26.04.2001

HOEHLER GERTRUD, Unternehmensberaterin, April 2001

Gertrud Höhler gehört zu den gefragtesten Kommunikations- und Unternehmensberatern in Deutschland. Neben Polit-Grössen wie Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl setzten die meisten der rund 50 führenden deutschen Firmen auf ihre Expertisen und ihre Beratungsdienste, unter ihnen die Deutsche Bank und Mercedes. Dr. phil. Gertrud Höhler, die eigentlich Literatur-Wissenschafterin ist, hat sich auch einen Namen gemacht als Autorin zahlreicher Bücher, die es auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft haben. Der Zeitschrift "persönlich” hat sie ein Exklusiv-Interview gewährt. Interview: Elisabeth Vetter

Wie haben Sie sich als Frau Ihren Platz in der von Männern dominierten Wirtschaftswelt erobert, obwohl Sie sich nie gescheut haben, unbequeme Aussagen zu machen und zum Beispiel die "emotionale Magersucht” in den Unternehmen zu geisseln?

"Die Tatsache, dass ich eine Frau bin, hat in meinem beruflichen Leben nie eine Rolle gespielt. Einer der wichtigsten Sätze, den man allen Frauen sagen muss, lautet: Denk nicht dauernd daran, dass du eine Frau bist. Sondern denk an die Ziele, die du hast, an die Probleme, die du lösen willst, denk immer an die Aufgaben. Damit machen wir nämlich auch die anderen Menschen sicherer.”

Wurde Ihnen diese Selbstverständlichkeit, mit der Sie auftreten, im Elternhaus mitgegeben?

"Sicher spielt die Erziehung eine Rolle. Ich habe von Kind auf nie das Gefühl gehabt, es sei ziemlich ungünstig, dass ich weiblich bin. Ich habe aber auch nicht das Gefühl gehabt, es sei besonders günstig. Eigentlich habe ich über dieses Thema gar nie nachgedacht. Ein gutes Selbstvertrauen ist natürlich eine Mitgift, die hilft, als Frau leichter durchzukommen.”

Noch während Sie studiert haben, wurden Sie Mutter eines Sohnes. Sie haben ihn allein grossgezogen. Hat diese Zeit damals Sie ebenfalls geprägt?

"Sicher. Es war eine sehr schwierige Zeit. Mein Sohn kam 1967 zur Welt. Die Gesellschaft damals besass gegenüber allein erziehenden Müttern nicht diese Unbefangenheit und Gelassenheit wie heute. Übrigens auch gesetzlich nicht. Mir wurde sofort eine Jugendamtsfrau zugeteilt, die ständig zu prüfen hatte, ob das Kind unter menschenwürdigen Umständen lebt. Es waren Abstürze aus dem gewohnten Sozialniveau in materieller Hinsicht wie in der gesellschaftlichen Achtung, die ganz schwer zu verkraften waren. Ich war unendlich allein. Und ich hatte keine Ahnung, wie ich das alles in den Jahren, die noch vor mir lagen, meistern sollte. Ich musste das Kind regelrecht verstecken, in einem Haus, in dem schon unten am Eingang ein Schild stand: Kinder und Haustiere verboten. Als ich an die Universität Paderborn berufen wurde, wollten mir die Leute keine Wohnung geben. Weil ich allein stehende Mutter war. Man glaubt es nicht.”



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