25.01.2017

Annie Leibovitz

«Damit ging ein Lebenstraum in Erfüllung»

Annie Leibovitz in Zürich: Die amerikanische Starfotografin führte am Mittwoch vor rund 50 Journalisten durch die Ausstellung «Women». Mit persoenlich.com spricht die 67-Jährige über das von der UBS gesponsorte Projekt und die Bewegung #WomensMarch.
Annie Leibovitz: «Damit ging ein Lebenstraum in Erfüllung»
Die US-Starfotografin Annie Leibovitz führt durch die Ausstellung in Zürich. (Bilder: Keystone/Ennio Leanza)
von Edith Hollenstein

Frau Leibovitz, «Women: New Portraits» heisst die Ausstellung, welche in Zürich gastiert. Was daran ist «new», respektive neu?
Diese Arbeiten sind eine Fortsetzung eines Projekts, das vor über siebzehn Jahren mit der Fotoserie «Women» begann. Ich hatte es zusammen mit Susan Sontag gestartet. Die neuen Porträts zeigen Frauen, die in Kunst, Musik, Wirtschaft und Politik Ausserordentliches leisten. Dazu zeigen wir zusätzliche, teilweise bisher unveröffentlichte Bilder. 

Zürich ist der zehnte und letzte Standort der Ausstellung. Endet damit auch Ihre Zusammenarbeit mit der UBS?
Ja, das Projekt ist nun abgeschlossen. Aber es war ein unglaublicher Erfolg. Ich konnte Arbeiten realisieren, auf die ich wahnsinnig stolz bin. Ein Teil meiner Bilder wird in die UBS-Kunstsammlung übergehen. Auf diese Weise bin ich weiterhin mit dem Unternehmen verbunden. 

Welche Werke machen Sie stolz?
Einmal so arbeiten zu können; damit ging ein Lebenstraum in Erfüllung. Ich konnte eineinhalb Jahre lang fotografieren.

Gab es Grenzen seitens UBS?
Ich war sehr frei in meiner Arbeit, was ziemlich aussergewöhnlich ist. Natürlich agierte UBS als Sponsorin, aber sie liess mich tun, was ich tun wollte. Das Unternehmen intervenierte nicht. Schauen Sie hier: Sogar das Foto von Senatorin Elizabeth Warren ist ausgestellt – dies obwohl sie ja beinahe die Banken in die Luft gesprengt hätte (lacht)!

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Das Foto mit Elizabeth Warren dürfte aber nicht Teil der Werbekampagne sein, die sie für UBS fotografiert haben (persoenlich.com berichtete).
Für die Werbekampagne bin nicht ich, sondern die UBS zuständig. Die Fotos und Ausstellungen sind mein Teil. Die UBS kam auf mich zu und fragte mich: Was willst du tun? Ich schlug ihnen dieses Projekt vor. Und wenn ich sehe, was dabei herausgekommen ist – also nicht nur die Fotografien selber, sondern auch die Ausstellung in zehn unterschiedlichen Weltstädten, die Talks, die Workshops – macht mich das sehr stolz. Die Ausstellung dauert jeweils drei Wochen und ist gratis, sodass alle die wollen kommen können. Das finde ich bemerkenswert. Zudem gibt es heute fast kein Museum oder Kunstprojekt mehr, das nicht in irgendeiner Weise finanziell von einem Sponsor unterstützt wird.

UBS nutzt Ihre Arbeit, um Frauen als Bankkundinnen gewinnen zu können. Wie lässt sich das vereinbaren mit der feministischen Haltung, die Sie vertreten?
Ich glaube, UBS hat ganz einfach realisiert, dass sie Frauenanliegen ernster nehmen muss. Ich sehe das sehr positiv. Die Geschäftswelt weiss nicht so recht, was sie tun soll, damit die Arbeitsplätze für Frauen attraktiver werden. Gleichzeitig realisiert man, dass Frauen auch als Kundinnen wirklich sehr wichtig werden. Die Firmen müssen irgendwie zeigen können, dass sie sich um Frauen kümmern. Und ich habe den Eindruck: Die UBS tut das wirklich.

Welche Frau fehlt, beziehungsweise wen würden Sie als nächstes gerne porträtieren?
Angela Merkel zum Beispiel oder Joanne K. Rowling. Zudem werde ich die TV-Journalistin Christiane Amanpour in ein Flüchtlingscamp begleiten.

Würden Sie auch Melania Trump fotografieren?
Ja, wahrscheinlich werde ich das tun. Wie genau, habe ich mir jedoch noch nicht überlegt.

Was bedeutet die Trump-Präsidentschaft für Sie als Feministin?
Es kommt eine Zeit der Ungewissheit. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Ich versuche, optimistisch zu sein. Das Positive an Präsident Trump ist, dass nun etwas in Bewegung kommt. Unsere Werte, das woran wir glaubten, wurden erschüttert. Nun treten diese Gefühle hervor. Die Demonstrationen und die Initiative #WomensMarch fördern die Diskussion um die Rolle der Frauen.

«Women: New Portraits» ist vom 28. Januar bis am 19. Februar im ewz-Unterwerk Selnau in Zürich zu sehen. 



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Kommentare

  • Daniel Boermann, 05.02.2017 17:10 Uhr
    Die Ausstellung wirkt billig und steht in einem kaum zu übertreffenden negativen Kontrast zum Werk von Annie Leibovitz: Viel zu wenig Platz für die Abzüge und wie kann man um Gottes Willen nur Photografien auf einem mehrfach unterteilten Monitor präsentieren?
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