27.09.2016

Swisscom

«Wir werden neue Türen aufstossen»

Vor 20 Jahren ist «the blue window» an den Start gegangen. Mittlerweile ist bluewin.ch die drittstärkste Desktop-Website der Schweiz. persoenlich.com sprach mit Portal-Leiter Cyrill Treptow über seine Pläne, wie Bluewin künftig als Medienmarke statt als Mailprovider wahrgenommen werden soll.
Swisscom: «Wir werden neue Türen aufstossen»
Der 41-jährige Bluewin-Leiter Cyrill Treptow will das Portal nach 20 Jahren technologisch erneuern. (Bild: Christian Beck)
von Christian Beck

Die Redaktionsräume von Bluewin sind modern, luftig und hell. Es herrscht konzentrierte Stille im elften Stock des Swisscom-Towers, der sich am Escher-Wyss-Platz im pulsierenden Zürich-West befindet. Hier oben, mit weitem Blick über die Limmatstadt, entstehen Tag für Tag die Inhalte für Bluewin – 30 Redaktionsmitglieder wirken mit. Von Hektik keine Spur. Die Uhr tickt hier anders, als in anderen Redaktionen. persoenlich.com trifft den Portal-Leiter Cyrill Treptow zum Gespräch. Auf dem Tisch steht ein Starbucks-Kaffee vom hauseigenen Corner. 

Bluewin wurde diesen Monat 20 Jahre alt. Wie hat die Redaktion gefeiert?
Die Pioniere sind nicht mehr im Team – wir haben also niemanden mehr in der Redaktion, der den Start selber miterlebt hat. Trotzdem haben wir uns selbst gefeiert, mit einem grossen Dankeschön an die treuen Leserinnen und Leser und Artikeln oder Videos zum Thema. Und selbstverständlich wurde auch ein Tropfen getrunken (lacht).

1996 startete das Portal als «the blue window». Wie hat sich Bluewin in den 20 Jahren gewandelt?
Mit «the blue window» stieg die damalige Telecom PTT, Vorgängerin der heutigen Swisscom, in die Zeit der digitalen Revolution ein und ermöglichte den Schweizerinnen und Schweizern den Zutritt in das damals noch exotische Internet. «the blue window» wurde später in Bluewin umbenannt und Anfang der 2000er-Jahre in die Swisscom integriert. Bluewin hat sich inzwischen zum veritablen Nachrichtenportal entwickelt und bedient seine Leserinnen und Leser auf allen gängigen Kanälen. Mit fast zwei Millionen regelmässig genutzten Adressen ist @bluewin.ch noch immer die beliebteste E-Mail-Adresse der Schweiz.

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Wenn man aber die Leute auf der Strasse nach Nachrichtenportalen fragt, wird kaum der Name Bluewin fallen…
Das stimmt. Einfach, weil Bluewin von den Nutzern nicht primär als Medienmarke wahrgenommen wird, sondern als Service. Doch wir sind mehr als nur ein E-Mail-Dienstleister. An der Nutzung sehen wir, dass der Nachrichtenbereich unterdessen stärker genutzt wird, als der Bereich E-Mail.

Und trotzdem gehört Bluewin zu den stärksten Seiten im Netz: Net-Metrix hat kürzlich zum ersten Mal Desktop-Websites ausgewertet. Nur search.ch und local.ch liegen vor bluewin.ch. Ist diese Verknüpfung aus Mail und Infotainment das Erfolgsrezept – oder liegt es daran, weil die vor allem älteren Leser nicht wissen, wie man eine Startseite wechselt?
Nein. Auch die älteren Leser haben unterdessen gelernt, eine Startseite zu wechseln. Webmail wird traditionellerweise auf dem Desktop abgerufen, was auch zu einer starken Nutzung des Nachrichtenbereiches führt. Die Nutzung der mobilen Kanäle nimmt aber stark zu.

Bislang taucht Bluewin in den Net-Matrix-Top-5 der Mobile-Sites und der Apps aber noch nicht auf…
Erst seit Anfang 2015 hat Bluewin überhaupt eine App. Das heisst, es liegen schon ein paar Jahre zwischen der neuen Bluewin-App und den App-Lancierungen der Mitbewerber. Wir werden im Laufe des kommenden Jahres noch einige Änderungen vornehmen und sind zuversichtlich, dass wir zu den im mobilen Bereich führenden Titeln aufschliessen können.

Können Sie konkreter werden? 
Bluewin wird sich technologisch erneuern, damit wir weitere Kanäle erschliessen und effizient bespielen können. Seit Kurzem lassen sich die Inhalte von Bluewin auch in mediengerechter Form auf Swisscom TV lesen. Zu den Neuerungen 2017 werde ich noch nichts verraten (lacht). Nur soviel: Wir werden sicher neue Türen aufstossen – das ist mein persönlicher Anspruch.

Unser Anspruch ist es, für unsere Nutzer ein spannendes Produkt zu machen und für die Swisscom ein wirtschaftlich gesunder Bereich zu bleiben. Wir haben klare Wachstumsziele, müssen jedoch kein anderes Produkt ein- oder überholen. Wir haben uns mit unserer neutralen, ausgewogenen News-Berichterstattung sowie unseren attraktiven Sport- und TV-Inhalten einen Platz in der Schweizer Medienlandschaft erarbeitet und möchten diese Position weiter festigen.

Die Anforderungen an News-Portale wachsen jedes Jahr. Wie kann Bluewin da mithalten?
Die Leserinnen und Leser gehen heute vermehrt «snacken» und erwarten mehr Tempo im Nachrichtenbereich, mehr eigene Formate und auch eine stärkere Präsenz auf den Social-Media-Kanälen. In allen Punkten haben wir grosse Fortschritte gemacht und werden auch nochmals zulegen. Zudem arbeiten wir seit Jahren sehr eng mit der SDA zusammen, die uns automatisiert und während 24 Stunden und sieben Tagen mit den Top-News beliefert.

Etwas speziell ist: Abend- und Wochenenddienste kannte die Bluewin-Redaktion, mit Ausnahme des Sports, bis vor Kurzem nicht…
Mit dem Aufkommen der mobilen Geräte hat sich die Nutzung verändert und damit das Bedürfnis der Leser – über den SDA-Feed hinaus – bereits früh am Morgen und spät in den Abend hinein mit Nachrichten bedient zu werden. Diesen Anforderungen werden wir nun seit einem Jahr mit Abend- und Wochenenddiensten gerecht. Wir haben eine Lösung gefunden, die auch unsere Mitarbeiter schätzen.

Apropos Lösung: Bluewin gehört Swisscom und Swisscom zu 51 Prozent der Eidgenossschaft. Darf sich der Bund überhaupt publizistisch betätigen? Wie lösen Sie das?
Die Swisscom muss sich an die Schranken aus der Bundesverfassung sowie dem Telekommunikationsgesetz halten. Die Bestimmungen verlangen von uns ein gewisses Abseitsstehen, wenn es um politische Nachrichten und Meinungsbildung geht. Daran haben wir uns immer gehalten und werden das auch in Zukunft tun. Alle Berichte über Swisscom-Produkte sind – am Ende des jeweiligen Artikels – mit einem Disclaimer versehen, der darauf hinweist, dass Bluewin zu Swisscom gehört.

Swisscom gründete zusammen mit Ringier und der SRG auch die Vermarktungsfirma Admeira. Merken Sie diese Kooperation?
Das eingespielte Advertising-Team vermarktet Bluewin seit Jahren äusserst erfolgreich. Mit der Zentralisierung der Vermarktungskompetenz aus den drei Unternehmen ändert für uns nur wenig. Natürlich werden wir die Advertising-Kollegen vermissen, da sie an einen gemeinsamen Standort ziehen.

Noch ein visionärer Ausblick: Wie sieht Bluewin in ein paar Jahren aus?
Neben dem starken Nachrichten-Kern, wird Bluewin die Nähe zum Unterhaltungsbereich ausgebaut haben. Man wird mehr spezifischen Bluewin-Formaten begegnen und die Bluewin-Redaktion auf neuen Kanälen spüren. Der Schwerpunkt der Nutzung wird sich auf die mobilen Kanäle, also auf die App oder die mobile Webseite verlagert haben. Der E-Mail-Bereich ist dann noch immer ein wesentlicher Bestandteil von Bluewin.

 

 



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