18.10.2016

Teaserkampagen

Die «gekidnappte» Kampagne der Atombefürworter

Das Rätsel um die schwarzen Plakate und Inserate in verschiedenen Medien ist gelöst. Dahinter steckt das Komitee «Ausstiegsinitiative Nein», welches am Dienstag in den Abstimmungskampf startete. Doch kurzzeitig beanspruchte Greenpeace die Sujets für sich.
Teaserkampagen: Die «gekidnappte» Kampagne der Atombefürworter
Das Inserat von Greenpeace in der «SonntagsZeitung» (l.) und das Werbesujet der Atombefürworter (r.).
von Michèle Widmer

Verwirrung schaffen und sich so Aufmerksamkeit erhaschen. Mit dieser Absicht startete das Komitee «Ausstiegsinitiative Nein» in den Abstimmungswahlkampf. Dazu lancierten die Verantwortlichen letzte Woche eine nationale Teaser-Kampagne. Nebst Plakaten erschienen im «Tages-Anzeiger», «20 Minuten» und «Le Matin» gleich mehrere schwarze Inserate auf einer Seite.

Zu erkennen gaben sich die Auftraggeber darauf nicht. Einzig der kleingedruckte Hinweis auf die URL www.17-10-2016.ch liess vermuten, dass das Rätsel in den kommenden Tagen aufgelöst werden wird. Auf Anfrage bei der Werbeagentur Walker, die als Urheber der URL registriert ist, dementierte Agenturinhaber Pius Walker etwas damit zu tun zu haben (persoenlich.com berichtete). Eine Woche später gesteht er: «Wir haben die Webseite im Auftrag von Economiesuisse erstellt». Da es sich um eine Teaserkampagne handle, habe er nichts sagen dürfen. Der Wirtschaftsverband unterstützt die Kampagne des Komitees.

«Fertig mit Schwarzmalerei»

Nicht gerechnet hatten die Atombefürworter mit Greenpeace. Die Umweltorganisation, die sich für den Atomausstieg stark macht, vermutete hinter den rätselhaften schwarzen Inseraten ihre Gegenspieler und übernahmen kurzerhand das Steuer. In der letzten Ausgabe der «SonntagsZeitung» war auf mehreren Inseraten der Spruch zu lesen: «Fertig mit Schwarzmalerei. Ja zum geordneten Atomausstieg bis 2029».

Bildschirmfoto 2016-10-17 um 10.21.15

«Das Rätsel der schwarzen Plakate ist gelöst», hiess es in einer Medienmitteilung von Greenpeace am gleichen Tag. «Wir haben die Kampagne gekidnappt», erklärte Geenpeace-Kampagnenleiter Christian Engeli sogleich gegenüber dem «Kleinreport». Man habe die Plakate mit den eigenen – aus ihrer Sicht richtigen – Botschaften gefüllt.

Mit der «humorvollen Aktion» habe man die Gegner «aus der Reserve locken» wollen, ergänzt Engeli auf Anfrage von persoenlich.com. Für ihn ist es fragwürdig, dass das Gegenkomitee mit solchen «Katastrophenszenarien» argumentiert. Gerade jetzt, wo die beiden Atomkraftwerke Leibstadt und Beznau 1 wegen Sicherheitsmängeln abgeschaltet seien, und sich zeige, dass die Schweiz problemlos sauberen Strom importieren könne.

Kampagne am Nachmittag in Bern lanciert

Zwei Tage später folgte am Dienstag schliesslich die Auflösung des wahren Urhebers der Kampagne. Mit Plakaten und Inseraten im «Tages-Anzeiger», «20 Minuten» und «Le Temps» löste das Komitee «Ausstiegsinitiative Nein» die Teaserkampagne auf. «Nein» steht in grossen Lettern. Und etwas kleiner darunter die Ergänzung «zu Kurzschlusshandlungen beim Atomausstieg». Mit einer Medienkonferenz am Nachmittag in Bern wurde die Kampagne offiziell lanciert.

Bildschirmfoto 2016-10-18 um 12.36.57

Dass Greenpeace sich ihre Kampagne zunutze gemacht hat, nimmt man beim Komitee Ausstiegsinitiative Nein als «Kompliment». «Solche Aktionen sind ganz normal in der Kampagnenführung», sagt Kampagnenleiterin Laura Curau auf Anfrage von persoenlich.com.

Die Verantwortlichen wollten damit wohl davon ablenken, dass sie die Sicherstellung der Schweizer Stromversorgung durch die Initiative gefährden. Die aktuelle Situation mit dem Ausfall der zwei Kraftwerke zeige, dass die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen greifen. Dies Initiative würde die jetzige Ausnahmesituation zum Dauerzustand machen, so Curau.

Am 27. November stimmt das Volk über die Ausstiegsinitiative der Grünen ab.



Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Dieter Widmer, 19.10.2016 09:07 Uhr
    Ich finde jetzt keine grossen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Plakaten. Und wenn schon: Die Plakate von Greenpeace implizieren eher die Ängste und damit die Position der Initiativgegner. Schlechte Noten für Greenpeace.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240419

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.