13.02.2018

Republik

Drei Abonnenten machen Blattkritik

Die Erwartungen an das neue Onlinemagazin waren hoch. Wurden sie nach dem ersten Monat erfüllt? persoenlich.com hat bei Vinzenz Wyss, Hansi Voigt und David Schärer nachgefragt. Lob und Tadel von den «Verlegern» der ersten Stunde.
Republik: Drei Abonnenten machen Blattkritik
Die «Republik» hat sich eine To-do-Liste angelegt. (Bild: Laurent Burst/Republik)
von Christian Beck

Vor einem Monat – am Sonntag, 14. Januar – ist das lange angekündigte Onlinemagazin «Republik» an den Start gegangen (persoenlich.com berichtete). Die Erwartungen der Abonnenten – oder «Verleger», wie sie von den Machern genannt werden – waren gross. Schliesslich bezahlten sie bereits im Voraus 240 Franken für das Jahresabo, ohne zu wissen, was sie erwartet.

Wurden die Erwartungen erfüllt? Was ist gut? Und was weniger? Welche Artikel sind aufgefallen? Und was kann verbessert werden? Das wollte persoenlich.com von Verlegern der ersten Stunde wissen.


Vinzenz Wyss, ZHAW-Medienprofessor

VinzenzWyss

«Mein Sympathiebonus gegenüber dem unabhängigen Onlinemagazin bleibt bestehen, weil mein Eindruck bestätigt wird, dass hier ein äusserst engagiertes Team mit Herzblut unterwegs ist. Ich habe nie ein Wunder erwartet und kann deshalb sagen, dass meine Erwartungen in inhaltlicher Hinsicht erfüllt bleiben. Formal liegt meines Erachtens noch mehr Innovation drin. Gut ist, dass man den Texten anmerkt, dass sie ausschliesslich das Ergebnis journalistischer Verve sind; entfesselt von ökonomischen Zwängen. Mit grosser Lust habe ich ‹Eine kurze Geschichte des Lasters› verschlungen. Als Medienexperte habe ich es zudem geschätzt, wie die Republik mit ‹Sabotage am Förderband der Realität› einen ganz eigenen Zugang zur Tragödie SDA gefunden hat. Weniger gut finde ich – und ich sage es ungern – die Länge. Und der enttäuschte naive Wunsch nach Ordnung.»



Hansi Voigt, «Watson»-Mitgründer

HansiVoigt

«Das Ding sieht schön aus und hält, was es versprochen hat. Was es versprochen hat? Sehr lange, zeitlose, gut geschriebene Texte. Ja. Texte. Texte, Texte. Die ‹Republik›-Artikel landen mit ganz vielen anderen erstklassigen Artikeln aus aller Welt meistens auf meiner To-Read-Liste beziehungsweise den Bookmarks. Must Reads sind und bleiben der Binswanger und Marc Dittli. Die halten sich auch einigermassen knapp. Adrienne Fichter ist ebenfalls top und jede Stunde wert. Für andere Artikel fehlt mir bis jetzt die Zeit und für Making-of-Recherche-Podcasts zu diesem frühen Zeitpunkt das Verständnis. Aber das mit der Länge und der Demut vor dem Zeitbudget der Leser wird sich regeln. Wenn ich mir etwas für die Zukunft der ‹Republik› wünschen könnte, wäre es das: Das Legen des Schwerpunkts auf die eine umfassende Debatte. Die interessiert mich mehr, als fast alle Artikel. Und dann hätte ich als Verleger noch gerne eine Zusatzwoche Ferien über Weihnachten, damit ich den Text vom Consti nachlesen kann. Ich hab schliesslich bezahlt!»



David Schärer, Mitinhaber der Agentur Rod

DavidSchaerer

«Das Layout, die Typografie und das Bildkonzept überzeugen sehr, und einzelne Beiträge sind glänzend geschrieben. Die Textformate sind abwechslungsreich und oft sehr überraschend. Das Bildkonzept ist einzigartig. Die ‹Republik› hat jetzt schon eine starke Identität aufgebaut. Gefallen hat mir die USA-Reportage – etwas Vergleichbares habe ich bis jetzt noch nicht gelesen. Die Berichterstattung zum World Economic Forum unter dem Titel ‹Globi am WEF› in Reimform zu schreiben, ist ein grandioser Einfall. Bis jetzt erinnert die ‹Republik› streckenweise an das Magazin ‹Reportagen› – ich wünsche mir mehr Einordnung auf den grossen Schlachtfeldern der schweizerischen und europäischen Politik. Ich erwarte, dass hier jeweils der unverzichtbare Artikel geliefert wird.»


persoenlich.com hat mehrere Verlegerinnen und Verleger um eine Stellungnahme gebeten. Einige waren krank oder in den Ferien. Die meisten reagierten jedoch gar nicht. Vielleicht haben sie die Anfrage gar nicht gelesen, weil sie durch die langen Texte der «Republik» absorbiert waren?

Texte sollen kürzer werden

Auch die «Republik» selber hat am Montag selbstkritisch auf den ersten Monat zurückgeschaut. Und gesteht: «Teils waren die Startartikel so ausschweifend, dass man allen, die sie beendeten, eine Medaille hätte verleihen müssen.» Die Längen sollen nun geändert werden. «Wir sollten nicht jeden Morgen bis zu drei Artikel bringen, die das Frühstück zum Mittagessen machen», heisst es in einem Artikel an die Verleger. Auch bei der Schwere sei übertrieben worden und «die Welt ein wenig oft in aller Breite erklärt».

Die «Republik», die im ersten Monat 3000 neue Abonnenten hinzugewonnen hat, will auch sonst noch einiges ändern. So will das Magazin aktueller werden, die Journalisten wollen vermehrt rausgehen. Zusätzlich sollen regelmässig Podcasts erscheinen. Geplant sind im Laufe des Jahres Experimente mit Videos und eine App.

 



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