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Für einmal Grundsätzliches

Roger Schawinski

Auf Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument ist Verlass. Zuverlässig sagt er zur falschen Zeit immer das Falsche. So erklärte er das Joint Venture von SRG, Swisscom und Ringier gegenüber «persönlich» zur tollen Sache, um danach von seinen entsetzten Verbandskollegen zur Ordnung gerufen zu werden. Seither kämpft er mit viel Einsatz gegen den neuen Werberiesen. Und als sein Vorstandskollege Markus Somm in der Radio-1-Sendung «Roger gegen Markus» sehr viel Verständnis für Inserateboykotte infolge kritischer Berichterstattung formulierte, stimmte er subito zu.

Diesmal war es nicht eine vorschnelle und unbedachte Meinungsäusserung, denn die Willfährigkeit gegenüber Inserenten ist eines seiner wichtigsten Geschäftsprinzipien. Als Monopolist nutzt er alle Möglichkeiten, ohne Rücksicht auf journalistische Prinzipien seine Einnahmen zu maximieren. So bietet er Druckereikunden dank seiner kompletten regionalen Dominanz bei Zeitungen, Radio und Fernsehen an, dass sie bei einem Auftrag von einem detailliert formulierten redaktionellen Zusatzangebot in Form von wohlwollender Berichterstattung profitieren können.

Damit verletzt er nicht nur journalistische Grundregeln, sondern torpediert eine faire Konkurrenzsituation sogar in einer anderen Branche. Firmen, die gegen ihn antreten müssen, haben mit ihren kalkulierten Angeboten oft keine Chance, weil sie keinen redaktionellen Mehrwert bieten können, auf den die angesprochenen Kunden in vielen Fällen natürlich nicht verzichten möchten.

Solche Mauscheleien wurden vom Verbandspräsidenten unter Hinweis auf die schwierigen wirtschaftlichen Branchenbedingungen nun quasi offiziell abgesegnet. Das von Marx definierte Prinzip, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, gilt in diesem Punkt aber nicht nur für ihn, sondern auch für Markus Somm. Beim mit vielen Finten und Lügen bestückten Schurkenstück um den Besitzerwechsel bei der «Basler Zeitung» bestritt er mit Verweis auf sein Unwissen lange, die wahren Verhältnisse zu kennen.

Und als Blocher aufgrund seiner besonders schmerzhaft erlebten Niederlage bei der Durchsetzungs-Initiative – weil sie ihm von einer Truppe amateurhafter Studenten verpasst wurde – einen Inserateboykott gegen die gesamte, angeblich so unfaire Schweizer Presse verkündete, verteidigte er reflexartig auch diese Haltung. Diese trug ihm, mit Ausnahme Lebruments, of course, die heftige Kritik aller ernsthaften Medienpersönlichkeiten ein, die sich in dieser Sache äusserten. Markus Somm, den ich für seine journalistische Brillanz und seine menschlichen Fähigkeiten schätze, bewies seine Treue zu seinem Mentor und Sponsor mit einer Emphase, die ihn in Verband und Branche in eine ernsthafte Bredouille brachten, aus der er nicht so leicht herauszufinden vermag.

Dies alles belegt, dass wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeiten der Feind eines kritischen Journalismus sind. Sie zerstören das höchste Gut der Branche – die Glaubwürdigkeit. So zeigt etwa ein Vergleich von zwei Wochenmagazinen – …Spiegel» und «Weltwoche» –, wohin diese Haltung führen kann. Während der «Spiegel» ohne Rücksicht auf grosse Inserenten relevante Storys wie den VW-Skandal oder die Verfehlungen der Bankenbranche mit hart recherchierten und knallig präsentierten Titelgeschichten macht, ist es bei der «Weltwoche» erklärte Politik, sol- che Themen grundsätzlich zu ignorieren.

Damit vermeidet man dort in vorauseilen- dem Gehorsam, potenzielle Inserenten zu verärgern. Dass man damit aber journalistische Prinzipien missachtet und wichtige Beiträge zur Meinungsbildung unterschlägt, belegt in besonderem Ausmass das Elend einer Branche, die ihr ethisches Fundament und damit die Rechtfertigung ihrer Existenz immer weiter pulverisiert.

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