25.04.2018

Publicitas in Schwierigkeiten

Tamedia beendet die Zusammenarbeit

Grosser Knall in der Werbebranche: Wegen «zunehmender Zahlungsausstände» arbeitet Tamedia per sofort nicht mehr mit Publicitas zusammen. Nun streiten sich die beiden Firmen darüber, auf welches Konto die Werbeauftraggeber das Geld überweisen sollen.
Publicitas in Schwierigkeiten: Tamedia beendet die Zusammenarbeit
Das Publicitas-Logo in Lausanne. (Keystone/Laurent Gillieron)
von Edith Hollenstein

Knall in der Werbebranche: Die Schweizer Mediengruppe Tamedia hat die Zusammenarbeit mit dem Werbevermittler Publicitas wegen «zunehmender Zahlungsausstände» per sofort beendet. Diese Entwicklung kam für die angeschlagene Publicitas «überraschend».

«Eine lange Reihe verpasster Zahlungsfristen und nicht eingehaltener Zusicherungen sowie die in den letzten zwölf Monaten aufgelaufenen Zahlungsausstände lassen uns keine andere Wahl», wird
Marcel Kohler, Leiter Werbung und Pendlermedien von Tamedia, in einer Mitteilung vom Mittwoch zitiert.

Gespräche über Auffanggesellschaft

Tamedia wird nun sämtliche Werbekunden, die in den letzten Wochen Werbung über Publicitas gebucht haben, entsprechend informieren. Der Verlag betont, er sei daran interessiert, die betroffenen Kunden gemeinsam mit anderen Schweizer Medienhäusern bestmöglich zu unterstützen. Momentan würden Gespräche geführt, ob und in welcher Form gemeinsame Lösungen möglich seien.

Mögliche Zahlungsausstände der Vermarkterin waren bereits Anfang August ein Thema. Solche hätten Tamedia dazu bewogen, das Projekt einer Auffanggesellschaft für die Publicitas zu gründen, (persoenlich.com berichtete). Nebst Tamedia sollen auch die NZZ-Gruppe, die AZ-Medien sowie verschiedene Tessiner Verleger daran beteiligt sein. Wie Christoph Zimmer damals bestätigte, laufen seit Anfang 2017 Gespräche dazu. Zum aktuellen Stand gibt er am Mittwoch wenig Preis: «Wir führen die Gespräche weiter, mehr kann ich dazu leider im Moment noch nicht sagen», so Zimmer gegenüber persoenlich.com.

«Transparenz schaffen»

Warum aber griff Tamedia zu solch ungewöhnlich drastischen Massnahmen? «Wir mussten alle Kunden informieren, die in den letzten Wochen oder Monaten über Publicitas gebucht haben oder deren Aufträge noch offen sind. Da es sich dabei um eine grosse Anzahl einzelner Kunden handelt, wäre die Nachricht innert kürzester Zeit sowieso öffentlich geworden. Es schien uns deshalb im Sinne der Transparenz und Fairness richtig, auch die Öffentlichkeit zu informieren», begründet Zimmer das Vorgehen auf Anfrage von persoenlich.com.

Publicitas arbeitet an Sanierungskonzept

Publicitas leidet wie die Verlage unter dem markanten Rückgang der Zeitungswerbung. Das Unternehmen schrieb schon mehrfach rote Zahlen. Seit einigen Wochen arbeite man an einem Sanierungskonzept zur mittelfristigen Stabilisierung der Publicitas AG teilte diese am Mittwoch mit.

Einen wesentlichen Teil des Konzeptes bilde das Bekenntnis der grossen Verlage, die Zusammenarbeit unter revidierten Bedingungen weiterzuführen. Tamedia habe sich zum «grossen Bedauern» gegen eine weitere Zusammenarbeit und Stützung der Publicitas entschieden und mit sofortiger Wirkung den Vertrag gekündigt. Die anderen grossen Verlagshäuser hätten Interesse an einer Lösung mündlich signalisiert, heisst es weiter.

Kontroverse um Zahlungen

Die Aufforderung von Tamedia, Zahlungen für über Publicitas gebuchte Werbung nur noch direkt an Tamedia zu leisten, erachtet Publicitas bei Sammelrechnungen «als nicht sinnvoll» und bittet, das Geld wie gewohnt an die Publicitas zu überweisen.

Publicitas separiere die Tamedia-Beträge und überweise sie vereinbarungsgemäss auf ein Tamedia-Konto. So könne der Überblick gewahrt werden und kein Geld anderer Verlage an Tamedia fliessen.

Rechtliche Schritte

Nach der Aufforderung von Publicitas, weiter an sie zu bezahlen, kündigte Tamedia am Mittwochabend postwendend an, rechtliche Schritte aufgrund von «Vertragsverletzung seitens von Publicitas» zu prüfen. Publicitas habe bereits 2016 sämtliche Forderungen gegenüber ihren Kunden für Leistungen in Tamedia-Medien an das Medienhaus abgetreten, sagte Tamedia-Sprecher Zimmer.

Wenn Kunden weiterhin Rechnungen an Publicitas zahlen würden, riskierten sie eine Doppelzahlung. Die Aufforderung von Publicitas, weiterhin an sie zu zahlen, entbehre jeder rechtlichen Grundlage und stelle eine bewusste Irreführung der Kunden zum Schaden der Kunden und von Tamedia dar. Zimmer betont: «Publicitas-Kunden sollen die Rechnungen für Werbung von Tamedia ab heute nicht mehr an Publicitas sondern an Tamedia bezahlen».

*Der Text basiert auf Material der SDA



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