07.11.2016

Walts Welt

«Ich kann nicht aufhören, Radio zu machen»

Der ehemalige SRF-3-Moderator Peter Walt hat ein Webradio gegründet. Er erreicht bereits tausende Hörer und selbst Weltstars sind begeistert. Der 51-Jährige erzählt, wie ihn Gölä im Stich lässt, was ein kaputtes Modem mit Mike Shiva zu tun hat und warum Babydance besser ist als Justin Bieber.
Walts Welt: «Ich kann nicht aufhören, Radio zu machen»
Radiomoderator Peter Walt: «Ich will mein Radioprojekt richtiggehend explodieren lassen und freue mich darauf, wenn es ein riesen Ding wird.» (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Herr Walt, Sie erreichen zwei Monate nach Senderstart mit «Walts Welt» bereits etwa 5000 Hörer. Kann man diese kaufen wie Fans bei den Sozialen Medien?
Trauen Sie mir nicht zu, dass die Hörer alle freiwillig einschalten?

Verraten Sie mir Ihr Erfolgsrezept.
Einer der Gründe ist sicher, dass man mich als Radiomoderator bereits kennt und man weiss, dass ich eine Garantie für gute Musik bin. Ich habe aber auch sehr viele Hörer aus Amerika, die mich nicht unbedingt kennen. Die Amerikaner sind in Sachen Webradio schon weiter und gehen dorthin, wo gute Musik läuft – und vor allem: keine Werbung. Bei mir gibt es momentan keine Werbeunterbrechungen.

Was heisst «momentan»?
Natürlich stehen meine Türen für Sponsoring und Werbung offen. Ich bin als leidenschaftlicher Radiomacher nicht mehr «gebührenwarm gebettet». Hört man mein Radio über externe Player wie TuneIN, wird bereits Werbung vorangestellt. Daran verdiene ich nichts. Es wäre für Werber viel interessanter, bei mir direkt zu investieren. Mit ersten Werbekunden bin ich bereits im Gespräch.

Werbung ja, aber Justin Bieber nein…
Genau, das gehört zu meinem Konzept. Ich will die grossen Stimmen und die grossen Songs an meinem Radio laufen lassen. Und dazu zähle ich Justin Bieber schlicht und einfach nicht.

Was ist die Motivation für Ihr Webradio «Walts Welt»?
In erster Linie habe ich das nicht geplant, sondern mache es aus reinem Spass. Nachdem ich bei SRF 3 aufgehört habe, merkte ich: Ich kann gar nicht aufhören, Radio zu machen. Mit den heutigen Technologien habe ich eine wunderbare Methode gefunden, einfach weiterzumachen – und erst noch viel kreativer.

Stichwort Technologie: Wie sieht das Radiostudio bei Peter Walt aus?
Es braucht wirklich sehr wenig, ich bin selber überrascht. Mikrofon, Mischpult und Interface stehen auf meinem Bürotisch zu Hause. Und ich behaupte: Selbst Profis hören den Unterschied zum professionellen Radiostudio nicht. Mit Skype mache ich keine scheppernden Telefongespräche mehr wie bei den meisten Radiostationen leider immer noch. Zudem kann ich alles in einen sehr kleinen Reisekoffer verstauen und überall sofort zu senden beginnen. So zum Beispiel mit der Talkshow, mit der ich direkt zu den Leuten gehe. Wenn man noch so wie ich früher die schweren Reportage-Geräte schleppen musste, dann ist die heutige Technologie natürlich eine Wohltat.

Eine Wohltat muss es auch gewesen sein, als Katie Melua Ihrem kleinen Sender zum Interview zusagte…
Katie Melua ist das beste Beispiel, um aufzuzeigen, dass die grossen Stars nicht mehr nur noch zu grossen Radiostationen gehen. Vielen ist es völlig egal, wie gross ein Radiostudio ist. Mit der heutigen digitalen Verbreitung muss es einfach ein Radio sein, welches funktioniert. Katie Melua kannte mich bereits aus früheren Interviews und wusste daher, dass ich sie fair behandle.

Und Katie Melua nahm sich Zeit für Sie – viel Zeit.
Ja, das war ein stündiges Interview. Sie war selber überrascht. Ich selbst sass wie auf Nadeln und wartete darauf, bis ein griesgrämiger Manager sagt: «Last question». Aber das kam nie (lacht). Sie erzählte sehr viel Privates. Nun lade ich sie für Winterferien in die Schweiz ein. Tourismus-Orte in der Schweiz, passt jetzt auf: Macht ein VIP-Angebot für Katie, postet es auf meiner Seite, dann wird sie auswählen und ihre ersten Stemmbögen bei euch auf dem Hang üben.

Weniger zugänglich sind die Schweizer Musiker…
Das musste ich leider feststellen. Ich erhielt von DJ Bobo eine Absage und von Gölä habe ich lange nichts mehr gehört. Das überrascht mich schon ein wenig: Ein Weltstar wie Katie Melua sagt mir zu, aber DJ Bobo und Gölä, die ich ab und zu schon mal persönlich traf und eigentlich Freunde sein müssten, da kommt nichts.

Wären denn DJ Bobo und Gölä die von Ihnen bevorzugten «grossen Stimmen» mit den «grossen Songs»?
In der Schweiz schon, aber «gross» nicht unbedingt in Bezug auf die Stimmen, das wissen sie ja selber. Natürlich müsste ich meinem internationalen Publikum zuerst erklären, was denn DJ Bobo und Gölä so gross macht.

Dafür meldete sich einmal Mike Shiva, als Ihr Modem ausstieg.
Ja, ich beschwerte mich auf Twitter über den laschen Kundendienst meines Providers. Mike Shiva schickte mir daraufhin ein Video mit der Botschaft, ich solle doch seine positiven Energien anzapfen. Mit diesen brachte ich zwar mein Modem nicht zum Laufen, aber ich fands eine schöne Aktion. Daraufhin machte ich eine Sendung, in der ich eine Stunde lang nur positive Musik spielte. Ah, tat das gut.

Positiv fällt auch die Kindersendung auf «Walts Welt» auf – diese ist nicht nur für Kinder, sondern auch von Kindern.
Ich als Erwachsener sitze zwar als Techniker noch im Studio, habe aber sonst überhaupt nichts zu sagen, was die sechsjährige Lucy und die vierjährige Stern (Künstlernamen seiner eigenen beiden Kinder, Anm. der Red.) für Musik auswählen und wie sie diese anmoderieren. Ich greife nur ein, wenn es mal ausartet (lacht). Kürzlich sendeten wir italienische Babydance-Musik – die Kinder gingen dabei voll ab, während wir Erwachsenen uns die Ohren zuhielten.

Hinhören soll man dagegen in der Nacht auf Mittwoch – im Rahmen der US-Wahlen senden Sie zum ersten Mal auch live in der Nacht. Was ist zu erwarten?
Ein etwas anderer Blick auf die US-Wahlen: Ich habe kein grosses Korrespondenten-Netz wie die SRG, aber ich habe Freunde in Amerika. Ich rufe diese an und schalte sie live in die Sendung. Zugesagt hat zum Beispiel die ehemalige «Ziischtigsclub»-Moderatorin Gaby Tscharner aus Los Angeles. Ausserdem verfolge ich die Social-Media-Kanäle und kontaktiere Leute, die einen bemerkenswerten Post oder Tweet veröffentlichen. Es wird eine Sendung, in der alle mitmachen können. Sogar Elvis wird zu neuem Leben erweckt und seine Analysen abgeben.


Peter Walt moderierte während fast 30 Jahren bei den Radios Zürisee, 24 und SRF 3 und war eine der prägenden Stimmen. Der Zürcher gründete im September mit Videoproduzent Noel Haerle eine Medienschule. Daneben ist Walt Dozent an der Schweizer Medienschule MAZ.



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