19.03.2019

CH Media

«Der Grund sind die sinkenden Inserateerträge»

«Zentralschweiz am Sonntag» und «Ostschweiz am Sonntag» werden eingestellt. Die Ausweitung der «Schweiz am Wochenende» sei für Werbetreibende sehr interessant, sagt Jürg Weber, stv. CEO bei CH Media. Zudem spricht er über Kündigungen und Layoutanpassungen.
CH Media: «Der Grund sind die sinkenden Inserateerträge»
Jürg Weber ist stellvertretender CEO von CH Media. (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Herr Weber, warum ist aus Sicht der Zeitungsmacher «der Samstag der bessere Sonntag»?
Das Gute am Samstag ist, dass er früher kommt als der Sonntag. Das heisst, wir müssen mit Neuigkeiten und unseren Recherchen, die oftmals ja schon heute bereits am Freitag vorliegen, nicht bis am Sonntag zuwarten, sondern können sie bereits am Samstag veröffentlichen. Für uns hat er zudem den Vorteil, dass am Samstag die Zeitungszustellung günstiger ist. Man muss aber ehrlicherweise sagen: Wir stellen die «Zentralschweiz am Sonntag» wegen der sinkenden Inserateerträge, also aus wirtschaftlichen Gründen, ein – und nicht, weil wir jetzt plötzlich den Samstag entdeckt haben.

Erhalten nach dem Aus der «Zentralschweiz am Sonntag» die «Luzerner Zeitung»-Abonnenten am Samstag zwei Zeitungen?
Nein. Die Samstagsausgabe der «Luzerner Zeitung» und ihrer Regionalausgaben wird ab Juli in die «Schweiz am Wochenende» integriert. Die Leserinnen und Leser erhalten damit mehr Inhalt in den ersten beiden Bünden. Neu hinzu kommt ein dritter Bund, der sich ganz den schönen Dingen des Lebens widmet. Insgesamt erhalten unsere Leserinnen und Leser damit eine starke Zeitung mit viel Wochenend-Gefühl. Dass ein solches Produkt ankommt, zeigen die Reaktionen auf die «Schweiz am Wochenende» im Verteilungsgebiet der ehemaligen AZ Medien. Daran wollen wir anknüpfen.

Und beim «St. Galler Tagblatt» machen Sie das auch so?
Ja, auch hier erhalten die Abonnentinnen und Abonnenten mit der «Schweiz am Wochenende» ein stark ausgebautes Samstagsblatt: Mit mehr Hintergründen, Analysen, Nachrichtengeschichten und Lesestücken für das ganze Wochenende. Wobei in der Ostschweiz natürlich auch ganz viel Ostschweiz in der «Schweiz am Wochenende» steckt. Und in der Zentralschweiz ganz viel Zentralschweiz.

«Das Double-Branding hilft den Lesern bei der Orientierung»

Wie heissen diese beiden Samstagsausgaben?
Im Grunde sind es mehr als zwei. Wir belassen nämlich jeweils die Haupttitel der Werktagsausgaben und ergänzen diese mit «Schweiz am Wochenende». Also zum Beispiel «St. Galler Tagblatt / Schweiz am Wochenende», «Thurgauer Zeitung / Schweiz am Wochenende» oder «Luzerner Zeitung / Schweiz am Wochenende». Und so weiter.

Es handelt sich also eigentlich einfach um ausführliche Samstagsausgaben vom «Tagblatt» und der «Luzerner Zeitung». Warum braucht es denn den Zusatz «Schweiz am Wochenende» überhaupt?
Wir haben uns für ein Double-Branding entschieden, denn es hilft den Leserinnen und Lesern bei der Orientierung. Sie sollen ihre Zeitung wiedererkennen – und gleichzeitig merken, dass wir ihnen am Samstag nun viel mehr bieten als zuvor. Zudem wird die «Schweiz am Wochenende» so zur grössten Wochenendzeitung der Schweiz. Das ist vor allem für Werbetreibende sehr interessant. Die «Schweiz am Wochenende», sprich die Wochenendausgaben unserer CH-Media-Zeitungen, erreicht eine Auflage von über 350'000 Exemplaren.

Und irgendwann verschwindet dann die Marke «Schweiz am Wochenende»?
(lacht) Das ist nicht die Idee. Das Double-Branding soll Bestand haben. Wie gesagt: Wir schaffen damit die auflagenstärkste Publikation am Wochenende. So etwas lässt man nicht wieder verschwinden.

«Regionaler und lokaler Journalismus ist unser USP»

Sprechen wir nochmals über diesen dritten Bund: Ist dieser in der Ost- und Zentralschweiz identisch zu dem im Mittelland?
Ja. Der dritte Bund ist in allen Regionen praktisch identisch. Es geht darin um Themen, die nicht regional sind: Reisen, Kulinarik, gesellschaftliche Themen, Technik, Wissen, Mode und dergleichen. Das sind Themen, die man in der ganzen Deutschschweiz gleich anpacken kann. Das Gleiche gilt für die Kerninhalte der überregionalen Ressorts: Inland, Ausland, Teile von Kultur und Sport. Aber die «Schweiz am Wochenende» wird auch viel regionalen Stoff enthalten. Schliesslich ist der regionale und lokale Journalismus unser USP. Da sind wir ganz nahe bei den Leserinnen und Lesern.

Ist zudem eine Layout-Anpassung geplant?
Ja, wir werden die Layouts aller Zeitungen überarbeiten und diese untereinander angleichen. So können wir effizienter produzieren. Der dritte Samstagsbund soll sich in punkto Layout abheben, sodass er beim Leser ein Wochenendgefühl erzeugt. 

Sie schreiben in der Mitteilung, es würden durch die Einstellung der beiden Sonntagszeitungen zehn Vollzeitstellen wegfallen. Kommen weitere in der Produktion oder im Vertrieb dazu?
Wir gehen von zehn Vollzeitstellen aus, das betrifft vor allem Mitarbeitende in den Redaktionen. Für den Vertrieb können wir nicht sprechen.

Wie viele Kündigungen müssen Sie aussprechen?
Weniger als zehn. Wir können viel mit natürlicher Fluktuation, Pensionierungen und internen Verschiebungen auffangen. Aber leider wird es auch Kündigungen geben.

Warum haben Sie sich für eine Zusammenarbeit mit der «Schweiz am Wochenende» entschieden, und nicht etwa mit der «NZZ am Sonntag»?
Das liegt doch auf der Hand: Die «Schweiz am Wochenende» ist Bestandteil von CH Media. Die «NZZ am Sonntag» hingegen gehört zur NZZ-Gruppe. Der Mantelteil des «St. Galler Tagblatts», der «Luzerner Zeitung» und der Nordwestschweizer Titel stammen ja jetzt schon zu einem grossen Teil aus einer gemeinsamen Mantelredaktion. Da ist es sinnvoll, den Mantel auch am Samstag aus einem Guss zu machen.

«Das Abo wird bald deutlich mehr als 500 Franken kosten»

Wie, denken Sie, werden die Abonnenten reagieren? Sie erhalten nun ja weniger Zeitung für ihr bereits bezahltes Geld.
Die Leserinnen und Leser in der Zentralschweiz werden keine Freude haben, das ist uns bewusst. Die «Zentralschweiz am Sonntag» wurde vor zehn Jahren lanciert und ist im Lesermarkt sehr gut etabliert. Insofern ist es schmerzlich, dass wir das Produkt – immerhin die letzte regionale Sonntagszeitung der Schweiz – nun vom Markt nehmen müssen. In der Ostschweiz haben wir die Einstellung der Printausgabe bereits vor mehr als einem Jahr vollzogen, was natürlich für die Leserinnen und Leser auch nicht erfreulich war. Die Einstellung des E-Papers in der Ostschweiz wird nun aber weniger hohe Wellen werfen. Die Entschädigung der Abonnentinnen und Abonnenten der «Zentralschweiz am Sonntag» werden wir gleich handhaben wie damals: Sie erhalten die Anzahl ausfallender Sonntagsausgaben als Tagesausgaben gutgeschrieben. Und wir bieten ihnen ja zudem am Samstag mehr. Wir sind überzeugt, dass sich die «Schweiz am Wochenende» bald einen Platz am Frühstückstisch unserer Abonnentinnen und Abonnenten erobern wird.

Momentan kostet das «Tagblatt» im Jahr 488 Franken und günstiger wird es sicher nicht. Mit welchem Abopreis rechnen Sie für 2021?
Man kann da ganz offen sagen: Es wird teurer. Angesichts stark sinkender Inserate-Erträge werden wir die Abopreise erhöhen müssen. Recherchieren, Schreiben, Gestalten, Drucken, Verteilen – eine Zeitung ist ein personal- und kostenintensives Unterfangen. Ich gehe davon aus, dass das Jahresabo bald deutlich mehr als 500 Franken kosten wird. Das ist jedoch vergleichsweise immer noch günstig: Parkieren ist manchenorts teurer, nur schon für eine Stunde zahlt man mehr als für eine abonnierte Tageszeitung. Ich finde, dass guter Journalismus wertvoll ist. Folglich darf er auch einen Preis haben.



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Kommentare

  • Chrigel Neff, 20.03.2019 10:39 Uhr
    Solange sich bspw. das Tagblatt erniedrigt, nicht souverän, sondern beleidigend politische Gegner (der Journalisten) zu denunzieren und lächerlich machen zu wollen, werden weder die Leserzahlen noch die Inserate erholen (gerade KMU sind die meisten Inserateschalter und keine Freunde der politischen Ausrichtung der TB-Journalisten). Sprich: Tagblatt ist jetzt schon provinzial, wenn überhaupt. Da rettet auch kein Samstagsblatt.
  • Robert Weingart, 20.03.2019 09:38 Uhr
    Dieses Ende war absehbar, trotzdem ein herber Verlust für die Zeitungslandschaft in der Schweiz. Das Boulevardblatt SaW soll die doch handwerklich sehr gut gemachten Sonntagszeitungen also ersetzen. Für die Leser sicherlich kein Mehrwert, mit seichtem Geschreibsel aus dem boulevardaffinen AZ-"Stall" versorgt zu werden.
  • anton fischer, 20.03.2019 07:41 Uhr
    Ein Trauerspiel Die Argumentation basiert nur auf die Eigeninteressen der Zeitung. Der Kunde und dessen Interesse werden nicht berücksichtig. Ich habe für ein Abo inkl. der Sonntagsausgabe gelöst und bezahlt und nun werde ich künftig ein reduziertes Leistungsangebot erhalten. Ich will nicht alle Nachteile des Wegfalls der Sonntagsausgabe aufführen. Erhalte ich nun einen markanten Kostenanteil des bezahlten Abos zurück??? Gruss A. Fischer
  • Sebastian Renold, 19.03.2019 12:36 Uhr
    "Der dritte Samstagsbund soll sich in punkto Layout abheben, sodass er beim Leser ein Wochenendgefühl erzeugt." (J. Weber) - Das höchste aller Gefühle - made by CH-Media?
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