04.06.2017

Bernhard Heusler

«Status interessiert mich nicht»

Nach acht Meistertiteln in Folge tritt Bernhard Heusler als Präsident des FC Basel zurück. Im Interview mit «persönlich» erklärt der 53-jährige Rechtsanwalt die Gründe seines Abgangs und sagt, welcher Vorwurf ihn getroffen habe.
Bernhard Heusler: «Status interessiert mich nicht»
«Ich bin heute ebenso stolz darauf, immer allen Mitarbeitenden die Löhne bezahlt zu haben, wie auf die tollen Titelgewinne der Mannschaft», sagt Bernhard Heusler. (Bilder: Marc Wetli)
von Matthias Ackeret

Herr Heusler, jetzt hat der FC Baselunter Ihrer Ägide den achten Titel in Folge gewonnen. Da kommt sicherlich eine gewisse Langeweile auf.
Dieser Eindruck könnte möglicherweise von aussen entstehen. Doch langweilig wird es einem in der Verantwortung für diesen Club nie. Jeder Titel hat seine eigene Geschichte, seine eigene Dramaturgie, seine eigenen Emotionen. Wenn man so nahe dran ist wie wir, nimmt man unsere Titel gar nicht als Serie wahr, sondern jeden als Ereignis für sich. Für uns ist jeder Titel die Bestätigung, dass die Teams auf und neben dem Rasen funktioniert haben. Man muss sich bewusst sein, dass jeder Sieg, jedes Tor und somit jeder Titel gemeinsam erarbeitet werden muss. Nichts ist selbstverständlich.

Nun hat der achte Titel für Sie doch eine besondere Bewandtnis...
Ja, es war die letzte Meisterschaft in «meiner» Ära. Das macht den Titel schon aussergewöhnlich.

Viele Manager und Firmengründer verpassen den perfekten Abgang. Bei Ihnen hat man den Eindruck, dass Ihnen das Gegenteil gelungen ist. Der «Blick» verlieh Ihnen das Prädikat «makellos». Trotzdem stellt sich die Frage: Warum hören Sie überhaupt auf?
Dass ich solche Prädikate nicht sonderlich mag, ist bekannt. Aber die Tatsache allein, dass diese Frage überhaupt gestellt wird, ist ein Indiz dafür, dass wir wirklich den richtigen Moment getroffen haben. Viel schlimmer wäre doch die Aussage: Zum Glück hört er endlich auf. Ein berühmter Unternehmer – ich glaube, es war der Gründer von Ikea – soll es so auf den Punkt gebracht haben: «Man weiss nie, ob der Rücktritt rechtzeitig war. Entweder ist es zu früh oder zu spät. Besser ist aber, es ist zu früh als zu spät.»

Aber wann haben Sie sich entschieden, aufzuhören?
In den ersten Monaten 2016 haben wir damit begonnen, uns ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Uns ist bewusst geworden, dass der Club – trotz oder wegen der Titelserie – wieder neue Reize und Akzente braucht. Dabei wollten wir uns in der Führung bei der ganzen Diskussion nicht ausnehmen. Beim FCB gab es in der jüngeren Vergangenheit einige Trainerwechsel. Zudem mussten wir nach jeder Saison das Team neu zusammenstellen. Die Führung aber blieb immer die gleiche.

Gab es irgendein Schlüsselerlebnis für diesen überraschenden Entscheid?
Wir hatten Ende 2015 mit viel Enthusiasmus und Energie das Projekt «Verein FC Basel 10000» auf die Beine gestellt, mit dem wir unsere Mitgliederzahl verdreifachen und auf 10’000 erhöhen wollten. Just dieses Vorhaben, die Mitgliederbasis zu stärken, ist teilweise dazu missbraucht worden, uns mit fast absurden Unterstellungen zu konfrontieren. Das Projekt sei der Beweis für die totale Kommerzialisierung und die Entfremdung zwischen Club und Basis, hiess es etwa. Wenn auch von einer Minderheit ausgehend, so zeigten uns solche Haltungen, dass man unser Engagement zunehmend darauf zu reduzieren versuchte, dass wir nur den sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg im Auge hätten.

Das hat Sie getroffen...
Ja und nein. An sich ist der Vorwurf speziell, weil wir ja eigentlich dafür da sind, den Club verantwortungsvoll und nachhaltig zu führen. Persönlich getroffen hat mich der Vorwurf, als er in der Unterstellung gipfelte, wir würden Wasser predigen und Wein trinken, sprich die Bedeutung der Basis und der Emotionen betonen, diese aber im Erfolgs- und Kommerzialisierungswahn ignorieren. Dies war nie der Fall. Je weiter ich mich von Basel wegbewegte, desto weniger habe ich das Phänomen dieser Diskussion erklären können.

Die «Basler Zeitung» schrieb einmal, dass das Amt des FCB-Präsidenten das Grösste sei, was man in dieser Stadt erreichen könne. Diesen Status geben Sie freiwillig auf?
(Lacht.) Status interessiert mich nicht. Der wird einem von aussen gegeben. Unangenehm ist, dass man «dank» des Status auch interessant wird für Geschichtenerzähler. So überrascht es nicht, dass hinter unserem bewusst transparent gemachten Rücktritt der eine oder andere etwas Spektakuläres und Geheimes vermutet. Oder eine noch grössere Aufgabe.

Man munkelte, Sie wollten indie Politik eintreten...
Das habe ich auch schon gehört – aber nein, mein Rückzug erfolgte wirklich aus den vorhin geschilderten Gründen. Präsident des FC Basel zu werden, war nie mein Karriereziel. Ich empfinde diesen Job auch nicht als das Grösste, auch nicht als eine mir vorbehaltene Berufung. Es ist eine tolle Aufgabe, verbunden mit einer grossen Verantwortung. Man vergisst gerne, dass der FCB 250 Angestellte hat. Ich bin heute ebenso stolz darauf, immer allen Mitarbeitenden die Löhne bezahlt zu haben, wie auf die tollen Titelgewinne der Mannschaft. Ein wichtiger Grundsatz unserer Führung war es, dass wir uns niemals wichtiger nehmen als Club oder gar Mannschaft. Unser Rückzug ist lediglich die konsequente Umsetzung dieser Philosophie. Gleichzeitig sind wir wirklich überzeugt, dass der Moment gekommen ist, neue Akzente zu setzen.

Sie legen immer Wert auf das Kollektiv...
Ja, aber nicht, weil ich bescheiden bin, sondern aus der an sich naheliegenden Einsicht heraus, dass ein Team mehr erreichen kann als ein Einzelner.

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Wie geht man als Vereinspräsident mit der Tatsache um, dass man einerseits die Interessender Fans berücksichtigen muss, andererseits die Gehälter der Spieler in exorbitante Höhen ansteigen?
Das ist ein Spagat. Er ist mit der internationalen Entwicklung des Fussballs und den Erfolgen des FCB nicht einfacher, sondern schwieriger geworden. Das geht so weit, dass sich unser Marketingchef vor Kurzem öffentlich dafür rechtfertigen musste, dass der Club mit dem Verkauf von Merchandising-Artikeln mit FCB-Logo die Emotionen kommerzialisieren würde. Dabei ist das doch sein Job. Wichtig ist, dass auch dies verantwortungsvoll und nicht rücksichtslos geschieht.

Wie spürt man solche Entwicklungen im Umfeld?
Ich bin kein Präsident, der völlig abgehoben lebt. Abends bin ich oftmals in der Stadt unterwegs. Dabei tragen mir die Fans nach einem oder zwei Gläsern Bier ihre Befürchtungen vor. Deswegen war es für mich wichtig, dass uns die Mitgliederversammlung, obwohl sie nur über 25 Prozent der Stimmen verfügt, ihre Zustimmung für ein weiteres Vorgehen gibt – und dies unabhängig vom Verkaufspreis. Dies führte im Umfeld zu einer Beruhigung. Gleichzeitig hat es aber auch potentielle Käufer abgeschreckt, die ihr Vorhaben nicht in der Öffentlichkeit einer Vereinsversammlung ausbreiten wollten.

Wie geht es mit Ihnen weiter?
(Lacht.) Ich benötige sicher kein Sabbatical. Ansonsten lasse ich meine Zukunft noch offen.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des «persönlich»-Magazins.



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