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Leben nach dem 4. März

Matthias Ackeret

Bald herrscht wieder Frieden. Der 4. März ist vorbei, die SRG gerettet und die Welt ist wieder in Ordnung. Die Zeiten, in denen ein ganzes Land über das «Unanständigste» überhaupt, die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren stritt, werden schon bald in weiter Ferne liegen. Und die SRG ist wieder «bi de Lüt».

Die Ablehnung der No-Billag-Initiative geht in Ordnung. Sie ist zu radikal. Programmlich gesehen, kann man der SRG überhaupt keinen Vorwurf machen, im Gegenteil. Doch im wirtschaftlichen Bereich wird die SRG auch nach dem 4. März immer noch zu gross, zu dominant sein.

Die Annahme, dass sich bei der SRG nach dieser Abstimmung viel ändern wird, ist illusorisch. Der Courant normal kommt schneller, als man denkt. Selbstverständlich wird man nach dem 4. März über Service public diskutieren, intensiver vielleicht als zuvor, aber die schönsten Worte bleiben schliesslich Worte.

Allein die Tatsache, dass SRF-Direktor Rudolf Matter vor kurzem eine neue, ausschliesslich für das Web produzierte Serie ankündete, ist höchst unsensibel: Das Internet ist der grösste Zankapfel mit den Verlegern. Es ist fast schon dreist, wie die SRG mit Staatsgeldern weiter im Netz vorprescht und damit stillschweigend die bestehenden, werbefinanzierten Onlinedienste konkurrenziert. Gerade der Postautoskandal sollte doch zeigen, dass ein Service-Public-Unternehmen nicht ständig über den Hag fressen soll.

Für die Verlagshäuser war das vergangene Jahr anzeigenmässig das katastrophalste aller Zeiten. Aber bei vielen Verantwortlichen im «Raumschiff Leutschenbach» wirkt die Vorstellung, dass man auch Qualitätsjournalismus ohne Gebühren machen kann, immer noch exotisch. Und trotzdem: Die SRG gibt am Ende vielen etwas zurück. Dies im Gegensatz zu Google, die unseren Werbe- und Arbeitsmarkt aussaugt und – wenn überhaupt – nur wenig Steuern zahlt.

Darum: Geniessen wir die verbleibende Woche. Es gibt nichts Schöneres, als über etwas zu streiten, das nie eintritt. Der Untergang der SRG ist weiter entfernt als ein rechter Stapi in Zürich oder der EU-Beitritt der Schweiz.

 


Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von «persönlich».

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