21.06.2000

Media Markt will die Nummer 1 im Schweizer Elektrogerätefachhandel werden

Guido Renggli, Geschäftsführer Schweiz der Media Markt Management und Service AG, zu seinen Plänen.

Herr Renggli, die Media Markt-Gruppe hat sich innerhalb von sechs Jahren im Schweizer Markt mit sage und schreibe elf Fachmärkten und knapp 600 Mio. Umsatz etabliert. Sie bestreiten heute fast 10 Prozent des gesamten Elektrogeräte-Marktes. Das Ziel einer flächendeckenden Marktbearbeitung in der Schweiz haben Sie nun mehr oder weniger erreicht. Welches sind die Ziele für die kommenden fünf Jahre?

Das Ziel für uns ist klar: Wir wollen die Nummer 1 in der Schweiz werden. Und wenn wir also heute 10 Prozent des Marktes bestreiten, dann bleibt uns noch ein theoretisches Potenzial von 90 Prozent. Unser Fachmärkte-Netz deckt die Schweiz zwar national ab, aber in grösseren Städten ist noch Potenzial vorhanden. Wir werden deshalb noch vier bis fünf Märkte eröffnen. Punkto Marktanteil werden wir in diesem Jahr nochmals zulegen, auch weil die Märkte Fribourg, Genf und St. Gallen erst im 4. Quartal des letzten Jahres eröffnet haben. Grundsätzlich wollen wir in allen Bereichen besser werden: Die Innovationen schneller anbieten, noch mehr Kunden in die Märkte bringen, noch attraktivere Preise bieten und noch besseren Kunden-Service leisten.

Wie wollen Sie die Kundenfrequenz erhöhen?

Das hängt vom Standort ab: Generell mit frequenzfördernden Promotionen. Dann organisieren wir aber auch spezielle Happenings wie beispielsweise in Kriens die Älpler-Kilbi. Das war ein Riesenerfolg. Geburtstagsfeierlichkeiten sind auch beliebte solche Anlässe. Wir hatten im letzten Jahr 7,2 Mio. Besucher. Im Schnitt war also jeder Schweizer einmal im Media Markt. Wir gehen davon aus, dass wir dieses Jahr 10 Millionen haben werden, infolge Neueröffnung von vier Märkten im letzten Jahr. Ziel ist aber, jeden Schweizer zweimal pro Jahr in den Media Markt zu bringen.

Der Werbeauftritt von Media Markt ist aggressiv: Knallrot die Farbe, knallhart auf der Schiene Preiskampf. Imagemässig positionieren Sie sich damit als dynamischer Anbieter mit breitem Angebot und attraktiven Preisen. Was ist Media Markt sonst noch? Wo stehen Sie punkto Service-Qualität?

Sie sagen es richtig: Knallrote Farbe und knallharter Auftritt. Das ist unsere Corporate Identity. Für die ganze Gruppe. Media Markt steht aber auch für Grundsätze wie "Kundenwünsche erfüllen", "die Mitarbeiter miteinbeziehen" und "faire Kooperation mit Partnern". In unserer Philosophie steht der Mensch im Mittelpunkt. Was die Service-Qualität betrifft, würde ich heute sagen: Wir sind gut, aber wir wollen noch besser werden. Bestimmt sind wir aber besser, als die meisten vermuten. Wir haben von anderen grossen Anbietern schon Briefe erhalten, in denen sie uns für die fachkompetente Beratung und Service-Qualität gratuliert haben.

Die Kerngruppe, die Sie primär ansprechen, sind das vor allem junge Leute?

Wir sprechen grundsätzlich alle Alterssegmente an. Mit einem Teil unserer Produkte, wie beispielsweise den Tonträgern, sicher primär die jungen, mit einem anderen, denken Sie an Waschmaschinen und Geschirrspüler, eher wieder die älteren. Dem tragen auch unsere Werbekanäle Rechnung: In der Tagespresse sprechen wir mehr oder weniger alle Altersgruppen an, mit den nationalen TV-Kampagnen, die wir im letzten Jahr gestartet haben, vor allem auch ältere Leute. Sehr jung kann der Hauptanteil unseres Publikums schon deshalb nicht sein, weil unsere Standorte immer an der Peripherie liegen, also nicht leicht ohne Auto zu erreichen sind.

Media Markt ist in neun Ländern Europas präsent und hat im Bereich Elektrogeräte bereits eine Spitzenstellung erreicht. Trotz Ihrer globalen Ausrichtung halten Sie sich aber erklärtermassen an das Prinzip "all business is local". Wie ist Ihre Gruppe organisiert und wie arbeiten Sie?

Der Erfolgsfaktor der Media Markt-Gruppe ist die Dezentralität. Jedes unserer neun Länder ist eigenverantwortlich. Und dieses Prinzip gilt auch innerhalb der Länder. Hier in der Schweiz gibt es die Landesgeschäftsführung – das sind wir hier in Geroldswil –, und es gibt die einzelnen Fachmärkte. Jeder Markt ist eine eigene Aktiengesellschaft, mit Beteiligung des Geschäftsführers. In der Landesgeschäftsführung haben wir zwei Funktionen: Einerseits die Landesleitung und andererseits die Dienstleistungsorganisation. Wir erbringen hier in Geroldswil also für sämtliche Märkte Dienstleistungen wie die Buchhaltung, die EDV-Organisation etc. Die einzelen Fachmärkte haben einen hohen Grad an Autonomie, was ihnen erlaubt, kurzfristig auf die Konkurrenz zu reagieren. Jeder Markt kauft selbst ein, gestaltet selbst seine Promotionen. Deshalb sind wir so schnell und so erfolgreich.

Wie weit geht denn dieser Freiraum punkto Sortiment und Preise?

Wir bestimmen hier in Geroldswil die Lieferanten, bei denen eingekauft wird. Finden die einzelen Märkte einen zusätzlichen Lieferanten, der für ihre Region gut wäre, beantragen sie bei uns, dass er zusätzlich gelistet wird. Sobald er gelistet ist, können sie bestellen. Zentral werden nur die Rahmenkonditionen mit den Lieferanten gemacht. Es gibt natürlich gruppenübergreifende Ziele, die für alle Märkte gelten. Entsprechend haben wir einen nationalen Auftritt und regionale Auftritte. Wenn wir national auftreten, dann werden auch die Preise in sämtlichen Märkten gleichgestellt, und der Werbeauftritt ist ebenfalls national. Gruppenübergreifende Dachkampagnen konzeptioniert die Zentrale, alles weitere erledigen die Fachmärkte. Die Geschäftsführer sind also alle Unternehmer mit eigenem Interesse am Erfolg...

... die gewissermassen den Spagat machen zwischen Eigenverantwortlichkeit und Integrationspflicht.

Gewiss ist das jeweils nicht ganz so einfach. Anfänglich hatten wir nur zwei Märkte. Da lief dies noch relativ komplikationslos. Inzwischen haben wir aber bereits elf Fachmärkte mit jeweils eigenen Vorstellungen. Da kann natürlich die Dezentralität nicht mehr im selben Ausmass gelebt werden. Und da unsere Geschäftsführer starke Persönlichkeiten sind, ist der Weg in der Tat manchmal nicht sehr einfach.

Welches ist Ihr persönlicher Führungsstil?

Mein Führungsstil ist – dem Dezentralitätsprinzip folgend – nicht autoritär, sondern partnerschaftlich. Ich will einbeziehen und überzeugen, ich will nicht einfach anordnen. Nur so kann man gemeinsam grosse Ziele erreichen. Natürlich geht das nicht ohne gewisse Anordnungen, ohne gewissen Durchsetzungswillen. Aber im Vordergrund steht das Miteinander.

Sie haben in den letzten zwei Jahren explosionsartig expandiert. Wie gehen Sie vor bei der Wahl neuer Standorte?

Wir starteten mit den beiden Zürcher Märkten, und dann verzögerten Standortwahlen und entsprechende Einsprachen die weitere Entwicklung über eine gewisse Zeit. Aber heute sind wir zufrieden mit unseren elf Fachmärkten. Potenzialsabklärungen werden entscheiden, wo noch weitere Märkte entstehen werden. Wir analysieren für alle Märkte, aus welchen Gebieten die Kunden stammen, wissen also auch, woher sie im Moment noch nicht stammen. Wir gehen dabei von einer maximalen Anfahrtsdauer von 25 Minuten aus. Wer weiter weg ist, den erreichen wir kaum mehr.

Ein Unternehmen wie Ihres, wo es immer um grosse Mengen geht, wo so schnell agiert und reagiert werden muss, ist mehr als andere auf präzise und schnell verfügbare Marktinformationen angewiesen. Wo setzen Sie Marktforschung ein?

Wir setzen in allen Bereichen Marktforschung ein, quantitativ wie auch qualitativ. Die quantitativen Informationen verschaffen uns die Markttransparenz. Wenn wir eine Umsatzentwicklung haben, die für uns eigentlich sehr erfreulich ist, Sie uns aber zeigen, dass der Markt noch mehr wächst, dann sehen wir, dass wir in Tat und Wahrheit verloren haben. Das hilft uns, die richtige Strategie zu fahren. Wir erheben für alle unsere Märkte einzeln die Marktkennziffern. Das liefert uns Benchmarks für die ganze Gruppe. Im qualitativen Bereich ist es für uns natürlich wichtig zu wissen, wie der Kunde die Leistungen von Media Markt beurteilt. Auch Bekanntheit und Sympathie-Werte wollen wir kennen. Besonders interessant ist unser Projekt mit Mistery-Shopping. Testkäufer gehen in alle Märkte und beurteilen dann Verfügbarkeit, Freundlichkeit und Kompetenz bei der Beratung. Marktforschung ist für uns ein wichtiges Instrument zur Unternehmensführung.

Wie erfolgt die Umsetzung von Marktwissen in Strategien?

Wir machen Workshops und bilden unsere Leute aus.

Wie fühlen Sie sich als deutsches Unternehmen im Schweizer Markt, wo jeder kleine Konkurrent um seine Existenz zittert, wenn er Ihre Schritte hört?

Wir fühlen uns überhaupt nicht als deutsches Unternehmen. Wir sind hier alle Schweizer, die Geschäftsführer wie die gesamte Landesleitung. Also sind wir ein Schweizer Unternehmen. Und ich fühle mich sehr gut. Ich bin überzeugt, wir tun auch dem Schweizer Markt gut, weil wir ihn beleben. Bei verschiedenen Produkten können wir die ganze Sortimentsbreite aufzeigen, was ein kleiner Fachhändler aus Kostengründen nicht kann. Davon profitieren alle. Der Fachhandel leidet nicht unter uns, wenn er differenziert auftritt und uns nicht zu kopieren versucht.



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