05.11.2004

BERSSENBRÜGGE GERHARD, CEO Nespresso/Oktober 2004

GfM-Marketingpreisträger 2004: Der Weg von Nespresso war steinig. Nach vielen verlustreichen Jahren verlor die Muttergesellschaft Nestlé den Glauben an das neuartige Businessmodell. Die Wende kam mit einem neuen Management. Heute zählt das Unternehmen 1,5 Millionen Clubmitglieder, und der Umsatz wächst jährlich um 25 Prozent! Doch wie immer, wenn sich ein Pionier-Geschäftsmodell endlich bewährt hat, droht “Me too”-Konkurrenz. CEO Gerhard Berssenbrügge erklärt den Nespresso Way of Life.

Wie schafft man es, ein Alltagsprodukt wie Kaffee unter der Marke Nespresso als Luxusprodukt zu positionieren?

“Historisch gesehen war Kaffee immer ein Luxusprodukt. Er wurde über die Türkei eingeführt. Als nach der Belagerung Wiens einige Kaffeesäcke zurückblieben und Prinz Eugen das besondere Aroma dieses Türkentranks sehr schätzte, entstanden die ersten Kaffeehäuser. Diese haben zweifelsfrei den Siegeszug des schwarzen Heissgetränks eingeleitet. Damals war Kaffee teuer; er musste aus Afrika, später aus Südamerika eingeführt werden. Es ist also gar nicht so absurd, ihn als Luxusprodukt zu betrachten. In den letzten Jahrzehnten ist Kaffee zu einem Massenprodukt geworden. Diesen Trend haben wir ein bisschen umgedreht. Wir haben Kaffee wieder zu etwas Besonderem gemacht – indem wir die Qualität an die erste Stelle gesetzt haben.”

Nun steht Nestlé nicht in erster Linie für Luxuskaffee, sondern eher für löslichen Kaffee unter der Marke Nescafé. Wie kam man auf die Idee, ein völlig anderes Segment anzusprechen?

“Das ist schon lange her. 1988 brachte man Nespresso auf den Markt. Die Idee entstand aber schon 1975, als sich in der R&D-Abteilung ein paar Leute ärgerten, dass man zu Hause keinen so guten Espresso wie in einer Kaffeebar trinken konnte. Schliesslich konnte man zu Hause nicht eine Riesenmaschine aufstellen. Am Anfang waren das – wie man fand – ein paar überdrehte R&D-Leute. Aber man hat die Lösung nach langem Tüfteln schliesslich mit der Kapsel gefunden. Anfänglich gab es da natürlich viele Probleme.”

Was waren denn die Hauptprobleme? War das System nicht einfach zu kompliziert und zu teuer?

“Das Geschäftssystem war natürlich völlig neu – auch für uns. Nestlé musste eine Kaffeemaschine verkaufen. Man tat sich mit der Firma Turmix zusammen, die damals noch eine eigene Espressomaschinen-Produktion unterhielt. Nespresso war nicht bekannt, die Maschinen sahen etwas klobig aus und tropften immer ein wenig. Damals dachte man daran, ein Jahr lang mit Hilfe eines Clubs einen Kundenstamm aufzubauen und die Kaffeekapsel dann in den Lebensmittelhandel zu geben. Das zog sich aber länger hin, und es wurde klar, dass die Umschlagsgeschwindigkeit für den Detailhandel zu gering gewesen wäre. Als Nespresso grösser wurde, merkte man, dass der Club viele Vorteile bietet, die der Lebensmittelhandel nicht aufweisen konnte, da der direkte Kontakt zum Endkonsumenten wichtig und nötig war. Zudem gab es damals noch viele Probleme mit der Espressomaschine. Diese musste häufig gewartet werden; man musste die Kunden einige Male hinsichtlich der Bedienung und Pflege informieren. Das ging natürlich viel besser mit einem direkten Kundenkontakt über den Club.”



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