19.01.2016

Energy Zürich

«Finanziell wird uns der Titel einiges bringen»

Jahrelang war Radio 24 das grösste Schweizer Privatradio. Nun ändert sich das: Radio Energy hat den Sender im Besitz der AZ Medien vom Thron gestossen. Gegenüber persoenlich.com erklärt Energy-Chef Dani Büchi die Hintergründe des Erfolgs und sagt, warum der Titel «Nummer 1» so wichtig ist.
Energy Zürich: «Finanziell wird uns der Titel einiges bringen»

Herr Büchi, Energy Zürich hat Radio 24 überholt. Was bedeutet das für Sie: Wird mit Champagner gefeiert oder spendieren Sie Gipfeli?
Wir feiern und zwar richtig. So wie es sich für einen solch historischen Erfolg gehört. Wir werden heute Abend mit dem Team ein erstes Mal kurz anstossen, zu mehr fehlt uns im Moment leider die Zeit. Heute geht’s schon den ganzen Tag drunter und drüber. Morgen früh haben wir einige Kunden und Partner, welche uns auf unserem Weg an die Spitze begleitet haben, spontan zu einem Gipfelstürmer-Brunch in unsere Café-Bar The Studio eingeladen. Ich habe dem Team aber versprochen, dass wir den Erfolg noch ausgiebig feiern werden.

Was haben Sie geplant?
Es hat sich zur Tradition entwickelt, dass wir alle drei bis vier Jahre ein Teamweekend organisieren. Beim letzten Teamevent waren wir in Barcelona und haben den Slogan "Let’s go for Number 1" lanciert. Diese Mission haben wir nun erfüllt. Ich habe dem Team heute gesagt, dass wir in den nächsten Wochen wieder einen Teamevent organisieren. Wohin es geht, bleibt ein Geheimnis. Auch für die Mitarbeiter.

In Sachen Marktanteil und Reichweite war Radio 24 32 Jahre lang die "Nummer 1 in Zürich" und machte das gar zum Slogan. Wird Energy diesen Slogan übernehmen?
Nein. Wir sind die Nummer 1 und das freut uns, weil es eine grosse Leistung ist mit einem viel kleineren Sendegebiet Radio 24 vom Sockel zu stossen. Es ist die Belohnung für jahrelange harte und konsequente Arbeit. Aber wir werden nun nicht täglich darüber reden und müssen es auch unseren Hörern nicht täglich sagen.

Wie wichtig ist Ihnen der Titel "Nummer 1 von Zürich"?
Für uns ist seit jeher die werberelevante Zielgruppe entscheidend und da ist Energy Zürich ja schon lange unbestritten die Nummer 1. Gemäss den neusten Zahlen mit über 37‘000 Hörern Vorsprung sogar so deutlich wie noch nie. Dass Energy Zürich nun aber sogar die Nummer 1 über alles geworden ist, ist grossartig und wird der ganzen Energy Gruppe nochmals Schub verleihen. Und auch finanziell wird uns der Titel einiges bringen. 

Radio 24 behauptet, sie seien nach wie vor die "Nummer 1 in der Stadt Zürich".
Jeder muss selber wissen wie er sich die eigene Niederlage schönreden will. Ich habe mir nach den Aussagen von Radio 24 am Wochenende in den eigenen Medien lange überlegt, was ich an der Stelle von Radio 24 kommuniziert hätte und ich muss zugeben, dass mir nicht viel Gescheites eingefallen ist. Fakt ist: Eine Ära geht zu Ende. Sie waren jahrelang die Nummer 1 der Schweizer Privatradios und das sind sie nun nicht mehr. Das ist für den, der vom Thron gestossen wird, nachvollziehbar nicht ganz einfach. Ich habe aber schon gehofft, dass sie faire Verlierer sind.

Worin sehen Sie die Hauptgründe für die Ablösung?
Es ist eine Kumulation von ganz vielen beinflussbaren aber auch nicht wirklich beeinflussbaren Punkten, die schlussendlich zu einem solchen Wechsel führen. Wenn ich mich bei den beeinflussbaren Punkten auf drei Schlagworte beschränken müsste, denn sind es: Eine klare strategische Vision und die Hartnäckigkeit, sie täglich und in jedem Detail kompromisslos durchzusetzen. Zweitens Mitarbeiter, die über sich hinauswachsen und mehr leisten als sie müssen...

Und drittens?
... Kontinuität. Dass wir nun die Nummer 1 werden, kam aber nicht wirklich überraschend, sondern hat sich seit längerem angekündigt. Radio 24 hat unzählige Strategiewechsel hinter sich, verlor durch den Abgang vieler Mitarbeiter immer wieder entscheidendes Know-how und wurde schlussendlich durch die Übernahme durch die AZ Medien aus Aarau ferngesteuert in die Misere geritten.

Worin sehen Sie die grössten Unterschiede zwischen Radio Energy und Radio 24?
Auf dem Hörer- und Werbemarkt sind wir Konkurrenten. Wir fischen im gleichen Teich und dementsprechend müssen wir uns auch in gewissen Punkten an Radio 24 messen Zum Beispiel gerade, was die Hörerzahlen angeht, auch wenn Radio 24 da wegen des grösseren Sendegebiets eigentlich klare Vorteile hat.

Mit wem messen Sie sich sonst noch?
Es gibt aber auch andere Radios in anderen Städten der Schweiz, die einen sehr guten Job machen. Ich denke da zum Beispiel an FM1. In anderen Bereichen haben wir für uns Benchmarks definiert, an welchen wir uns orientieren und inspirieren lassen. Das geht von Ringier Publikationen, zu 20 Minuten, zu Online Plattformen bis zu ausländischen Radiostationen und Eventveranstaltern.

Welche Rolle spielen all Ihre Events in Bezug auf die Hörerzahlen?
Als wir mit Energy Zürich vor über zwölf Jahren gestartet sind, hatten wir die damals vielleicht etwas grössenwahnsinnige Vision mehr als nur ein Radio zu sein und die eingeschlafene Branche nachhaltig zu verändern. Wir wollten der führende Entertainment-Brand mit Aktivitäten in den Bereichen Radio, Events, Online und TV aufbauen.

Das sind Sie nun.
Ja. Kein anderes Privatradio der Schweiz hat ein so diversifiziertes und breites Portfolio wie wir. Und kein anderes Radio hat einen so starken Brand wie wir. Das sind nur zwei unsere USP, die uns auf dem Hörer- und Werbemarkt klare Vorteile verschaffen. Mit der "Energy Fashion Night", dem "Energy Air", dem "Energy Stars For Free" und den "Energy Live Sessions" haben wir einzigartige Events geschaffen. Wir haben im letzten Jahr nicht weniger als 15 Events für über 70‘000 Zuschauer veranstaltet. Dieses Event-Portfolio wollen wir weiter ausbauen. 

Das Durchschnittsalter Ihrer Hörer beträgt 38 Jahre. Stellen sich Ihre Moderatoren auf Sendung also tatsächlich auch 38-jährige Zuhörer vor?
Wir sind in erster Linie das junge und frische Radio für Zürich und nicht das Radio für die Jungen. Unser Durchschnittsalter ist mit 38 Jahren perfekt. Vor allem, weil es seit gut 10 Jahren stabil ist und wir damit nicht einfach mit unseren Hörern älter werden, sondern Nachwuchs generieren und das ist Zeiten der Digital Natives für ein altes Medium nicht ganz einfach. Unsere Zielhörerin heisst Andrea und ist 28ig. Bei allem, was wir tun, fragen wir uns, was Andrea davon hält.

Für Zürich haben Sie 2008 keine Konzession erhalten, doch 2010 konnten Sie die Konzession von Radio Monte Carlo übernehmen. Wie wichtig war dies für die wirtschaftliche Zukunft des Senders?
Es war der Schlüsselmoment in der Geschichte von Energy und es wird ihn wohl auch immer bleiben. Das wussten wir damals noch nicht, aber im Nachhinein bzw. vom heutigen Standpunkt betrachtet, ist es offensichtlich. Durch die missglückte Konzessionsvergabe wurde Radio plötzlich zum Thema. Es weckte Emotionen und wir waren mittendrin. Wir haben durch die ganze Energy4ever-Aktion nicht nur Hörer gewonnen, sondern lebenslange Fans.

Sie erhielten breiten Support.
Ich hätte mir nie im Traum vorstellen können, dass sich 5‘000 Hörer auf dem Bürkliplatz versammeln und für Energy kämpfen. Es entwickelte sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl, welches wir bis heute spüren. Der Spirit im Team ist seit diesem Moment speziell und ich selber habe in diesen schwierigen Monaten so viel gelernt wie in meinem ganzen Leben zuvor nicht. Das wirkliche Glück war jedoch, dass die Familie Ringier und Marc Walder alles, und ich meine wirklich alles, daransetzten Energy zu retten.

Inwiefern wurmt es Sie noch, dass Sie Radio 105 nicht kaufen konnten, sondern sich von Roger Schawinski geschlagen geben mussten?
Wer sagt, dass wir uns geschlagen geben mussten (schmunzelt…)? Radio 105 bzw. Planet 105 hat seit der Übernahme durch Roger Schawinski rund 50 Prozent seiner Hörer verloren und spielt auf dem Hörer- und Werbemarkt keine Rolle mehr. Roger Schawinski hat den Sender gegen die Wand gefahren, was schliesslich auch einen Teil dazu beigetragen hat, dass wir nun so deutlich die Nummer 1 geworden sind. Besser hätte dieser Fall für uns nicht laufen können. Roger Schawinski erhält heute von mir einen schönen Blumenstrauss.

Mit welcher Strategie wollen Sie den ersten Platz bei den Hörern verteidigen?
Wir gehen weiterhin konsequent unseren Weg und haben uns für dieses Jahr viel vorgenommen. Wir wollen unser Portfolio in verschiedenen Bereichen weiter ausbauen. DAB+ kommt in die entscheidende Phase und wir haben auch hier den Anspruch als führendes Schweizer Privatradio wieder eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Zudem steht dieses Jahr die Weiterentwicklung unserer digitalen Aktivitäten im Vordergrund.

Vor rund einem Jahr sind Sie von der Kreuz- an die Dufourstrasse gezogen. Was hat sich dadurch geändert?
Wir fühlen uns pudelwohl. Man hat uns sehr aufgenommen und dem Haus hat der Einzug von Energy auch gut getan. Die Arbeitsbedingungen sind schlichtweg ideal und unsere Mitarbeiter schätzen das. Die Nähe mit den anderen Titeln des Hauses wirkt sich gegenseitig positiv aus. Auch unsere Café-Bar "The Studio" mit dem Energy Flagship Studio ist sehr gut angelaufen. Ich finde, wir sind auch beim Espresso die Nummer 1. In diesem Fall vielleicht nicht gerade der Schweiz, aber zumindest von der Stadt Zürich. Ich nehme nicht an, dass Radio 24 mir da widersprechen wird.

Fragen: Raphael Rehmann/Edith Hollenstein; Bild: zVg.



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