02.11.2011

"Charlie Hebdo"

Anschlag auf französische Satirezeitung

Hat sich in "Scharia Hebdo" umbenannt.

Unbekannte haben am Mittwoch einen Brandanschlag auf die Redaktionsräume des französischen Wochenblattes "Charlie Hebdo" verübt. Die Satire-Zeitschrift brachte am gleichen Tag ein Sonderheft zum Wahlerfolg der Islamisten in Tunesien heraus. Aus diesem Anlass hatte die Zeitschrift scherzhaft den Propheten Mohammed zu ihrem "Chefredaktor" ernannt und sich in "Scharia Hebdo" ("Charia Hebdo") umbenannt. Auf der Titelseite war eine Mohammed-Karikatur zu sehen mit der Äusserung: "Hundert Peitschenhiebe, wenn Sie sich nicht totlachen."

Nach ersten Erkenntnissen hatten zwei oder drei Unbekannte ein Fenster zertrümmert und einen Brandsatz in die im Parterre gelegenen Redaktionsräume geworfen. Nach Angaben der Polizei löste der Brandsatz in der Nacht gegen ein Uhr ein Feuer aus. Verletzt wurde niemand. Der Anschlag richtete aber beträchtlichen Schaden an. "Alles ist zerstört", sagte der Kolumnist Patrick Pelloux. Ebenso wie der Chefredaktor mit dem Künstlernamen Charb sah Pelloux eine direkte Verbindung zwischen dem Anschlag und der neuesten Ausgabe.

Der Chefredaktor der Satire-Zeitschrift hatte im Fernsehsender BFM-TV bestätigt, Drohmails erhalten zu haben. Über soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook habe die Redaktion bereits im Vorfeld Drohnachrichten und Beleidigungen erhalten. Zugleich betonte der Chefredaktor aber, dass niemand das Scharia-Sonderheft vor dem Brandanschlag gelesen haben konnte, da es erst Stunden später an die Kioske kam. Lediglich die Titelseite war am Vorabend online im Internet sichtbar.

Am Morgen hatten Unbekannte vorübergehend auch den Internetauftritt der Zeitung manipuliert. Statt der Titelseite der Ausgabe war dort einige Stunden lang ein Bild der Moschee im saudiarabischen Pilgerort Mekka zu sehen. Dabei stand: "Es gibt keinen Gott ausser Allah."

Welle der Solidarität

Französische Politiker vom linken wie dem rechten Spektrum verurteilten die Brandstiftung als Anschlag gegen das demokratische Grundrecht der Meinungsfreiheit. Premierminister François Fillon forderte, die Tat schnell aufzuklären und die Täter vor Gericht zu bringen. Innenminister Claude Guéant sprach bei einem Besuch vor Ort von einem gezielten Anschlag, dessen Urheberschaft noch offen sei. Allerdings gebe es zahlreiche Drohungen aus dem radikal-islamischen Umfeld.

Auch der Vorsitzende des muslimischen Dachverbandes CFCM, Mohammed Moussaoui, verurteilte die Brandstiftung. Die Titelseite des Blattes sei weniger "gewaltsam" ausgefallen, als die 2006 veröffentlichten Karikaturen. Die Wochenzeitung hatte sich bereits damals mit der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen Kritik zugezogen. Im Islam ist die Verbildlichung des Propheten verboten. (sda/afp/dpa/dapd)



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