12.04.2006

CHARLES STEFAN, Kulturbetrieb Rohstofflager/April 2006

Musik baut Brücken: Banken, Versicherungen, Markenartikler tun sich schwer, das richtige Thema, die richtige Tonalität zu finden, um Jugendlichen etwas zu verkaufen. Manche bemühen Szenenbilder, Skateboarder, doch die Verkaufsabsicht wird entlarvt, die Message abgelehnt. Wie sagt man es den Jungen? Stefan Charles, Leiter Kulturbetrieb des Zürcher Rohstofflagers, sagt, wie sich ein Unternehmen Junge als Kunden erschliessen kann.

Die jungen Erwachsenen sind ein begehrtes Zielpublikum. Alle Markenfirmen und Dienstleister möchten gerne an sie herankommen. Aber man sieht oft, dass die Tonalität nicht richtig erwischt wird. Wie würden Sie das einschätzen?

“Ich bewege mich im Kulturbereich, und da steht der Verkauf nicht unbedingt im Vordergrund. An einer Tagung des Forums Kultur und Ökonomie haben wir uns viele Gedanken über die Jugendkultur gemacht. Man hat herausgefunden, dass viele Leute Mühe mit diesem Begriff haben und auch nicht wissen, ob es sich dabei um Skateboarder oder um etwas anderes handelt. Ich denke, das typische Merkmal der heutigen Jugend ist die Generation Dotcom. Das sind jene, die als Erste mit dem Internet aufgewachsen sind. Was das Marketing angeht, so ist dieses im Alltag der Jugendlichen so sehr integriert, dass sie eigentlich nur noch selektieren können. Alles, was plakativ von aussen kommt, wird erst einmal abgelehnt.”

Die klassische Werbung erreicht also das Zielpublikum nicht?

“Nein. Ich denke, das Marketing muss andere Wege finden, um die Menschen zu erreichen. In Zürich sieht die Strategie so aus, dass beispielsweise einzelne Clubs nicht mehr in der Pendlerzeitung 20 Minuten erscheinen wollen, weil sie dadurch zur breiten Masse gehören. Der Touch der Illegalität und des Nicht-Kommerziellen steht dabei im Vordergrund. Wenn man mit den Jugendlichen kommunizieren will, darf man sich nicht anbiedern. Zu meiner Zeit war der Anti-Establishment-Gedanke wichtig, und dieser richtet sich gegen jegliche Form von Massenwerbung.”

Früher konnte man zwischen verschiedenen Szenen unterscheiden. Heute kann man nicht mehr so eindeutig segmentieren.

“Früher definierte man sich über Musikstile. Es gab auch solche, die einem Fussballverein angehörten oder sich den Pfadfindern angeschlossen haben. Heute gestalten die Jungen ihre Freizeit anders, und die Angebote werden immer grösser. Man muss über alle Videospiele Bescheid wissen, coole Sportarten ausüben, den richtigen Sound hören, trendige Klamotten tragen und das beste Handy mit dem richtigen Klingelton besitzen. Wenn jemand alles hat und jeden Trend mitmacht, wird er aber bald eine Lachnummer. Das Marketing betrachtet die Jungen wie eine Art Abziehbild und holt es aus der Authentizität heraus, und deswegen funktioniert das auch nicht.”



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