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Marke Schweiz als Blockchain-Geburtshelferin

Achim Feige

Die Blockchain zählt auch am Tag der Digitalisierung zu den Topthemen. Doch an ihr scheiden sich die Geister. Für die einen repräsentiert sie die nächste Revolution vergleichbar mit der .com-Entwicklung. Für die anderen ist sie ein leerer Hype, der bald wieder verglüht. Wie schon in den ersten Jahren des Internets, propagiert auch die Blockchain-Community eine freie, demokratische Art des Wirtschaftens, die alles mit allem vernetzt. Durch diese Logik entsteht so etwas wie ein Goldrausch: Jeder macht einen ICO (Initial Coin Offering) oder wird zum «Token».

Dass die Euphorie nur allzu rasch in Ernüchterung umschlagen kann, zeigt der Rekord-ICO von Tezos im vergangenen Juli. Über 230 Millionen Franken haben die Initianten damals eingenommen, wobei der ICO über eine Schweizer Stiftung abgewickelt wurde. Doch die Investoren haben noch keinen einzigen der versprochenen Token erhalten. Nun haben geprellte Anleger in Kalifornien eine Sammelklage eingereicht.

Entscheidend für den Erfolg der Blockchain-Community und deren Marktteilnehmer ist die Frage, wie tatsächlich Vertrauen und Stabilität aufgebaut werden können. Hier kommt die Marke ins Spiel, als «Verdichtungssystem» um Leistung in Mehrwert zu verwandeln. Damit dies gelingt, braucht es Klarheit darüber, wer man ist und was einen eindeutig unterscheidet. Erst wenn die tokenisierte Leistung verständlich ist, kann sie Vertrauen und Bedeutung stiften, wird wertgeschätzt und zu einem Wert gekauft. Grundvoraussetzung dafür ist natürlich, dass da tatsächlich eine Leistung ist – was im Fall Tezos zweifelhaft scheint.

Vertrauen ist in dieser neuen Ökonomie noch wichtiger als zuvor – hier können bewährte Marken als Geburtshelfer mit anpacken. Dazu zählt auch die Marke Schweiz, denn: Wer baut eigentlich die Grundlagen für diese neue Ökonomie, auf die sich alle Marktteilnehmer verlassen können müssen? Wer definiert die finanziellen und rechtlichen Standards in dieser Welt? Für die neuen Geschäftsmodelle braucht es Regulatorien, Vertragsgrundlagen und Ideen zur transnationalen Besteuerung, wenn das Ganze nicht ein von China dominiertes und internationales Schwarzmarktuniversum mit aufgesetzter Weltverbesserungsattitüde werden soll. Wir brauchen einen glaubwürdigen Service-Provider für das Blockchain-Ökosystem.

Die Marke Schweiz ist dafür weltweit prädestiniert, nicht nur wegen ihres «Crypto Valley» in Zug. Die Schweiz mit ihren Markenwerten Neutralität, Sicherheit und höchster Qualität, gepaart mit einem hohem Finanz-Talentpool, kann die Grundlagen für diese schöne neue Welt liefern. Die neutrale, dezentrale und basisdemokratische Schweiz liefert die Schaufeln und das Schürfsystem für die neuen Goldgräber. Eine grosse Chance für die «NationBrand» und den Finanzplatz Schweiz.


Achim Feige ist Partner bei der Managementberatung BrandTrust und leitet den Wiener Standort des Unternehmens. Der Autor mehrerer Fachbücher befasst sich unter anderem mit der digitalen Transformation und wie Marke in dieser Zeit Wiederstandkraft und Orientierung geben kann.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion. 

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