06.04.2001

Knapp am Konkurs vorbei

Ganz bis zum Hals im Wasser steckt ISL Worldwide zwar noch nicht, aber nach einem Retter in letzter Not kann sich der Sport-Marketer schon mal umsehen.

Bei ISL Worldwide, dem Giganten unter den Sportmarketing-Firmen, der unter anderem auch Rechte an den nächsten beiden Fussball-Weltmeisterschaften hält, stehen alle Warnsignale seit dem 5. April auf rot. Gesucht wird dringend nach einem Partner, der mit einer Einlage einsteigt, um das ISL-Schiff über Wasser und flott zu halten. Laut Firmen-Statement ist es ISMM, der Muttergesellschaft von ISL mit Sitz in Zug, in letzter Minute gelungen, die Eröffnung des Konkursverfahrens durch eine Eingabe beim zuständigen Zuger Kantonalgericht für drei Monate aufzuschieben. Nach schweizerischem Recht muss ein in Zahlungsschwierigkeiten geratenes Unternehmen das Konkursverfahren immer dann eröffnen, wenn die Schulden das Firmenvermögen übersteigen. Es sei denn, Aufschub würde gewährt, was jetzt bei ISL der Fall ist. Dennoch spiegeln sich in den Gesichtern der Sportmarketing-Analysts tiefe Sorgenfalten, weil es schwer sein dürfte, einen Retter in letzter Not binnen so kurzer Zeit zu finden.

Einer, der es vielleicht hätte sein können, ist jedoch schon aus dem Blickwinkel verschwunden: Die Münchener Kirch Gruppe nämlich, die - ähnlich ISL - lukrative Rechte an den Fussball-Weltmeisterschaften 2002 (gleichzeitig in Japan und Südkorea) und 2006 (in Deutschland) ihr eigen nennt. Bei Kirch wurde aber schon laut, dass man keine Verknüpfungsabsichten Richtung Zug verfolgt. Ein weiterer potenzieller Werber um ISL als mögliche Braut, Interpublics Sportmarketing-Agentur Octagon, hat ebenfalls abgewunken - und zwar mit einem kategorischen Dementi: Es würde kein Angebot auf ISL abgegeben, so die unzweideutige Äusserung von der Seite. Bleibt als möglicher Spitzenreiter um ISL Worldwide - wenn es denn einen gibt - noch Vivendi Universal übrig, obwohl es von dem im voirgen Jahr neu entstanden multinationalen Media-Giganten bisher auch keine offizielle Bestätigung für bestehendes Interesse gegeben hat.

Bei ISL selbst gibt man inzwischen zu, dass das Unternehmen unter einer selbst initiierten, überaggressiven Expansionspolitik zu leiden hat, und dass man die Schwerpunkte neu auf die Kernbereiche Fussball und Leichtathletik ausrichten will. Die Beziehungen zu CART, dem amerikanischen Autorennsport-Verband, wurden bereits in diesem Februar gekappt, und den 1999 mit der ATP unterzeichneten Marketing-Vertrag für die Tennis Masters-Turniere möchte man auch vorzeitig, und zwar so bald wie möglich, beenden. Gleichzeitig will ISL die firmeneigenen kommerziellen Rechte an den brasilianischen Fussballclubs Flamengo und Gremio einer Neubewertung unterziehen. Ohne jeden Zweifel sind die Sponsoringrechte an den WM's 2002 und 2006 und an den kontinentalen Fussball-Meisterschaftsturnieren in Lateinamerika, Afrika und im asiatisch-pazifischen Raum die wertvollsten Deals im Sportrechte-Portfolio von ISL.



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