02.02.2017

Fake Traffic

Standards im Kampf gegen Ad Fraud gefordert

Klickbetrug ist ein ernstzunehmendes Problem. Da sind sich alle Beteiligten der Werbebranche einig – vom Auftraggeber über Agenturen bis zum Publisher. Wie aber kann Ad Fraud eliminiert oder zumindest eingeschränkt werden? Fünf Meinungen von Playern auf dem Schweizer Markt.
Fake Traffic: Standards im Kampf gegen Ad Fraud gefordert
Diskutierten über Ad Fraud (v.l.): Silvan Merki (PostFinance), Remo Baumeler (Audienzz), Moderatorin Vanessa Marr (Adello), Mark Forster (Adello), Lennart Hintz (Mediacom), Candid Wüest (Symantec) und Marc Sele (Wemf). (Bilder: Allan Schlundt Bodien)
von Christian Beck

Durch Klickbetrug – oder eben Ad Fraud – entsteht weltweit ein Schaden in Milliardenhöhe. Doch nicht alle haben Interesse daran, falschen Traffic einzudämmen, sagte Adello-CEO Mark Forster in einem persoenlich.com-Interview. In der Tat profitieren Mediaagenturen und Publisher von billigen Preisen für Fake Traffic. Den Werbeauftraggebern rät SWA-Direktor Roland Ehrler allerdings davon ab. «Das wäre Selbstbetrug», sagte Ehrler zu persoenlich.com.
 
Am Donnerstag lud Adello zum Seminar «Bot or Not» in den Impact Hub im Zürcher Kreis 5. Dort diskutierten Experten unter anderem über Ad Fraud. Einig waren sich alle: Ad Fraud ist ein Problem und muss bekämpft werden. Es braucht verlässliche Standards, an die sich alle halten können oder müssen. Unklar ist, wer diese Standards setzen sollte. Das Problem: In der Schweiz gibt es nur Empfehlungen, aber keine gesetzliche Grundlagen, damit Marktteilnehmer verpflichtet werden könnten, Ad Fraud aktiv zu bekämpfen.

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Eine Selbstverpflichtung im Kampf gegen Ad Fraud auferlegt hat sich Admeira, wie ebenfalls am Donnerstag bekannt wurde. Admeira hat als erster Schweizer Vermarkter den sogenannten Code of Conduct unterzeichnet (persoenlich.com berichtete). Was aber machen momentan andere Marktplayer gegen falschen Traffic? persoenlich.com hat fünf der «Bot or Not»-Podiumsteilnehmer befragt:
 
Silvan Merki, Leiter Marktkommunikation PostFinance

«Als Auftraggeber ist Ad Fraud eine ärgerliche Sache, welche die Wirkung und den Erfolg meiner Marketing- und Kommunikationsinvestitionen massiv vermindern kann. Wir verlangen von unseren Digital-Media-Partnern zu den Reports auch Angaben darüber, was sie unternehmen, um Ad Fraud im Rahmen der Kampagne zu verhindern oder vermindern. Erachten wir diese als ungenügend oder entdecken wir durch eigene Trackings Hinweise auf Fraud, verlangen wir gemäss den Vertragsklauseln Ersatz. Fraud muss von unseren Partnern zuallererst technisch bekämpft werden. Mit statistisch arbeitenden Filter- und Monitoring-Tools. Notwendig sind hierbei auch Verification- und Viewability-Lösungen. Sie sorgen dafür, dass Werbemittel nur auf Seiten ausgeliefert werden, die gewissen Vorgaben, wie den sichtbaren Bereich, entsprechen.»
 
Lennart Hintz, CEO Mediacom

«Ad Fraud reduziert potenziell die Wirkung von Online-Werbung. Für uns als Agentur geht es darum, die Qualität und Wirkung der Werbung unserer Kunden sicherzustellen. Wir analysieren dazu in erster Linie Ad Fraud und Sichtbarkeit (Viewability) der Werbemittel, aber auch weitere Kriterien wie die Anzahl der Werbemittel auf einer Website (Ad Clutter) sowie die Auslieferung an die geplante Zielgruppe (Target audience verification). Der beste Schutz besteht darin, die neueste Technologie einzusetzen und die Kampagnen aktiv zu beobachten. Dann wird es möglich sein, den Anteil Ad Fraud auf einem sehr geringen Level zu halten. Wir sehen hier sowohl uns als Mediaagentur als auch die Publisher in der Pflicht, Fraud zu bekämpfen, um die optimale Werbewirkung sicherzustellen.»
 
Remo Baumeler, Managing Director Audienzz

«Als Vermarkter setzen wir verschiedene Tools ein, um Ad Fraud zu minimieren. Aktuell weisen wir auf unseren eigenen Sites einen vernachlässigbaren Bot-Traffic von unter 0,1 Prozent aus. Im letzten Jahr haben wir uns am Startup Zulu5 beteiligt, welches eine einzigartige Technologie zur Aufdeckung von Ad Fraud und Brand Exposure entwickelt hat. Aus der heutigen Sicht kann ich mir nicht vorstellen, dass Ad Fraud ganz eliminiert werden kann, dafür ist diese Betrugsart zu lukrativ und zu vielfältig. In einzelnen, vor allem kleinen Märkten wie der Schweiz kann das Ad-Fraud-Problem durch eine gezielte Auswahl der gebuchten Websites und einer regelmässigen Zertifizierung der wichtigsten Anbieter auf ein überschaubares Risiko minimiert werden.»
 
Candid Wüest, Internetsicherheitsexperte Symantec

«Zum Glück steigt das Bewusstsein der Werbebranche, aber es muss noch einiges getan werden. Viele Firmen sind derzeit leider noch nicht in der Lage, Kunden von Bots zu unterscheiden. Als Sicherheitssoftware-Firma schützen wir die Endgeräte vor bösartigem Schadcode und überwachen den Netzwerkverkehr auf verdächtiges Verhalten. Dies ermöglicht uns, Ad Fraud auf verschiedenen Ebenen zu blockieren. Zusätzlich unterstützen wir Werbepublisher mit Tipps und technischen Analysen gegen Ad Fraud und Malvertising. Leider wird es nie möglich sein, Ad Fraud komplett zu eliminieren, da es sehr schwer sein kann, automatisches Verhalten zu erkennen. Aber man kann es den Cyberkriminellen schwerer machen und deren Profite – und somit die Motivation – deutlich schmälern.»
 
Marc Sele, Product Manager Statistics Wemf

«Ad Fraud ist aktuell ein ernstzunehmendes Problem. Ad Fraud wird wahrscheinlich nie ganz eliminiert werden können. Dennoch sollte es durch den Einsatz von Fraud-Detection-Tools sowie durch die konsequente Verpflichtung aller Marktplayer zur Einhaltung von Good-practice-Prinzipien möglich sein, den Umfang von betrügerisch induziertem Traffic massgeblich zu reduzieren.»

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