18.12.2016

In Formation

Uraufführung mit Witz und Ironie

Im Zürcher Schauspielhaus wurde am Samstag erstmals das Stück von Guy Krnetas aufgeführt.
In Formation: Uraufführung mit Witz und Ironie
Guy Krneta. (Bild: Keystone)

Die Presselandschaft ist in Bewegung. Print oder Online, Social Media oder etwas anderes, aber was? Danach fragt Guy Krnetas Stück «In Formation». Publikum und Ensemble feierten die Uraufführung am Samstag im Zürcher Schiffbau mit Bier und Mineralwasser.

Information: Wie steht es mit ihrem Wahrheitsanspruch, ihrer Vertrauenswürdigkeit, und wie beschafft man sie sich heute? Indem man Zeitung liest? Indem man im Internet surft? Indem man sie sich chaotisch und zufällig über Facebook und Twitter zukommen lässt? Sebastian Nübling inszeniert den hochdeutsch und mundartlich verfassten Text des 1964 geborenen Berner Spoken-Word-Autors Guy Krneta als glitzernde Arena-Show eines fünfköpfigen Ensembles. Angeführt wird dieses vom brillanten Moderator Laurin Buser (Bühne: Muriel Gerstner, Kostüme: Pascale Martin).

Und das Publikum spielt mit. «Wer hat noch eine Zeitung aus Papier abonniert?», fragt Buser. Die meisten Hände gehen hoch. Dann aber: «Wer ist bereit, für Online-Informationen zu bezahlen?» Kaum jemand. Wovon dann aber Qualitätsjournalismus leben soll? Achselzucken.

Grosse Ratlosigkeit

Das goldene Zeitalter der gedruckten Zeitung ist vorbei. Die grosse Frage, wie es mit den Medien weitergehen soll, beherrscht den ganzen Abend, wobei die Ratlosigkeit auf der Bühne und im Publikum mit Händen zu greifen ist. Lösungen bietet Krneta keine an, aber er versinkt auch nicht in dumpfen Kulturpessimismus. Das zeigt sich etwa in der formidablen Szene, als der in der Mitte der Arena als Drehbühne installierte Redaktionsraum mit den jammernden Journalisten depressiv zu sinken beginnt.

Einer aber haut auf den Putz, verlangt neue Lösungen, dreht zwar rasende Runden, schreit «Print is dead» - und ist doch gewiss, dass Qualitätsmedien Zukunft haben. Das bestätigen zwei Gäste vom Fach, die im Publikum sitzen: Stefan Keller, Redaktor bei der Wochenzeitung WOZ, und Peter Wanner, Verleger der AZ-Medien.

Immer wieder rast der Moderator vom einen zum anderen und holt deren Meinungen ab. Die WOZ, kompromisslos dem Recherchejournalismus verpflichtet, ist im Aufwind, gewinnt Abonnenten, betont Keller. Auch Wanner, Verleger der alten Schule, möchte den Qualitätsjournalismus erhalten, als Ultima Ratio mit Geldern einer unabhängigen Stiftung.

Mit Witz und Ironie

Ansonsten kommen Verleger nicht gut weg an diesem Abend. Sie betreiben Zeitungen verantwortungslos als Geldmaschinen, hintertreiben die Produktion seriös recherchierter Information mit Gratisblättern, deren Berichterstattung sich auf Kurznummern mit Eventcharakter beschränken. Die heissen Themen kommen alle aufs Tapet, werden durchwegs luftig-locker erzählt.

Unterhaltung, mitunter Witz und beissende Ironie haben an diesem knapp zweistündigen Abend, so ernst das Thema an sich ist, einen hohen Stellenwert. Am Schluss wandern Bierdosen und Mineralwasser ins aufgekratzte Publikum. The show must go on, die Diskussion über die Zukunft der Presselandschaft auch. (Karl Wüst/sda)



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Christoph Frommherz, 17.01.2017 10:07 Uhr
    Hallo Guy Komme morgen in die Derniere und freue mich auf dein Stück. Mit herzlichen Grüssen Christoph
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240425