10.03.2014

BOLLMANN ROLF/Dezember 2012

Spitzenfussballer Rolf Bollmann machte sich als eisenharter Verteidiger einen Namen. Nach seiner aktiven Karriere lancierte er das Pendlerblatt 20 Minuten und war in der Unternehmensleitung der Tamedia tätig. Doch richtig herausgefordert wird er erst jetzt, kurz vor seiner Pensionierung. Bollmann ist neuer CEO der Basler Zeitung und will diese wieder zum Leuchten bringen.

Herr Bollmann, welches ist eigentlich der härtere Job: CEO bei der BaZ
oder der Cupfinal von 1975, als Sie mit dem FC Winterthur gegen Basel spielten?
Sicher ist, dass das Spiel bei der BaZ länger als 120 Minuten dauern wird, wie damals der Cupfinal. Und der grösste Unterschied ist: Heute spiele ich mit dem FC Basel und nicht gegen den FC Basel. Obwohl ich in Basel vermutlich wahrgenommen werde mit: Schon wieder so ein Idiot aus Zürich, der uns sagen will, wos langgeht.

Können Sie sich noch an den Cupfinal erinnern?
Er liegt 37 Jahre zurück, und ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Ich weiss nur noch, dass ich Ottmar Hitzfeld, damals ein sehr gefährlicher Stürmer, decken musste. Deswegen hatte man mir unmittelbar vor dem Cupfinal in der Kabine ein Aufputschmittel verabreicht. Meine Aufgabe war es, hinten die Sense zu machen.

Alles legal …
(Lacht.) Damals war alles «legal», weil es noch keine Dopingkontrollen gab. Nein, nein, überhaupt nichts war legal. Einige ehemalige FCZ-Spieler, die zum FC Winterthur gewechselt waren, mixten mir Tabletten in den Kaffee, damit ich richtig heiss wurde.

Konnte das gut gehen?
Nein, zum Glück schneite es an jenem Ostermontag leicht und es war kalt, ansonsten hätte ich wohl kollabiert. Bereits beim Abspielen der Nationalhymne schwankte ich und sah alles verschwommen. Ich war so desorientiert, dass ich die ersten fünf Minuten unserem eigenen Verteidiger nachlief, anstatt Hitzfeld zu decken. Irgendwann aber habe ich Hitzfeld gefunden.

Wie endete das Spiel?
Obwohl ich Hitzfeld kaltstellte, verloren wir nach Verlängerung knapp 1:2. Als ich Hitzfeld einmal auf dem Flughafen traf, lachte er nur und zeigte auf sein Schienbein: «Achtung, Bollmann kommt!» Ich galt als sehr harter Spieler, mein Übername war «Eisenfuss» und «Blutgrätsche». Trotzdem hat es für mich einmal in die Nationalmannschaft gereicht.

Hat man Sie in Basel bereits auf Ihre Fussballkarriere angesprochen?
Ich hatte vor einigen Wochen ein wunderbares Erlebnis. Als ich von der Basler Stadtregierung eingeladen wurde, um über den Zustand der BaZ zu informieren, hat mich Regierungsrat Christoph Brutschin auf meine fussballerische Karriere angesprochen. Er kannte mich noch vom FC Winterthur. Unglaublich! Das war insofern aussergewöhnlich, als wir gegen den FCB immer ­verloren hatten. Aber die Spiele waren gross­artig: Im alten Joggeli kamen zu den Meisterschaftsspielen jeweils 40 000 Zuschauer und gegen den FCZ über 50 000. Also mehr, als der FCB heute bei den Heimspielen hat.

Dann steht für Sie der erste Sieg in Basel noch aus …
(Lacht.) Das stimmt. Es ist für mich ein Sieg, wenn ich in einigen Jahren meinem Nachfolger ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen, also die BaZ, nackt übergeben kann.

Sie hätten es sich auch einfacher machen und sich bei der Tamedia pensionieren ­lassen können …
Obwohl ich eigentlich Grossbetriebe nicht mag und deswegen gewisse Startschwierigkeiten hatte, war ich sehr gerne bei der
Tamedia. Man hat mich in der Unternehmensleitung sogleich akzeptiert. Meine Kollegen hatten alle studiert und waren viel intelligenter als ich – dafür war ich schlauer. Das war eine gute Mischung. Ich wäre Mitte 2013 offiziell pensioniert worden, hatte aber die Option, über mein Pensionsalter hinaus verschiedene Projekte für Tamedia weiterzubetreuen. Aber dann kam das Angebot aus Basel.

Wer hat Ihnen das Angebot gemacht?
Den ersten Kontakt hatte ich mit Filippo Leutenegger, dem Verwaltungsratspräsidenten. Wir kennen uns schon viele Jahre. Etwas später habe ich Herrn Blocher getroffen, der mich schon von 20 Minuten her kannte und mich unbedingt für die Aufgabe in Basel haben wollte. Er schätzt sicher meine Erfahrung, weiss, dass ich die Branche kenne und auch schmerzhafte Restrukturierungen durchführen kann. Was aus bekannten Gründen hier nun meine Hauptaufgabe ist. Deshalb werde ich hier als eiskalter Sanierer aus Zürich wahrgenommen und wohl kaum als freundlicher und sympathischer BaZ-CEO in die Geschichte eingehen.

Aber ist das nicht das Grundproblem: Mit Blocher, Leutenegger, Chefredaktor Markus Somm und Ihnen dominieren doch sehr viele Zürcher die Basler Zeitung.
Das ist sicher nicht ganz einfach. Es ist bekannt, dass die Zürcher in Basel nicht besonders wohlgelitten sind. Aber Zürcher haben in Basel immer wieder Spuren hinterlassen. Radio Basilisk gehörte für eine kurze Zeit der Tamedia, und das hat problemlos funktioniert. Der FCB hatte seine erfolgreichste Zeit mit einem Zürcher, nämlich Christian Gross. Nie wurden mehr Titel gewonnen. Aber auch Christoph Blochers Tochter, Miriam Blocher, welche das Läckerli-Hus führt, wird von den Baslern nach anfänglichen Bedenken mittlerweile sehr geschätzt.

Wie wurden Sie in Basel aufgenommen?
Ich spüre immer noch ein grosses Misstrauen. Dies ist verständlich, weil die BaZ doch sehr turbulente Zeiten hinter und leider auch noch vor sich hat. Vielleicht besitze ich die bescheidenen Fähigkeiten, die Basler davon zu überzeugen, dass ich nichts Böses im Schilde führe, sondern mit ihnen zusammen die BaZ-Gruppe retten und in eine erfolgreiche Zukunft führen will. Schlussendlich spielt es keine Rolle, ob ein Berner, Deutscher oder Zürcher an der Spitze des Unternehmens steht, wichtig ist, dass er Erfolg hat und wieder eine gute Unternehmenskultur entsteht.

Wie reagiert das «offizielle» Basel auf «Eisenfuss Bollmann»?
(Lacht.) Ich habe bemerkt, dass auch in der Basler Regierung nicht nur Basler sind. In den offiziellen Kreisen spürte ich überhaupt keine bad feelings. Auch von der basellandschaftlichen Regierung wurde ich äusserst wohlwollend empfangen.

Welchen Stellenwert hat die BaZ heute in Basel?
Das Image der Basler Zeitung in Basel ist viel schlechter als die Wahrnehmung ausserhalb der Stadt, beispielsweise in Zürich. Dies war meine grösste Enttäuschung. Ich glaube aufgrund meiner Erfahrung beurteilen zu können, dass die BaZ ein hervorragendes Blatt ist und in der Schweiz mit der NZZ und dem Tages-Anzeiger zu den drei besten Tageszeitungen gehört.

Das müssen Sie sagen …
Nein, überhaupt nicht. Ich habe die BaZ schon zu meinen Tamedia-Zeiten gelesen. Bereits vor zwölf Jahren, als wir mit 20 Minuten den Angriff auf Basel starteten, habe ich das Blatt regelmässig studiert. Es ärgert mich wirklich, dass die Basler keinen Stolz für ihre Zeitung empfinden. Die BaZ ist eine gut gemachte, kontroverse Forumszeitung, in der sogar der grüne Nationalrat Daniel Vischer oder das SP-Urgestein Helmut Hubacher ein regelmässiges Forum haben. Es ist auch kein SVP-Parteiblatt, wie die Konkurrenz immer ihren Lesern zu indoktrinieren versucht. Zuletzt der unsägliche Artikel von Constantin Seibt im Tages-Anzeiger. Beim Tagi wäre eine Kolumne von Christoph Mörgeli undenkbar.

Warum sind die Basler nicht stolz auf ihre Zeitung?
Die Basler verspüren eine Hassliebe zu ihrer Zeitung. Vorne steht niemand für sie ein, hintendurch loben sie sie. Warum hat die «feine Basler Gesellschaft» die BaZ nicht übernommen? Sie hätten es ja verhindern können, dass der in ihren Augen unerwünschte Herr Blocher in die BaZ-Gruppe investiert. Warum hat diese noble Gesellschaft nicht investiert, wenn ihnen so viel an einer «unabhängigen» linken Zeitung liegt? Es sind soeben zwei neue Bücher über
die Basler Zeitung erschienen. Das ist doch ­unglaublich. Haben Sie jemals Bücher über eine andere Zeitung gelesen? Über welches Medium wird so viel diskutiert und geschrieben wie über die BaZ? Das zeigt doch, dass diese Zeitung lebt, geliebt und gehasst wird, dass sie provoziert und Emotionen schürt. Es ist wirklich erstaunlich, dass die Basler Zeitung nach den Turbulenzen der letzten Jahre immer noch existiert. Diese Marke ist unheimlich stark, aber man will sie bewusst zerstören.

Wer will sie zerstören?
Politisch motivierte Journalisten, die vor allem ein Problem mit den Namen Blocher oder Somm haben. Oder ehemalige BaZ-Journalisten, die einen schlechten Abgang hatten oder entlassen wurden und heute bei einer anderen Zeitung arbeiten – und regelmässig Jauche über ihren alten Arbeitgeber schütten. Für mich sind das Charakterlumpen und Kollegenschweine, die damit nicht nur versuchen, die BaZ zu schwächen, sondern langfristig auch die Arbeitsplätze ihrer ehemaligen Kollegen gefährden. Auf der anderen Seite sind es höchstens Journalisten der vierten Klasse, sogenannte Nullnummern, die genau wissen, ich muss nur etwas über Herrn Blocher schreiben, dann findet mein Artikel bestimmt Aufmerksamkeit.

Das sind aber heftige Vorwürfe.
Wissen Sie, ich habe schon viele Lebensläufe von Journalisten gesehen. Und Sie können es mir glauben, eine grosse Anzahl haben ausser einem abgebrochenen Studium nichts vorzuweisen. Selbst haben sie ihr Leben nicht im Griff, noch nie irgendwann, irgendwo für irgendetwas Verantwortung übernommen und erlauben sich, mit primitiven Artikeln über Menschen zu urteilen, die sie nicht kennen und mit denen sie nie gesprochen haben. Leider lassen sich viele Leser von solchen Artikeln beeinflussen und bekommen so ein falsches Bild, zum Beispiel über die BaZ. Wenn die Leser wüssten, welche zum Teil widerliche Figuren im Journalismus rumturnen und was für Taugenichtse solche Artikel schreiben, dann kämen bei ihnen einige Fragezeichen auf. Und sie würden sich mehr Gedanken machen, ob sie diesen Mist glauben sollen.

Geht es darum der BaZ so schlecht?
Wenn die Zeitung weiter geschwächt und schlechtgemacht wird, bröckelt auch ihre Wirtschaftlichkeit. Die Folgen sind bekannt: Kostenanpassungen und Entlassungen.

Aber warum ist dann die BaZ in dieser misslichen Lage? Basel ist der zweitgrösste Wirtschaftsraum der Schweiz.
Ja, das ist schwer zu verstehen. Ich habe dies auch bei den beiden Personalversammlungen, die ich bis anhin durchgeführt habe, gesagt. Eigentlich wären in Basel alle Voraussetzungen gegeben, um ein rentables Blatt zu machen. Im Gegensatz zu andern Regionalzeitungen, deren Ergebnisse ich kenne, ist die BaZ bezüglich Rendite in einem schlechten Zustand. Ich habe die Aboabbestellungen analysiert. Als Hauptgrund der Abbestellungen wird oft die «politische Einstellung der Zeitung» genannt. Sie verwechseln den Inhalt der Zeitung mit ihrer Antipathie gegen Herrn Blocher. Ich habe noch auf keiner Redaktion erlebt, dass der Eigentümer Einfluss nimmt auf den Inhalt. Auf der BaZ-Redaktion hat es genauso viele links- wie rechtsorientierte Journalisten wie beim Tagi oder bei der AZ. Und ich habe für Pietro Supino und Peter Wanner gearbeitet und nie erlebt, dass sie Einfluss nahmen auf den Inhalt ihrer Zeitung. Kein Eigentümer oder Verleger kann die Leserschaft beeinflussen, es sind immer die Journalisten, sonst niemand. Leider auch die schlechten.

Wie viele Aboabbestellungen hatten Sie 2012?
Es war in diesem Jahr eine hohe einstellige Prozentzahl.

Aber gibt es auch Neuabonnenten?
Ja, aber sicher weitaus weniger als Abbestellungen.

Haben Sie inseratemässig die ganze Blocher-Antipathie auch gespürt?
Ich weiss es nicht. Sicher ist, dass wir einige Prozentpunkte mehr verloren haben als der Durchschnitt der grossen Tageszeitungen der deutschen Schweiz.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Markus Somm?
Aus meiner Sicht sehr gut. Markus Somm ist ein hochintelligenter Mensch und bestens qualifizierter Chefredaktor. Er spielt in einer anderen Liga als die meisten Chefredaktoren, die ich kenne.

Was will Christoph Blocher wirklich in Basel?
Herr Blocher hat in die Basler Mediengruppe investiert, weil er die BaZ als unabhängige, bürgerliche Zeitung bewahren will. Unabhängig von der Tamedia, unabhängig von der NZZ, unabhängig von den AZ-Medien. Die BaZ soll wieder ihre alte Leuchtkraft in der Schweizer Medienlandschaft erhalten. Das ist doch verrückt, da schreiben Jour­nalisten, Herr Blocher wolle die BaZ als Machtinstrument für sein Gedankengut missbrauchen. Und dieselben linken Journalisten schreiben für das grösste Monopol- Medienunternehmen der Schweiz, die Tamedia, die mit ihren Tageszeitungen weit über 50 Prozent aller stimmberechtigen Bürger der Schweiz erreichen. Und die BaZ erreicht circa drei Prozent. Nochmals, ein ­Eigentümer kann niemals die Leser seiner Zeitung beeinflussen. Das können nur die Journalisten. Und kein Verleger beeinflusst die Journalisten.

Das ist eine interessante These. Aber stimmt sie?
Die Basler realisieren gar nicht, was sie mit Herrn Blocher haben. Ohne sein Engagement hätte die BaZ ihre Unabhängigkeit längst verloren. Ich habe dies bereits vor der Redaktion erklärt. Angenommen, Tamedia hätte Zugriff auf die BaZ, dann wäre die Hälfte der Redaktion ruck, zuck wegradiert. Ich war sieben Jahre in der Unternehmensleitung der Tamedia und habe gelernt, wie man Synergien umsetzt. In diesem Fall wäre die Redaktion der BaZ nur noch für die ­Lokalberichterstattung zuständig, der Rest käme vom Tages-Anzeiger. Doch dies will Herr Blocher nicht. Für dieses Ziel hat er bis jetzt sehr viel Geld investiert. Und im Gegensatz zu anderen Verlegern hat Blocher sein Vermögen selbst erwirtschaftet und nicht einfach geerbt.

Wen meinen Sie mit anderen Verlegern?
Beispiel Ringier. Was hat Herr Ringier aus seinem geerbten Medienkonzern gemacht? Die grösste PR-Maschinerie in Europa. Null Qualitätsjournalismus, zero. Nur People, Events, Promotions. Die ganze Wertschöpfungskette muss stimmen, vom PR-Redaktor bis zum Ticketverkäufer. Marc Walder hat diesen Kreislauf genial umgesetzt. Als Gegengewicht zu den PR-Journalisten der Ringier-Titel erklärt uns wenigstens sein Chefpublizist aus Berlin Woche für Woche, wie die Schweiz und die Welt zu funktionieren haben. Vermutlich mit dem Fremdwörterbuch neben dem Computer, damit er ja als Intellektueller wahrgenommen wird. Aber kein Leser eines Ringier-Titels kann verstehen, was er eigentlich sagen will.

Wie viel Geld hat Blocher investiert?
Das weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass ihm eine unabhängige Qualitätszeitung viel Geld wert ist. Aber als Unternehmer will er auch nicht jahrelang in ein Fass ohne Boden investieren. Es ist nun meine Aufgabe, dieses Fass dicht zu machen und die Basler Mediengruppe wirtschaftlich wieder auf Erfolgskurs zu bringen.

Reden Sie mit Blocher über Politik?
Ich arbeite nicht für den Politiker Blocher, sondern für den Unternehmer Blocher. Ich habe noch nie einer Partei angehört und werde auch nie einer angehören. Für mich ist Herr Blocher eine aussergewöhnliche Unternehmerpersönlichkeit. Er hat verhindert, dass das «Unternehmen Schweiz» im «schwarzen Loch» der EU verschwindet. Und für diese Leistung würde ich sogar gratis für ihn arbeiten – etwas später! Es wäre für mich die absolute Horrorvorstellung, das Schicksal meiner Kinder von den circa 50 000 Beamten in Brüssel bestimmen zu lassen. Aber auch in Bern gibt es «Flaschen».

Dafür hat Frau Oeri in ein Konkurrenzprodukt investiert …
Ich nehme die Tageswoche nicht als Konkurrenz wahr, es handelt sich um ein komplett anderes Businessmodell. Es stände wirklich schlimm um die BaZ, wenn uns ein solches Produkt den Rang ablaufen würde. Unser Problem ist das fehlende Selbstvertrauen. Deswegen ist für uns der FC Basel so wichtig. Die Mannschaft wird uns auch in dieser Saison beweisen, wie man am Ende trotz misslichem Start die Meisterschaft gewinnen kann.

Sie sind als Sanierer eingestellt. Christoph Blocher hat verschiedentlich betont, dass man sich auf die «nackte» Zeitung beschränken soll. Das würde bedeuten, dass man viele Nebenprodukte abstossen würde. Ist dies realistisch?
Es stimmt, die BaZ-Mediengruppe ist eigentlich ein Mischkonzern, sie gibt nicht nur eine Zeitung heraus, die Basler Zeitung, sondern umfasst unter anderem auch Liegenschaften, Zeitungsdruck, Kundendruck wie die Birkhäuser AG, Gratiszeitungen, Quartierzeitungen. Daneben sind wir auch noch im Vermittlungsgeschäft aktiv und im Versicherungsbereich. Leider sind einige unren­table Unternehmenseinheiten dabei. Ich ­stecke nun mitten in der Restrukturierungsphase. Unser Ziel ist eine Basler Zeitung «nackt», die nur noch aus einer Redaktion und dem Verlag besteht. Der Druck findet entweder bei uns oder extern statt.

Das heisst, Ihre Druckerei wird geschlossen …
Ein hoher Verlustanteil der Gruppe entsteht aus dem Zeitungsdruck. Die Auslastung der Druckerei ist völlig ungenügend. Die Probleme der Druckbranche sind bekannt. Enorme Überkapazitäten, massiv sinkender Papierverbrauch und so weiter. Die Druckerei kann nur gerettet werden, wenn Perspektiven für eine viel höhere Auslastung vorhanden sind. Und diese schätze ich unter den erwähnten Voraussetzungen als sehr unwahrscheinlich ein.

Wann kommunizieren Sie die Entscheidung?
Wir entscheiden uns im ersten Quartal 2013.

Sie sprechen immer von Christoph Blocher. Spielen die Herren Tettamanti und Leutenegger bei der BaZ keine Rolle mehr?
Filippo Leutenegger ist Verwaltungspräsident. Ich bin Delegierter und CEO.

Obwohl er gemäss NZZ am Sonntag sein Büro räumen musste …
Das Büro hat ja nichts mit seiner Funktion zu tun.

Und Herr Tettamanti?
Mit ihm hatte ich noch keinen Kontakt.

Gibt es überhaupt Möglichkeiten einer ­Zusammenarbeit mit anderen Verlagshäusern?
Zusammenarbeit sicher, Übernahme nicht. Solange Herr Blocher das Sagen hat, wird er die Zeitung nicht verkaufen. Für Kooperationen ausserhalb der Publizistik sind wir aber völlig offen.

Konkreter?
Im ganzen Verlagsbereich gibt es einige Möglichkeiten, Synergien zu nutzen. Zum Beispiel im Abo-Service, Contact-Center oder in der Druckvorstufe, im Vertrieb und so weiter.

Verschiedentlich wurde gemunkelt, dass Sie der verlängerte Arm der Tamedia in Basel sind. Nicht zuletzt, weil Sie beim Landboten, an welchem die Tamedia eine Minderheit besitzt, im Verwaltungsrat sitzen.
Ich kann solche Vermutungen und Spekulationen nachvollziehen. Doch dem ist nicht so. Es gibt diesbezüglich keine Absprachen mit der Tamedia. Ich bin gegenüber allen Seiten offen für eine Kooperation.

Aber wo konkret könnte es in nächster Zeit Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit geben? Bei der Übernahme einer Sonntagszeitung?
Wir haben eine siebte Ausgabe mit der BaZ. Aber wir prüfen eine mögliche Kooperation, um uns besser zu positionieren.

Sie sitzen momentan alleine in einem sehr geräumigen Büro. Wer waren Ihre Vorgänger?
Ich habe gehört, dass ich innert kürzester Zeit der Siebte bin, der in diesem Büro sitzt. Ich weiss nicht, ob der Achte bereits vor der Türe steht (lacht). In diesem Büro arbeitete unter anderem der langjährige BaZ-CEO Peter Sigrist, später die Verleger Matthias Hagemann, Beat Meyer, Martin Wagner, Moritz Suter, der das Ganze aufwendig renovieren liess, und zuletzt Filippo Leutenegger.

Leutenegger soll jetzt angeblich kein Büro mehr besitzen…
Er hat sein Büro in Zürich, wo er ja auch seine eigene Firma hat.

Haben Sie Moritz Suter eigentlich einmal getroffen?
Ja, aber das ist bereits eine Weile her. Ich war damals noch bei der Tamedia und habe ihn am Flughafen getroffen – auf seinen Wunsch. Er wollte nur das «20-Minuten-Urgestein» kennenlernen.

Suters ehemalige Airline Hello befindet sich auf der anderen Seite des Gangs.
Ja, Hello hat sich bei uns eingemietet. Als ich vor einigen Wochen frühmorgens in den Nachrichten hörte, dass die Airline gegroundet sei, wurde ich sogleich stutzig. Einerseits ist Hello ein guter Mieter von uns, andererseits taten mir auch die Angestellten leid. Einige sitzen noch in den Büros und wissen vermutlich nicht mehr, wie es weitergeht.

Sie befinden sich schon in einem Himmelfahrtskommando.
Ich habe in meinem Berufsleben einiges aufgebaut, vieles umgebaut und nun bin ich vor allem mit Abbauen beschäftigt. Aber ich kann die Gruppe nur mit radikalen Strukturveränderungen und Kostensenkungsmassnahmen sanieren.

Was bereitet Ihnen momentan am meisten Bauchschmerzen?
Ich habe nun viele Mitarbeiter entlassen müssen, aus wirtschaftlichen Gründen. Und das tut mir unendlich weh. Menschen, die jahrelang im Unternehmen gute Arbeit geleistet haben oder hoffnungsvolle junge Menschen, auch solche, die bei der BaZ die kaufmännische Lehre gemacht haben, stehen plötzlich ohne Stelle da, sind verzweifelt. Und trotzdem haben sie Verständnis gehabt für meine Entscheidungen. Das ist schwer zu verarbeiten und hinterlässt bei mir manchmal Fragezeichen, ob ich das mit meinem Gewissen verantworten kann.

Sehen Sie wenigstens einige Fortschritte?
Ich spüre bei unseren Mitarbeitern ein grosses Unbehagen und Misstrauen. Nach den vielen Turbulenzen um die BaZ glaubt man der Führung nichts mehr, was eine grosse Lethargie und Passivität auslöst. Ich fühle mich manchmal wie ein Ochse, der vor dem Wagen steht und diesen anzuschieben versucht. Meine Haupttätigkeit besteht darin, dem Kernteam Zuversicht und Motivation zu vermitteln. Daran arbeite ich momentan. Leider sorgen auch die Konjunkturaussichten für das Jahr 2013 nicht für eine Aufbruchstimmung. Doch ich sage meinem Management, wenn wir dieses Tief überstehen, dann hat die Basler Zeitung mit der ganzen Kraft ihrer Marke eine gute Zukunft vor sich. Totgesagte leben bekanntlich länger.



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