14.11.2017

Dominique von Matt

«Marketing und Innovation sind untrennbar verbunden»

Seit einem Jahr ist der bekannte Markenexperte Dominique von Matt Präsident der Gesellschaft für Marketing (GfM). Für ihn ist klar: Nicht nur die Welt ändert sich, auch das Marketing – und somit die GfM.
Dominique von Matt: «Marketing und Innovation sind untrennbar verbunden»
Dominique von Matt ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Jung von Matt/Limmat, zudem ist er Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe und Präsident der Gesellschaft für Marketing. (Bild: Daniel Gerber)
von Matthias Ackeret

Herr von Matt, Sie sind seit einem Jahr GfM-Präsident (persoenlich.com berichtete). Haben Sie diesen Schritt noch nicht bereut?
(lacht) Überhaupt nicht. Bei der GfM habe ich sofort erkannt, dass der Verband in allen Bereichen sehr gut aufgestellt ist. Die Basis für die Weiterentwicklung der GfM ist hervorragend. Wir haben 700 wirklich sehr loyale Mitglieder, daneben einen 20-köpfigen Vorstand, der sehr engagiert und inspirierend ist. Zudem haben wir einen sehr kompetenten Stiftungsrat, der jeweils den GfM-Preisträger bestimmt…

Bereits vor 15 Jahren waren Sie schon einmal Präsident eines Branchenverbandes, damals des BSW (heute Leading Swiss Agencies, LSA). Was sind die grössten Unterschiede?
Es gibt eine völlig andere Zusammensetzung als damals beim BSW. Wir vertreten mit der GfM nicht eine Branche, die sich ständig reibt und in einem permanenten Wettbewerb steht, wie die Kommunikationsbranche, sondern können uns ganz auf ein gemeinsames Ziel fokussieren: Wir wollen die marktorientierte Unternehmensführung in der Schweiz exzellent machen. Dabei brauchen wir keinen Interessenausgleich unter den Mitgliedern, können auf politisches Lobbying verzichten und unterstreichen unsere Unabhängigkeit, indem wir keine Sponsoren haben. Wir möchten mit unserer Tätigkeit letztlich einen Beitrag zum Wirtschaftsstandort Schweiz leisten. Wir verstehen uns als «honest broker» von Know-how, der den Schweizer CEO und CMO eine Orientierungshilfe in den Bereichen Marketing und Innovation anbietet.

Wie machen Sie dies konkret?
Wir verfolgen dabei vier Punkte: Wir generieren das Know-how durch unsere Unterstützung der Forschung, insbesondere beim Thema Customer-Insight. Wir kuratieren dieses, beispielsweise durch den Einsatz der entsprechenden Publikationen, und transferieren die gewonnenen Erkenntnisse und das Wissen, indem wir dieses über unsere Tagungen und Events an unsere Mitglieder weitergeben. 

Ist dies nicht gar theoretisch?
Überhaupt nicht. Da Coding bald so wichtig wie Englisch sein wird, werden wir beispielsweise im nächsten Jahr eine Coding-Academy ins Leben rufen. Man lernt dort kurz und kompakt, wie man eine Website programmiert. Der vierte Baustein – und der ist in der heutigen Zeit nicht zu unterschätzen – ist die verstärkte Interaktion unserer Mitglieder untereinander. Dies sind unsere grundsätzlichen Rollen. Im Vorstand haben wir jetzt eine Dreijahresstrategie beschlossen, mit der wir auf den Wandel des gesamten Wirtschaftsumfeldes und die Digitalisierung reagieren werden.

Das heisst?
Wir werden das Thema Innovation stärker gewichten, da wir festgestellt haben, dass der Begriff Marketing im Kontext der marktorientierten Unternehmensführung zu kurz greift. Marketing und Innovation sind mittlerweile untrennbar verbunden. Sehr viele Innovationen werden immer mehr zum Treiber von neuen Marketingkonzepten. So findet aufgrund der Digitalisierung eine verstärkte Verschmelzung der Distributions- und Kommunikationskanäle statt. Ich gehe davon aus, dass sich Sprachdialogsysteme wie Google Voice oder Amazon Echo schon in wenigen Jahren als neue Betriebssysteme etablieren werden. Bereits jetzt erfolgen in den USA 20 Prozent aller Google-Abfragen über dieses System. Dies ist bemerkenswert, da der Kunde in einen technischen Dialog mit dem Anbieter tritt und damit Conversational Marketing zu einer neuen und wichtigen Disziplin wird. Oder nehmen wir das Beispiel Blockchain. Investoren aus dem Silicon Valley, mit denen ich gesprochen habe, sehen den Durchbruch 2020, was bedeutet, dass die ganzen Zahlungs- und Austauschmechanismen direkter werden. Dies stellt eine grosse Herausforderung für die Banken und Kreditinstitute dar, aber auch für die Unternehmen, die ihre gesamten Zahlungsvorgänge neu abwickeln und organisieren müssen. Für die Konsumenten und Kunden hingegen könnte der ganze Zahlungsablauf viel einfacher werden. Jetzt geht es darum, die Chancen daraus für das Marketing zu erkennen und entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Aber glauben Sie persönlich an den Erfolg dieser beiden Systeme?
Ich glaube, dass sich sowohl Voice als auch Blockchain durchsetzen werden. Ob es dann aber wirklich so ist, kann ich auch nicht sagen. Für mich ist viel entscheidender, dass wir uns bereits heute damit auseinandersetzen und versuchen, auf die Lernkurve zu kommen, damit wir – sollte es losgehen – den Anschluss nicht verpassen. Stellt man als Verband die marktorientierte Unternehmensführung weiterhin in den Vordergrund, so ist es erste Pflicht, dass wir uns auch intensiv mit diesen Neuerungen auseinandersetzen.

Wie wollen Sie die GfM in den nächsten Jahren aufstellen? Wollen Sie neue Mitglieder aufnehmen?
Wir suchen proaktiv, aber selektiv neue Mitglieder. Proaktiv, indem wir selber auf mögliche Firmen zugehen, selektiv, indem wir dabei diejenigen Firmen auswählen, die auch für unsere Mitglieder interessant sind. Wir werden verstärkt CEO und CMO der nächsten Generation ansprechen. Dabei handelt es sich natürlich auch um Unternehmen aus der Digitalwirtschaft.


Das ausführliche Interview mit Dominique von Matt lesen Sie in der aktuellen «persönlich»-Ausgabe.

 



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