«Fraglich ist, wie so eine Förderung aussehen soll»

Medienförderung - Medien sollen direkt vom Staat unterstützt werden, schlägt eine aktuelle Studie von TA-Swiss vor. Moritz Leuenberger, Präsident des Leitungsausschuss der Stiftung, sieht das anders als die Forscher. Der frühere Medienminister ist bei dieser Empfehlung «zurückhaltend».

von Michèle Widmer

Herr Leuenberger, die Stiftung TA-Swiss schlägt in einer aktuellen Studie eine direkte Medienförderung vor. Sie selbst haben sich öffentlich bereits gegen diese Massnahme ausgesprochen (siehe Video unten).
Ja, bei dieser einen Empfehlung bin ich zurückhaltend. Die Autoren unserer Studien sollen aber immer unabhängig sein, auch bei den Empfehlungen. Die Resultate gehen nun direkt an die Öffentlichkeit und die Politik. Ich will ja nicht eine Studie in Auftrag geben und sie dann als erster kommentieren und kritisieren.

Warum sind Sie gegen eine direkte Medienförderung?
Fraglich ist, wie so eine Förderung genau aussehen soll. An den Subventionen in der Landwirtschaft dürfte sie sich nicht orientieren. Das Gebührenprivileg der SRG ist ja auch eine Art staatliche Förderung und dahinter stehe ich voll und ganz. Es wird auch vorgeschlagen, den Umgang mit dem Medienkonsum in der Schule zu lernen. Auch das leuchtet ein.

Was schlagen Sie vor, um den Qualitätsjournalismus zu retten?
Die SRG müsste ohne Einschränkungen online tätig sein dürfen. Sie ist dem Service public verpflichtet. Alle, die sich auch dazu bekennen, müssten analog gefördert werden. Wer ein Medienhaus aber nur als Wirtschaftsunternehmen versteht, soll sich dem Markt stellen.


Moritz Leuenbergers Rede an der Universität Bern zum Thema «Medien machen Politik macht Staat».

Nehmen die drei grossen privaten Medienhäuser hierzulande ihre Verantwortung in Bezug auf die demokratische Meinungsbildung genügend wahr?
Sie werden mehr und mehr Wirtschaftsunternehmen, die rentieren müssen. Das schlägt sich in der journalistischen Qualität nieder und schadet dann auch der demokratischen Debatte. Die Studie stellt denn auch fest, dass der Zugang zu objektiven Informationen in Frage gestellt ist.

Welche Erkenntnisse empfinden Sie sonst noch als besonders spannend?
Die Studie zeigt nebst den Risiken auch viele Chancen. Zum Beispiel, dass die neuen Medien grundsätzlich die Vermittlung von objektiver Information ebenfalls ermöglichen. Zu erwähnen ist die Online-Wahlhilfe Smartvote, welche eine wertvolle Hilfe für Wahlen und für Abstimmungen ist. Die Entwicklung des Medienkonsums weg vom Text hin zu Video ist auch aufschlussreich. Mit Webvideos können politische Hintergründe ebenfalls vermittelt werden. Man sollte so etwas nicht gleich verteufeln.

Sie haben in letzter Zeit öfters «Watson» als positives Beispiel für ein Medium erwähnt, dass es schafft Jugendlichen komplexe politische Inhalte zu vermitteln. Lesen Sie das Portal regelmässig?
Ja, ich schaue es mir immer einmal wieder an.

Können Sie einen Beitrag von «Watson» nennen, der Ihnen diesbezüglich besonders positiv in Erinnerung geblieben ist.
Die Vorlage für die Einbürgerung der dritten Ausländergeneration wird zum Beispiel gut dargestellt. Das Bild oder das Video als Lockvogel für ein grundsätzliches Problem, das dann vertieft wird, empfinde ich als spannend.

«Watson» macht - wie andere Medien auch - Geld durch Native Advertising. Kritische Stimmen sagen, diese Werbeform untergrabe die Glaubwürdigkeit journalistischer Produkte. Wie beurteilen Sie das?
Ich teile diese kritische Haltung. Es ist wichtig, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit zu wahren.

Zum Abschluss: Sie sagen, gut gemachte Serien würden einen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung leisten. Welche haben Sie da im Kopf?
Serien können Probleme aufgreifen und so eine gesellschaftspolitische Debatte fördern. Am Sonntag zum Beispiel ging es im «Tatort» um Flüchtlinge und rechtsextreme Strömungen und zwar ohne pauschale Verurteilungen. Ein solch differenzierter Beitrag schärft das politische Bewusstsein.