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Zeitgenössische Ads vom Kulturdepartement

Edith Hollenstein

Das Bundesamt für Kultur (BAK) kauft bei «Watson» eine Native Ad. Das ist nicht pikant, sondern zeigt, dass sich Behörden dem Zeitgeist und dem Verhalten der (jungen) Menschen im Land anpassen: Auch das altehrwürdige Kulturdepartement soll zeitgenössisch werben dürfen.

Man würde es von Behörden, denen eher nachgesagt wird, angestaubt und konservativ zu sein, vielleicht nicht erwarten: eine Native-Advertising-Buchung beim grellsten und unkonventionellsten Schweizer Newsportal. 8000 Franken habe das BAK für die Buchung bezahlt, berichtete am Mittwoch der «Tages-Anzeiger».

Im Native-Ad-Text, verfasst von der bekannten «Watson»-Journalistin Simone Meier, geht es um die Frage, warum Kultur lebensnotwendig ist. Es geht um den Song «Ne me quitte pas», den Film «Die göttliche Ordnung» und die Arbeitskleidung der Migros-Angestellten. Dazwischen eingestreut finden sich Links auf den BAK-Ideenwettbewerb «Kulturerbe für alle». Das alles sei unabhängig vom BAK entstanden. Die Journalisten seien in der Gestaltung der Geschichten völlig frei, versichert Chefredaktor Maurice Thiriet gegenüber persoenlich.com.

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Diesbezüglich dürfte also alles regelkonform abgelaufen sein. Anders wäre es, wenn das Amt als Auftraggeber inhaltlich tiefergehende Wünsche angebracht hätte. Denn gemäss Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» ist es Journalisten verboten, von Werbeauftraggebern Bedingungen für ihre Arbeit zu akzeptieren. Das gilt auch für Native Ads, wie der Presserat im Juni letzten Jahres festgehalten hatte (persoenlich.com berichtete).

Allenfalls hätte «Watson» den Artikel klarer mit «sponsored by…» oder «bezahlt von…» kennzeichnen können. Aber abgesehen davon, zeigt dieser Fall, wie schwierig es für Werber geworden ist, die Leute zu erreichen, vor allem die Jungen. Besonders zu kämpfen haben diejenigen, die mit Kulturthemen in den öffentlichen Diskurs gelangen wollen. Denn alle Verlage haben diese Ressorts in den letzten Jahren stark abgebaut – da helfen also aus Kommunikationsperspektive auch PR-Massnahmen wie Storyinputs an Journalisten oder klassische Medienmitteilungen nicht weiter.

In der heutigen Kommunikation sind Content-Marketing, Suchmaschinenwerbung und Targeted Advertising auf Online- und Social-Media-Plattformen unabdingbar – ähnlich wie eben auch Native Ads.



Edith Hollenstein ist Redaktionsleiterin bei persoenlich.com.

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Kommentare

  • Dieter Widmer, 16.02.2018 09:06 Uhr
    Aber hallo: Das Problem hat Watson auszutragen, ganz sicher nicht das Kulturdepartement. Das BAK hat einfach von einem bereitstehenden Angebot Gebrauch gemacht.
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