15.09.2016

Ringier

«Es wird keinen Beitritt mehr geben»

Der Verband Schweizer Medien ist in der Krise. Dass der VSM nun aber die Schuld an der Misere Ringier zuschiebt, lässt Ringier-Lobbyistin Verena Vonarburg nicht auf sich sitzen. Sie kritisiert den Verband scharf – unter anderem für seinen Austritt aus dem Presserat.
Ringier: «Es wird keinen Beitritt mehr geben»
Bis zum Streit im August 2015 war sie Geschäftsführerin des VSM: Verena Vonarburg (Bild: Ringier)
von Edith Hollenstein

Frau Vonarburg, nächste Woche findet der Verlegerkongress, respektive neu das SwissMediaForum in Luzern statt. Werden Sie teilnehmen?
Ja natürlich, ich werde mit dabei sein. Ringier war treibende Kraft hinter der Fusion des Medienkongresses der Verleger und dem SwissMediaForum, und unser CEO Marc Walder ist ja auch im Verwaltungsrat des Forums.

Und andere Kaderleute aus dem Hause Ringier?
Es werden einige mit dabei sein, auf jeden Fall. Marc Walder ist am Donnerstagnachmittag mit auf einem Podium.

Der Verlegerverband ist in Schwierigkeiten. Der voraussichtliche neue Präsident Pietro Supino möchte daher Ringier nach dem Eklat im letzten Herbst zur Rückkehr in den VSM bewegen. Unter welchen Bedingungen würde Ringier wieder beitreten?
Ringier ist an allem interessiert, was den Standort Schweiz und besonders natürlich den Medienplatz Schweiz stärkt. Ich bedaure, dass die Medienbranche nicht mehr mit einer Stimme spricht. Aber ein Verband, der immer häufiger konfrontativ unterwegs ist, der reflexartig Neues bekämpft, der einerseits vom Staat für die Postzustellung Unterstützung verlangt und aus dem Gebührentopf noch so gerne Millionen fordert, andererseits aber die staatliche Swisscom in der unternehmerischen Freiheit einschränken will und die SRG als Feind sieht, der bringt die Medienszene nicht weiter. Ein zeitgemässer Medienverband müsste die innovationsfreudigen, aufgeschlossenen Player zusammenbringen und einen Präsidenten haben, der integriert und nicht polarisiert.

Von Pietro Supino sind Sie sich anderes gewohnt.
Herr Supino macht mit seinem Haus Tamedia einen hervorragenden Job und er ist im Verband ausserordentlich engagiert. Als Präsident wird er andere Fähigkeiten beweisen müssen, nämlich die verschiedenen Interessen von grossen und kleinen Verlegern unter einen Hut zu bringen und vermittelnd zwischen Konkurrenten zu wirken.

Was heisst das nun: Mit wie hoher Wahrscheinlichkeit wird Ringier dem Verband wieder beitreten im nächsten Jahr?
Das ist kein Thema – es wird keinen Beitritt mehr geben.

Was fehlt Ringier ohne VSM, respektive plant das Unternehmen einen neuen Medienverband?
Mir persönlich gefällt die Arbeit für Ringier ausgezeichnet. Politisch suchen wir je nach Themengebiet Allianzen, wir engagieren uns für optimale Rahmenbedingungen in allen digitalen Belangen. Diese Arbeit ist faszinierend, extrem wichtig und macht grossen Spass. Und sie geht weit über die Medienbranche hinaus. So hat Ringier-CEO Marc Walder bekanntlich die Standort-Initiative DigitalZurich 2025 gegründet.

Zurück zum Verband Schweizer Medien: Er streicht dem Presserat die Beiträge. Was sagen Sie als ehemalige VSM-Geschäftsführerin dazu?
Das ist in einer schwierigen Zeit für die Medien ein sehr schlechtes Signal. Wenn die Selbstregulierung geschwächt wird, droht die Fremdregulierung. In einer Zeit, in der das Wort «Lügenpresse» salonfähig ist, sollten Institutionen, die die journalistische Ethik hochhalten, nicht von den Verlegern geschwächt werden. Die Branche wehrt sich zu Recht gegen mehr staatliche Kontrolle und nun riskiert der VSM mit dem Austritt das Ende des Presserats, eines Selbstregulierungsinstruments par excellence? Notabene, nachdem die Verleger lange Zeit vehement Druck gemacht hatten, bis sie Mitglied werden durften.

Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz haben für dieses Jahr je 15'000 Franken zugesichert. Wird dieser Betrag auch in den nächsten fünf Jahren fliessen oder ist das eine einmalige Zahlung?
Nein, das ist keine einmalige Zahlung. Wir zahlen vorerst sicher für drei Jahre. Mit den 30'000 Franken kompensieren wir nahezu, was der Verband nicht mehr zahlen will. Wir, Ringier und das Ringier Axel Springer Schweiz, sind ausser der SRG die einzigen Medienhäuser, die nun den Presserat finanziell unterstützen.

Der Verband muss sparen, weil Ringier ausgetreten ist und nun ein sechsstelliger Frankenbetrag fehlt.
Diese Argumentation, Ringier sei schuld, ist grotesk. Der VSM-Vorstand hat an der mittlerweile branchenweit berühmten Sitzung im Fifa-Haus vor einem Jahr und einer darauffolgenden Medienmitteilung den Verbandsaustritt von Ringier provoziert. Wer etwas anderes behauptet, tut das wider besseren Wissens. Ich war ja an allen Sitzungen als Direktorin dabei.

Warum ist Ihnen der Presserat ein so grosses Anliegen? Der «Blick» ist ja nicht gerade bekannt dafür, dass er die Urteile besonders ernst nimmt, geschweige denn in der Zeitung abdruckt.
Ringier erachtet den Schweizer Presserat als eine wichtige und notwendige Selbstregulierungs-Instanz für medienethische Fragen. Dies auch, obwohl wir besonders wenn es um unsere Boulevard-Titel geht, nicht immer derselben Meinung sind, ob der Journalistenkodex verletzt wurde oder eben nicht. Wir gehen auch davon aus, dass der Presserat die Arbeitsweise unserer Titel weiterhin zwar kritisch, aber auch mit einem Verständnis für den Boulevard begleitet.

Jetzt in der Situation mit Admeira: Welchen Standpunkt vertritt denn Ringier in der Service-Public-Diskussion?
Das soll die Politik entscheiden. Nur so viel: Eine schwache oder gar kaputte SRG nützt den Privaten keinen Deut. Und zu viel politische Kontrolle über die Medien, auch die SRG, ist für eine Demokratie gefährlich. Aber auch die SRG muss genau wissen, welches ihr Territorium ist und wo sie den Verfassungsauftrag, auf die Privaten Rücksicht zu nehmen, einzuhalten hat.

Sollte der SRG Onlinewerbung erlaubt sein?
Aus heutiger Sicht klar: Nein. Onlinewerbung gehört den Privaten.

 



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Kommentare

  • Reto Camenisch, 19.09.2016 16:11 Uhr
    Vermessen scheint mir Vonarburgs Anspruch, dass der Boulevard einem anderen Kodex unterstellt sein soll, als derjenige der "seriösen" Presse.
  • Max Trossmann, 16.09.2016 15:09 Uhr
    Diese klaren, die Arbeit des Schweizer Presserats anerkennenden Worte von Verena Vonarburg freuen mich als Vizepräsidenten dieses Gremiums sehr. Vonarburg streicht hervor, wie wichtig ein von der Medienbranche selbst getragenes Ethikgremium ist. Das war bis jetzt der Fall, noch mehr seit dem Beitritt der Verleger 2008. Der Presserat misst bei Beschwerden alle, ich betone alle Medien an den genau gleichen medienethischen Standards, also auch Boulevardmedien. Und diesen Journalistenkodex haben wir Journalisten uns selbst gegeben. Der Presserat wird auch künftig dafür arbeiten, dass er eingehalten wird. Und dass die Öffentlichkeit eine Stelle hat, an die sie sich bei Beschwerden wenden kann.
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