07.10.2016

SRF

«Ich habe immer zu viele Ideen»

Susanne Wille moderiert bald wieder «10vor10». Daneben wird sie bei der Neuausrichtung der News-Sendungen mitarbeiten. Wohin geht diese Reise? Im Interview spricht die 42-jährige Politjournalistin über den neuen SRF-Newsroom und ihre künftige Funktion bei der «Rundschau».
SRF: «Ich habe immer zu viele Ideen»
Susanne Wille: «Mich treibt die Frage, in welcher Form der Informations- und Recherchejournalismus eine Zukunft hat, weil immer weniger Menschen linear TV schauen.» (Bild: SRF)
von Edith Hollenstein

Frau Wille, Sie werden wieder «10vor10»-Moderatorin, kann ich überhaupt gratulieren? Sie wechseln ja wieder zurück…
Ja. Ich freue mich sehr auf meine neue Doppelaufgabe. Vor fast sechs Jahren habe ich «10vor10» verlassen. Seither hat sich die Welt rasant verändert, vor allem die Medienwelt. Auch «10vor10» hat sich weiterentwickelt und setzt heute viel stärker Schwerpunkte. Und – das ist für mich entscheidend – die Sendung legt einen viel stärkeren Fokus auf kontroverse Live-Gespräche im Studio. Es ist ein Karriereschritt: Bei strategischen Fragestellungen kann ich Verantwortung übernehmen. Ich kann die zukünftige Ausrichtung der Newssendungen mitgestalten. Das hat mich überzeugt.

Wo arbeiten Sie anteilsmässig mehr: Für «10vor10» oder im Strategieteam?
Das lässt sich nicht so einfach in Prozent-Anteilen ausdrücken, denn die beiden Aufgaben fliessen ineinander hinein. Vieles ist Work in Progress. Die konkreten Abläufe müssen zuerst definiert werden.

Um welche strategischen Fragen geht es da?
Wie machen wir die Newssendungen fit für die Zukunft? Wie erreichen wir die Zuschauerinnen und Zuschauer? Wir müssen zum Beispiel neue Lösungen suchen, etwa für den mobilen Newskonsum oder Social Media. All dies hat die Spielregeln im Infojournalismus verändert.

Wer gehört zum Projektteam?
«Tagesschau»-Chef Urs Leuthard leitet das Projektteam. Inhaltlich und von den Zuständigkeiten her ist vieles noch in Arbeit. Die Organigramme werden erst geschaffen.

In der SRF-Mitteilung war auch von einem Newsroom die Rede.
2019 werden wir voraussichtlich den neuen Newsroom beziehen, das heisst: Künftig werden die tagesaktuellen Nachrichtensendungen alle im selben Raum produziert. Die Prozesse und Funktionen müssen neu festgelegt werden. Um einen Eindruck zu geben: Wir müssen die publizistischen Konzepte der einzelnen Infosendungen von Grund auf neu definieren. Es gilt auch herauszufinden, wie sich die Moderatoren in Zukunft einbringen werden. Hier mitzuhelfen und mein Fachwissen einbringen zu können, motiviert mich sehr.

Sie moderieren jeweils das Swiss Media Forum. Dabei wird immer wieder deutlich, dass Sie sich stark mit strategischen Fragen der Medienbranche auseinander setzen.
Das stimmt. Ich befasse mich intensiv mit Fragen zum künftigen Newsgeschäft. Mich treibt die Frage, in welcher Form der Informations- und Recherchejournalismus eine Zukunft hat, weil immer weniger Menschen linear TV schauen. Wer mich kennt, weiss, dass ich eher zu viele Ideen habe als zu wenige und diese auch gerne einbringe.

Warum ist Ihnen das Moderieren überhaupt wichtig? Sie hätten ja darauf verzichten können.
Ja, das hätte ich tun können. Ich schliesse auch nicht aus, künftig irgendwann nicht mehr zu moderieren. Jetzt aber bietet sich mir die Luxussituation, dass ich moderieren und das Unternehmen mitgestalten kann. Gerade bei diesem Newsroom-Projekt wird es von Vorteil sein, wenn ich gleich an der Newsfront Prozesse testen und ausprobieren kann. Zudem moderiere ich gerne. Schon immer war die Moderation einfach ein Teil meines Jobs bei SRF, denn ich arbeitete immer auch als Reporterin, machte Recherchen, war als Korrespondentin im Bundeshaus oder produzierte Reportageserien. Ich habe also sozusagen einen «verspielten» Zugang zur Moderation. Ich verstehe mich einfach als TV-Politjournalistin.

Bleiben Sie bei der «Rundschau»?
Ja, ich werde weiterhin einzelne Sendungen moderieren, so wie ich das bislang gemacht habe. Als Reporterin werde ich jedoch nicht mehr für die «Rundschau» arbeiten.

Warum sind Sie denn gestern nicht eingesprungen bei der «Rundschau»? Sandro Brotz wäre ja lieber bei seinem Sohn gewesen, wie er in der Sendung erklärt hatte…
Sandro Brotz ging es hier wohl um etwas anderes: Er wollte mit diesem Satz darauf hinweisen, dass auch er – wie viele andere Männer auch – die Doppelbelastung von Beruf und Familie kennt. Wir hatten einen entsprechenden Schwerpunkt in der Sendung. Wenn er mich gebeten hätte einzuspringen, hätte ich das selbstverständlich gemacht. 

Die nächste Frage stelle ich Ihnen nur, weil Sie eine Frau sind: Sie sind verheiratet mit Franz Fischlin und haben drei Kinder zwischen 5 und 10 Jahren. Wie schaffen Sie das alles?
Vielleicht kommt irgendwann eine Zeit, in der ich solche Fragen tatsächlich nicht mehr gestellt bekomme, weil ich eine Frau bin. Aber kurz: Ich bin leidenschaftlich gerne Journalistin, wir sind gut organisiert.

Im Vorfeld wurde viel über Daniela Lagers Nachfolge spekuliert. Dabei wurde im August Patrizia Laeri als Favoritin ins Spiel gebracht. Denken Sie, dass es Patrizia Laeri geschadet hat, dass sie sich in einem Interview offensiv gegen die Bezeichnung «Ex-Hobby-Model» gewehrt hatte?
Hier muss ich ganz klar sagen: Ich weiss nicht, wer sich beworben hat und wer nicht. Mir wurde diese Stelle angeboten und es wäre sehr anmassend von mir, mich dazu zu äussern. Ich funktioniere in diesem Punkt anders: Wenn ich eine Anfrage für eine Stelle bekomme, überlege ich mir immer, inwiefern ich mit einem Wechsel Neues lerne. Das habe ich auch in diesem Fall gemacht. Zum Bewerbungsverfahren kann ich keine Aussagen machen.



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Kommentare

  • Dieter Widmer, 07.10.2016 06:07 Uhr
    Ich hoffe, dass "10vor10" mit Susanne Willes Mitwirkung besser wird. Wegen der zu geringen Reputation der Sendung ist die Einschaltquote auch schlecht. Das *Echo der Zeit" von Radio SRF1 macht es vor, das Hintergründe glaubwürdig und kompetent erklärt. Als Leitschnur sollte man das "heute Journal" vom ZDF nehmen. Wer hier antwortet, das ZDF habe viel mehr Geld und das Zehn- oder Zwanzigfache an Mitteln und Leuten lasse ich nicht gelten. Das "Echo der Zeit" von Radio SRF1 verfügt auch nur über ein bescheidenes Budget und relativ wenige Stellen und ist dennoch ein Flaggschiff.
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