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Zeit zu handeln, liebe Uhrenindustrie!

Klaus-Dieter Koch

Die Quartalszahlen der grossen Schweizer Uhrenhersteller haben es wieder verdeutlicht: Die Luxusindustrie steckt in der Krise. Weltweiter Terror, politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, Rückgang des Wachstums in China oder der Siegeszug der Smartwatches – die angeblichen Schuldigen waren schnell ausgemacht. Die wahren Gründe liegen aber woanders. Das Problem ist die Sattheit einer erfolgsverwöhnten, trägen Industrie, welche die Bedürfnisse ihrer Kunden aus den Augen verloren hat.

Mehr Geld als Stil

Fakt ist, die Schweizer Uhrenmanager haben alles auf das Pferd namens Asien gesetzt. Dort fanden die grössten Investitionen statt, die es aus der Schweiz heraus jemals gegeben hat. Die Uhrenindustrie hat ihre Kollektionen immer mehr auf eine Klientel zugeschnitten, die über mehr Geld als Stil verfügt. Und hat dadurch nicht mitbekommen, dass sich die Welt weitergedreht und sich das Verständnis von Luxus verändert hat.

Von materiell zu immateriell

Luxus ist nicht mehr nur «Bling-Bling», sondern mutiert ins Immaterielle. Es geht mehr um Vorfreude, das Erlebnis, den Kaufprozess, als um das Produkt oder den Besitz. Gerade jungen Menschen geht es heute um immaterielle Luxusgüter wie Selbstbestimmtheit, Mobilität, Kennerschaft, Beständigkeit und Zugehörigkeit, nicht mehr um klassische Luxustreiber wie soziale Abgrenzung und Aufstiegsausweis.

Die Trägheit überwinden

Um aus der Krise herauszufinden, muss sich die Luxusuhrenindustrie JETZT bewegen. Sie muss sich wieder darauf besinnen, woher das Geld kommt, nämlich vom Kunden. Diesen gilt es zu begreifen und herauszufinden, wie die eigene Marke Teil seiner Identität werden kann. Sie muss endlich lernen, dass und wie sich der Luxus wandelt. Die Chance für die Schweizer Luxusuhrenindustrie liegt darin, die geänderten Motive und Erwartungen der Menschen an Luxusprodukte zu erkennen, und zwar durch alle sozialen und finanziellen Schichten hindurch. Kurz: Sie muss sich wieder auf ihre Kunden einlassen, ihnen auf Augenhöhe begegnen.

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Als kleine Inspiration mag die Aktion dienen, die eine der glaubwürdigsten Luxusmarken der Welt in verschiedenen Städten und jetzt gerade in München durchführt. Im diesem Pop-up-Store «HermèsMatic» können Besitzer von Carrés während vier Wochen ihr kostbares Seidentuch von Hermès umfärben und so wieder auf den neuesten Stand der Mode bringen lassen – kostenlos. Mit einem Augenzwinkern und einer überragend kreativen Idee wird der neue Luxus zelebriert.

 

*Klaus Koch ist Markenexperte und Managing Partner der Managementberatungsfirma BrandTrust.

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