25.10.2016

GfM-Marketingpreis 2016

«Ich habe das Winterfeeling im Blut»

Vor 20 Jahren fusionierte Reto Gurtner die Bergbahnen Crap Sogn Gion in Laax und mit den Bergbahnen Flims. Daraus entstand die Weisse Arena, das Mekka der Snowboard-Bewegung. Jetzt will Gurtner China erobern. Zuvor wurde er am Dienstagabend in Zürich mit dem GfM-Marketingpreis ausgezeichnet.
GfM-Marketingpreis 2016: «Ich habe das Winterfeeling im Blut»
«Für laax.com fand ich zu jener Zeit keinen Provider in der Schweiz», sagt Reto Gurtner. (Bild: Marc Wetli)
von Matthias Ackeret

Herr Gurtner, herzliche Gratulation zum diesjährigen GfM-Marketingpreis! Wenn man Ihre Wand betrachtet, sieht man, dass Sie schon einige Auszeichnungen gewonnen haben. Was bedeutet Ihnen diese?
Sehr viel. Jede Auszeichnung ist für mich ein Signal, dass unsere Arbeit geschätzt wird, aber auch dass unsere Mannschaft und unsere Stossrichtung stimmen. Es ist klar, dass man ein solches Projekt nicht allein durchziehen kann. Im Tourismus ist eine solche Fokussierung, wie wir sie zu erreichen versuchen, nicht ganz einfach.

Wie viele Leute beschäftigen Sie in der Weissen Arena?
Im Winter sind es bis zu 1000, im Sommer 350 bis 400. Gross geworden sind wir nur mit dem Wintergeschäft.

Die Weisse Arena wurde dreimal hintereinander als beste Skidestination der Schweiz ausgezeichnet. Was machen Sie besser als Ihre Mitbewerber, die auch nicht so schlecht sind?
Das stimmt. Vielleicht habe ich – historisch bedingt – das Winterfeeling mehr im Blut. Bevor ich mein Studium an der HSG in St. Gallen aufnahm, studierte ich in Kalifornien. Dies war Mitte der Siebzigerjahre – eine wilde und kreative Zeit. Damals kam gerade die Surf- und Skateboard-Bewegung auf. Was mir damals gefiel, war dieses Lebensgefühl, das Kalifornien verkörperte. Der dortige Lifestyle war überhaupt nicht mit demjenigen vergleichbar, den ich von Flims her kannte.

Inwiefern?
Die Kalifornier waren ganz und gar nicht aggressiv – im Gegensatz zu uns Berglern. Da gab es fast nach jedem Waldfest eine Schlägerei wegen einer Oberländer Brünette. Wir pflegten eine Art Fussballermentalität, die häufig aus Trinken und Hoppahoppa bestand. Die Surfergeneration war da anders: Bei ihr standen nicht Wettbewerb und Wettkampf im Vordergrund, sondern das Easy-going. Das prägte mich grundlegend. Bei uns heisst es immer: «Ja, aber...» Die Kalifornier sagen hingegen: «Why not?» Das ist ein grundlegender Unterschied. In den USA ist es normal, dass jeder erfolgreiche Geschäftsmann eine bis zwei Firmen in den Sand gesetzt hat. In der Schweiz ist dies undenkbar.

Sie messen sich heute nicht mehr mit den Schweizer Tourismusdestinationen, sondern mit ausländischen?
Seit der Einführung des Internets ist wirklich alles globalisierter geworden. Auch das Tourismusgeschäft. Wir eröffneten 1995 – also lange vor London – unser erstes Internetcafé. Sein Name: www.Café. Um die Leitungen zu finanzieren, musste man der damaligen PTT sehr viel Geld zahlen. Dieses konnten wir aber nicht von den Kids zurückverlangen, also haben wir ihnen den Internetzugang gratis angeboten. Aber dies gab uns die Glaubwürdigkeit, dass wir wirklich vorne mitmischten. Für die Internetadresse laax.com fand ich zu jener Zeit keinen Provider in der Schweiz, sodass die erste Laax-Domain in New York gehostet wurde. Es ist klar, dass ich bei den hiesigen Hoteliers dafür anfänglich nur Unverständnis erntete. Das Gleiche war der Fall, als wir die Beschneiungsanlagen bauten – damals verlegten wir gleichzeitig über neunzig Kilometer Glasfaserkabel am Berg.

Sie sind vor zwei Jahren in die Schlagzeilen geraten, weil Sie sich massiv gegen eine Asylunterkunft in Laax wehrten. Hat sich die Situation beruhigt?
Ja, die Situation hat sich beruhigt. Mich störte nur, dass der Kanton für die Unterbrin- gung der Flüchtlinge im Hotel Rustico das Doppelte des Marktpreises zahlte. Da kann kein Hotelier mithalten. Schweizweit kommt auf rund 300 Einwohner ein Asylbewerber. Wenn aber auf zwölf Einwohner ein Asylbewerber kommt, wie vom Kanton für Laax vorgeschlagen, ist das eindeutig zu viel. Dagegen habe ich mich gewehrt.

Für mich ist es auch eine Provokation für Flüchtlinge in wirtschaftlicher Not, wenn sie jeden Tag mit wohlhabenden Feriengästen in ihren Mercedes konfrontiert werden. Ich selbst beschäftige einige Asylbewerber und zahle ihnen, obwohl sie die Sprache nicht beherrschen, den gleichen Lohn wie einem Schweizer. Aber in den Medien wurde die ganze Geschichte hochgespielt, und meine Einwände wurden auch nicht ganz korrekt wiedergegeben. Aber damit muss man leben.


Reto Gurtner studierte Betriebswirtschaft und Jura. Er übernahm die Bergbahnen Crap Sogn Gion in Laax von seinem Vater und fusionierte sie 1996 mit den Bergbahnen Flims zur Weissen Arena Gruppe. Seitdem ist er auch Präsident des Verwaltungsrats. Reto Gurtner ist der Visionär und der Architekt der Weissen Arena Gruppe. 

*Das vollständige Interview lesen Sie in der November-Ausgabe von «persönlich».



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