20.03.2018

Facebook

Cambridge Analytica suspendiert Chef

Alexander Nix wird per sofort von all seinen Aufgaben entbunden. Derweil rückt Facebook weiter in den Fokus.
Facebook: Cambridge Analytica suspendiert Chef
Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix. (Bild: Keystone)

Nach Enthüllungen über einen mutmasslichen gigantischen Datenmissbrauch bei Facebook hat die britische Firma Cambridge Analytica ihren Chef suspendiert. Alexander Nix werde bis zu einer vollständigen, unabhängigen Untersuchung mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe entbunden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit.

Cambridge Analytica war am Dienstag weiter unter Druck geraten, nachdem herauskam, dass Nix vor versteckter Kamera mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt hatte. Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle.

Cambridge Analytica wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl 2016 verholfen haben soll. Das Unternehmen war am Wochenende von Facebook ausgesperrt worden. Cambridge Analytica habe unrechtmässig erhaltene Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht, erklärte das Online-Netzwerk zur Begründung.

Nach Informationen der «New York Times» und des «Guardian» sollen einige Informationen von rund 50 Millionen Facebook-Mitgliedern zu Cambridge Analytica gelangt sein. Um sie zu sammeln, wurde eine Umfrage zu Persönlichkeits-Merkmalen aufgesetzt, die bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet wurde. Die Daten gingen dann ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica.

Grossbritannien ermittelt in Datenaffäre

Derweil gab die britische Datenschutzbehörde (ICO) am Dienstag bekannt, gegen den Facebook zu ermitteln. Es gehe unter anderem darum, ob der Konzern nach dem Verlust der Daten entschlossen gehandelt und rechtzeitig informiert hat, sagte ICO-Chefin Elizabeth Denham dem BBC Radio.

Zugleich ersuche man einen Durchsuchungsbefehl gegen die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica, die sich mutmasslich ohne Erlaubnis Zugriff zu den Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern verschafft hat. Das Unternehmen, das US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf 2016 unterstützte, soll mit Hilfe von personalisierter Facebook-Werbung Wahlentscheidungen beeinflusst haben.

Europäische wie auch US-amerikanische Abgeordnete verlangten von der Beratungsfirma eine umgehende Erklärung. In den USA forderte unter anderem Senator John Kennedy Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, dem Kongress zu den Aktivitäten seines Konzerns Frage und Antwort zu stehen.

Das weltgrösste Internetnetzwerk gab bekannt, Prüfer der Firma Stroz Friedberg engagiert zu haben. Diese sollen untersuchen, ob Cambridge Analytica weiterhin im Besitz der Daten ist. Am Montag seien sie in deren Londoner Büro gewesen.

Nach Informationen des britischen Fernsehsenders Channel 4 haben sich Manager von Cambridge Analytica damit gebrüstet, weltweit Wahlen mit Hilfe von digitaler Manipulation und politischen Täuschungen beeinflussen zu können.

Verunsicherung an Börse

Facebook kämpft seit einiger Zeit mit Gegenwind. Wegen mutmasslicher russischer Beeinflussung des US-Wahlkampfs via Facebook geriet der Internetkonzern bereits in die Kritik. Daraufhin startete das Netzwerk eine Transparenzoffensive und änderte diverse Abläufe.

Die jüngsten Probleme sorgten am Montag für einen Ausverkauf an der Börse. Die Facebook-Aktie fiel fast sieben Prozent und verlor damit nahezu 40 Milliarden Dollar an Marktwert. Jetzt falle ein Licht auf die Datenschutz-Praktiken bei Facebook und das Bild, das sich offenbare, sei nicht schön, sagte Justizprofessor Frank Pasquale von der Universität von Maryland.

Sorgen vor einer schärferen Regulierung liessen die Papiere von Twitter, der Google-Mutter Alphabet und Snap nachgeben. Auch im vorbörslichen Geschäft am Dienstag ging es für die Facebook-Aktie nach unten. Anleger befürchten, schärfere Vorgaben könnten dazu führen, dass Nutzer weniger Zeit auf den jeweiligen Plattformen verbringen und diese dadurch geringere Werbeeinnahmen haben.

Offenbar neuer Sicherheitschef

Insidern zufolge muss sich Facebook inmitten der Datenschutz-Probleme nun auch einen neuen Sicherheitschef suchen. Alex Stamos will den Konzern wegen Unstimmigkeiten im Umgang mit der mutmasslichen russischen Desinformationskampagne verlassen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person Reuters (persoenlich.com berichtete).

Die «New York Times» hatte zuerst darüber berichtet. Facebook wollte sich dazu nicht äussern. (sda/reu/cbe)



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240425