar. Selbst, wenn dies dem Weltfrieden nützen könnte. Unsere Medien betrachten die Welt immer aus der trumpschen Optik, wobei das Standardaxiom gilt: was Trump auch macht, ist per Definition schlecht.
 
Unmittelbar nach der Wahl titelte das Weltblatt NZZ auf seiner Homepage «Der falsche Präsident». Als würde der mächtigste Mann an der Falkenstrasse bestimmt. Das «Magazin» schrieb in einem Bericht über Miami, dass die Stadt alles verkörpere, was Trump-Wähler «hassen». Dummerweise votierte ausgerechnet Florida für den ungeliebten Immobilientycoon. Den Höhepunkt bietet aber der «Spiegel». Seine Starrechercheure wollen festgestellt haben, dass die New Yorker Polizisten vor dem Trumptower erstaunlich freundlich seien – und dies entgegen ihrem Ruf. Dies sei – so folgert das deutsche Magazin – ein Sympathiebeweis für die Anti-Trump-Demonstranten. Mit Verlaub, das ist doch ein bisschen gar unjournalistisch und zeugt von wenig ehrlichem Interesse am neuen Präsidenten.
 
Wie sich der Schreibende übrigens selbst überzeugen konnte, sind gar nicht alle Demonstranten gegen Trump. Am Tag nach der Wahl versammelten sich dutzende Schwarze mit Schildern «Blacks for Trump». Komischerweise haben sie es nie in die europäischen Medien geschafft.

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Kommentare

  • Ernst Jacob, 24.12.2016 02:19 Uhr
    Komisch, manchmal dünkt es mich fast, all diese Kritiker würden Trump persönlich kennen, und der Herr Gugger glaubt sogar, zu wissen, wo Trump lügte, und welche seiner Versprechungen falsch seien. Aber ich verstehe die Leute schon, denn Trump ist weder ein Intellektueller, noch besitzt er einen akademischen Titel. Und dazu ist er noch das Gegenteil von schwul, und das macht ihn ja sowieso für Solche, die ja auch gern so wären wie er, aber weder über die Kohle, noch das Können verfügen, um auf Frauen potent und attraktiv zu wirken, zum natürlichen BöFei. Und dazu, sein America first, also ist Trump natürlich auch ein Nationalist. Und damit automatisch schlecht, vor Allem für all die, die von der Ueberwindung des Kapitalismus und des bedingungslosen Grundeinkommens für Alle träumen. Es kann also nur Vergunst sein, welches die Meute antreibt, über Trump zu lästern, er repräsentiert ja all das, wovon eigentlich Jeder träumt, aber natürlich nur ganz im Versteckten, denn Keiner würde zugeben, einfach neidisch auf diesen Trump zu sein. Aber zumindest ergibt sich jetzt die einzigartige Chance, Trump als Präsident live erleben zu dürfen. Und hoffentlich auch noch erleben zu dürfen, was die gleichen Leute, die jetz kein gutes Wort für ihn finden, in vier Jahren wohl über ihn schreiben werden. Ich persönlich aber hoffe einfach, dass er möglichst so bleibt, auch als Prädent der USA. Die moderne Welt braucht weder länger inkompetente Schönredner|innen, noch sonstige Eiferer|innen, sie braucht wieder rational unternehmerisch denkende und handelnde Entscheidungsträger, wie ein General, denn die Welt lebt längst nicht mehr im Frieden, auch wenn man das in unseren Breitengraden offenbar vielerorts noch gar nicht wirklich bemerkt hat. Und nur Russland und die USA zusammen wären überhaupt noch in der Lage, den Einfluss China's auf das allgemeine Weltgeschehen wenigstens noch einigermassen unter Kontrolle halten zu können, allein schon dieser Aspekt rechtfertigt seine Wahl, und die sich daraus neu ergebenden Chancen. Europa aber spielt dabei absolut keine Rolle mehr. Und solange in Deutschland die grösste erkennbare politische Gefahr nur in der AFD gesehen und erkannt wird, ist Deutschland noch weit davon entfernt, als echte Demokratie taxiert werden zu können, die Erinnerung und teils eigenen familiären Altlasten aus dem letzten Krieg wird man ganz offenbar einfach nicht los. Und jede Erinnerung daran bekämpft man, und stellt sich so selber nur bloss, gar ohne es zu merken... Warten wir es daher einfach ab, in spätestens in vier/fünf Jahren wissen wir alle mehr. Dazu zu sagen haben wir ja sowieso nichts. Mich persönlich aber freuts, so kommt wenigstens wieder einmal etwas Stimmung auf. Und vielleicht auch etwas mehr Männertum. Lange genug schon ging es doch nur noch den anderen Weg.
  • Kurt Heller, 16.12.2016 11:12 Uhr
    Typisch: weil der Trump so gut ins Weltbild von Ackeret passt, wird jetzt auf den Trump-Kritikern herumgehackt. Mit der durchsichtigen Phrase, dass er ihn nicht verteidigen will: Was denn sonst?
  • Urs Gugger, 16.12.2016 09:51 Uhr
    Trump hat seine Präsidentschaft mit einem fetten Bündel an Lügen, Beleidigungen und falschen Versprechungen ergaunert. Ich bin eigentlich noch ganz froh, dass das emsige (manchmal auch bezahlte) Hofieren selbsternannter Volksführer noch nicht bei allen westlichen Journalisten courant normal ist.
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