18.02.2018

Deniz Yücel

Freier «Welt»-Reporter kurz in Deutschland

Der am Freitag aus türkischer Haft entlassene «Welt»-Journalist Deniz Yücel hat Deutschland nach kurzem Aufenthalt wieder verlassen. Via Twitter teilte er am Samstagnachmittag mit: «Ich bin nicht in Deutschland. Aber ich bin unter Freunden.»
Deniz Yücel: Freier «Welt»-Reporter kurz in Deutschland
Deniz Yücel mit seiner Frau Dilek Mayatürk. (Bild: Twitter/Besser_Deniz)

Am Freitag ordnete ein Gericht die Freilassung Deniz Yücels an (persoenlich.com berichtete). Bereits wenige Stunden später verliess er mit seiner Frau per Flugzeug die Türkei und landete am späten Abend in Berlin.

In einer Videobotschaft dankte Yücel am Freitagabend allen, die während der Haft an seiner Seite standen. Er wisse bis heute nicht, warum er verhaftet und «als Geisel genommen» worden sei, sagte der deutsch-türkische Journalist. «Und ich weiss auch nicht, warum ich heute freigelassen wurde.» Die türkische Staatsanwaltschaft fordert für ihn 18 Jahre Haft wegen «Volksverhetzung» und «Terrorpropaganda».


Am Samstag veröffentlichte Yücel via Twitter ein Foto, das ihn neben seiner Frau Dilek Mayatürk Yücel und mit acht weiteren Menschen auf einer Wiese zeigt. Der deutsch-türkische Journalist hatte ein Jahr ohne Anklage im Gefängnis gesessen. 


Immer noch Deutsche in türkischer Haft

«Welt»-Chefredaktor Ulf Poschardt schrieb am Samstag auf Twitter angesichts der Vielzahl von Anfragen: «Deniz geht es gut, er geniesst sein Leben in Freiheit, wir lassen ihn in Ruhe.»

Aussenminister Sigmar Gabriel sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, mit der Freilassung Yücels sei «ein grosses Hindernis» für die Weiterentwicklung der Beziehungen zur Türkei überwunden worden.

Gabriel verwies am Samstag in München erneut auf die fünf Deutschen, die weiterhin aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind. Mit Ankara gebe es hinsichtlich der Werte in der Tat weiterhin «grosse Meinungsverschiedenheiten». Allerdings sei die Türkei ein «grosser und wichtiger Nachbar» und ein einflussreiches Land in der Region.

Nun müsse man das «Momentum nutzen», um alle Gesprächsformate wiederzubeleben, betonte der Aussenminister. «Ohne das Gespräch mit der türkischen Seite wüsste ich nicht, wie wir vorankommen können.»

Keine Gegenleistung

Auch Aussenamts-Staatsminister Michael Roth (SPD) sagte mit Blick auf die anderen aus politischen Gründen inhaftierten Deutschen, das Gespräch mit der türkischen Seite müsse fortgesetzt werden.

Gabriel betonte am Freitagabend in den ARD-«Tagesthemen», die Türkei habe keine Gegenleistung für Yücels Freilassung erhalten: «Es gibt keinen Deal, weder einen schmutzigen noch einen sauberen.» Ankara habe «nichts verlangt und hätte auch nichts bekommen
können».

Mahnende Worte kamen von Unionsfraktionschef Volker Kauder. Es seien längst nicht alle Probleme ausgeräumt, sagte Kauder der «Rheinischen Post». «Wir betrachten die Lage der Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit in der Türkei auch weiter mit
Sorge.» (sda/afp/maw)



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