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Richtig adressieren hilft – auch im Netz

Christian Beck

Ach, was waren das noch für Zeiten, als man sein Anliegen zu Papier brachte, in ein Couvert steckte, mit der Empfängeradresse beschriftete, frankierte und in den nächsten Postkasten warf. Tage oder Wochen später kam dann bestenfalls eine Antwort. Heute geht – normalerweise – alles schneller, E-Mail sei Dank. Anliegen auf dem elektronischen Weg erreichen aber nicht immer den gewünschten Empfänger. Sei es, weil die falsche E-Mail-Adresse ausgewählt wurde – oder das vermeintliche Kontaktformular in Tat und Wahrheit nämlich gar keines ist.

Die Möglichkeit, auf persoenlich.com Artikel kommentieren zu können, wird nämlich auch immer wieder mal mit einem ebensolchen Kontaktformular verwechselt. Da werden Anliegen formuliert, die bestimmt nicht für die Öffentlichkeit gedacht gewesen wären. Ok, natürlich gibt es auch solche, die wären im Auge des Kommentarschreibers durchaus für die Öffentlichkeit vorgesehen gewesen – aber unsere Redaktorinnen und Redaktoren drücken bei Fäkalsprache automatisch auf die Delete-Taste. Und es gibt noch andere Standards, denen zu entsprechen ist, wie wir bereits kürzlich mal «In eigener Sache» festgehalten haben.

Einige Kommentare schalten wir trotzdem nicht frei, obwohl sie – ganz vorbildlich – Vor- und Nachnamen sowie eine gültige E-Mail-Adresse haben. Und sich auch keiner unsittlichen Sprache bedienen. Aber wenn zum Beispiel für eine «Tatort»-Folge Statisten gesucht werden, dann nützt es leider wenig, uns in der Kommentarspalte mit «liebes Tatort-Fernseh-Team» zu umgarnen. Wir haben nur über das Casting geschrieben, veranstalten das jedoch nicht in eigener Regie. Wir waren aber so nett und haben einen Link zum Bewerbungsformular hinterlegt. Ein Klick hätte genügt und die Post wäre am richtigen Ort.

Viele googeln vermutlich einfach nach bestimmten Begriffen und landen so auf persoenlich.com bei entsprechenden – teils uralten – Artikeln. So haben wir auch Verständnis für die Dame, die mit ihren Englischkurs-Kollegen einen Tagesausflug ins Tessin machen will. Ist ja schliesslich schön in der Sonnenstube der Schweiz. Leider haben wir dafür aber keine SBB-Tageskarten zu vergeben. Auch nicht für den 17. Mai. Wir wüssten nun aber, dass ebendiese Dame am 17. Mai nicht zu Hause wäre. Drum: Nicht freigeschaltet.

Unser Verlag verkauft jedem sehr gerne ein Jahresabo von «persönlich». Mit dem Abodienst von der «Saisonküche» haben wir aber nix am Hut. Ein aufgebrachter Herr schildert, er warte noch heute betreffend «dem weiteren Vorgehen mit dem noch laufenden Abonnement». Nebst Privatadresse und Telefonnummer schreibt er weiter, dass dieses Vorgehen von «wenig oder keinem Fingerspitzengefühl» zeuge. Wir hatten Fingerspitzengefühl. Drum: Nicht freigeschaltet.

«SOS! HELP! HILFE! WHO KANN ICH INFORMATIKA KURSE BEKOMMEN?». Wir verstehen. Es wäre dringend nötig. Trotzdem: Nicht freigeschaltet.

Auch dem Anliegen, doch bitte die Flugbestätigung für Frau XY sowie Frau YZ mit der Buchungsnummer XXX am 17. Mai von Málaga nach Münster zuzustellen, konnten wir leider nicht gerecht werden. Und damit nicht die ganze Welt weiss, dass diese beiden Damen am 17. Mai (noch) ausser Haus sind (genauso wie jene Englischlernende, die dann im Tessin weilt), haben wir entschlossen, hier die Namen zu anonymisieren. Und: Nicht freigeschaltet.

Überhaupt scheinen wir häufig mit Reisebüros verwechselt zu werden. Ein anderer Herr schilderte uns detailliert, wie er die Kreuzfahrt gebucht und den Zahlungstermin eingehalten habe. Für ihn sei es nun aber «absolut unverständlich», weshalb er dafür – obwohl in der Broschüre angekündigt – keine Cumulus-Punkte gutgeschrieben bekomme. «Es geht mir ums Prinzip». Uns auch. Drum: Nicht freigeschaltet.

Alle diese Anekdötchen erreichten uns innerhalb den letzten sieben Tagen. Wenn es die Nachrichtenlage erlaubte und eine gültige E-Mail-Adresse hinterlegt war, schrieben wir höflich zurück, mit der Bitte, die Anliegen direkt bei den entsprechenden Firmen zu platzieren. Gibt gutes Karma, sagt man. Sofern dieses dann freigeschaltet wird.

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Kommentare

  • Mark Bächer, 17.05.2017 12:18 Uhr
    Faszinierend, was so eine Kommentarfunktion alles auslösen kann! Danke für den köstlichen Blogbeitrag! :-)
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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