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«The connected Age» steht vor der Tür

Inken Rohweder von Trotha

Eins wird sofort deutlich: Kurz mal zurücklehnen und frontal unterrichten lassen, ist nicht. EMBA – bedeutet ja nicht, «einfach mal Berlin ankucken», sondern heisst, das Executive-Master-Business Administration-Programm beginnt ungemütlich früh. Auf Englisch. Am Sonntag. Soviel zu den Soft Facts.

Die harten Tatsachen aus den ersten Unterrichtsmodulen lassen nicht lange auf sich warten: Wer jetzt noch nicht checkt, dass sich die Zeiten nicht ändern werden, sondern längst geändert haben, der wird entweder demnächst durch einen Roboter ersetzt oder gar nicht, weil das Business, in dem er arbeitet gerade stirbt.

Was heisst das in Bezug auf uns – die Werbeagenturen? Sich weiterhin nur marginal aufraffen im Kampf gegen fortschreitenden Irrelevanz scheint die Devise. Mal einem Team einen Kurs in Scrum Agile ermöglicht? Lobenswert, aber nutzlos, denn solange sich die Strukturen nicht grundsätzlich ändern, wird das Agenturmodell in wenigen Jahren von der Bildfläche verschwunden sein. Vielleicht verschluckt und verdaut von Beratungsagenturen, die offensichtlich etwas innovativer unterwegs sind als wir und gecheckt haben, das Diversifizierung zum Portfolio gehört.

Was läuft eigentlich in der Schweiz? Wir haben Web-Units und reden immer noch von Content, aber merke: der Metzger von nebenan hat auch längst einen, der ihm die Website programmiert, SEO anbietet und dazu noch Grill-Tipps in einer App verwurstet. Blicken wir in die USA, sehen wir einen Lichtblick: RGA. Eine Unternehmung, die unsere Aufmerksamkeit verdient, denn sie hat sich mit der Zeit vorbildhaft weiterentwickelt, transformiert, neu erfunden. RGA ist von einer Posterkampagne soweit entfernt wie Alpha Centauri vom Mond. Beides existiert nebeneinander – aber dazwischen liegen Lichtjahre. RGA macht keine «Werbung» für ein Produkt, RGA macht das Produkt.

Der kritische Leser wird jetzt jammern und sagen: Na, gut, aber das Nike Fuel Band war nur möglich, weil Nike so ein toller Kunde ist. Mein Kunde möchte aufs «20 Minuten»-Deckblatt. Oder Roman Camenzind buchen. Das mag ja sein und das ist nicht per se schlecht. Es entlässt nur weder uns, noch unseren Kunden aus der Verantwortung, sich mal ernsthaft Gedanken über die Zukunft zu machen und über das Verhalten derer, die wir mit unserer Arbeit zu erreichen versuchen. Menschen möchten endgültig nicht mehr belästigt werden mit Werbung, setzen sich aber freiwillig und so letztlich effektiver mit Marken auseinander, wenn diese einen Mehrwert schaffen, der über ein Rabattangebot hinausgeht.

Warum sind wir dringender gefordert als unsere Kunden? Weil unsere Kunden noch etwas länger ohne uns Salami verkaufen werden, als wir Werbung, wenn unser Mehrwert nicht mehr erkennbar ist. To be discussed, nicht wahr? RGA hat auf die Bezeichnung «Werbeagentur» jedenfalls erstmal verzichtet. Es heisst RGA connected by design. Ich finde, dabei schwingt schön mit, dass bei den einen die Welt noch Din-Format hat und bei den anderen dem technischen Fortschritt auf Augenhöhe begegnet wird.

Inken Rohweder hat das Michael & Helga Conrad Scholarship for Creative Leadership an der Berlin School gewonnen. Die Ausbildung ist am 5. März 2017 gestartet.

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