17.01.2018

No Billag

Ja oder Nein? Was die Zeitungen Lesern empfehlen

Artikel, Analysen und Interviews: Die Zeitungen in der Schweiz beleuchten seit Wochen verschiedene Aspekte von «No Billag». Doch von welchem Standpunkt aus tun sie das? Während der Tagi die Nein-Position einnimmt, befindet sich die NZZ noch in der «Meinungsbildung».
No Billag: Ja oder Nein? Was die Zeitungen Lesern empfehlen
Am 4. März wird über «No Billag» abgestimmt: Moderatorin Sabine Dahinden bei den Vorbereitungen zur Sendung «Schweiz aktuell». (Bild: Keystone/Ennio Leanza)
von Michèle Widmer

Seit Wochen vergeht kein Tag an dem die Schweizer Medien nicht über die No-Billag-Initiative berichten. Als einer der ersten Chefredaktoren Stellung bezogen hat Christan Dorer von der Blick-Gruppe. Anfang November wandte er sich in einem Videokommentar und einer klaren Botschaft an die Leserinnen und Leser: «Wir dürfen die SRG nicht zerstören.» «SonntagsBlick»-Chef Gieri Cavelty blies zum selben Zeitpunkt ins selbe Horn und sagte in einem Kommentar «no way» zu «No Billag». Allzu überraschend kommt diese Positionierung aufgrund der Nähe von SRG und Ringier nicht. Die beiden Unternehmen betreiben zusammen mit der Swisscom die Werbevermarkterin Admeira.

«Die Haltung der Redaktion wird durch den Chefredaktor der Blick-Gruppe bestimmt», sagt Ringier-Sprecherin Manuela Diethelm gegenüber persoenlich.com. Dorer selbst konkretisiert diese auf Anfrage: «Die Blick-Gruppe vertritt in ihren Kommentaren die Meinung, dass ein Ja zu No Billag zum grossen Schaden wäre für die Schweiz.» Der Service Public bestehe in seinem Kern aus der Aufgabe, Programme und Sendungen zu produzieren, die für die Schweiz – mit ihrer Diversität und Mehrsprachigkeit – wichtig sind und die sich von privaten Radio- und Fernsehsendern nicht realisieren lassen. Eine Annahme der No-Billag-Initiative würde die Zerstörung der SRG bedeuten.

NZZ noch in der «Meinungsbildung»

Eine andere Meinung vertritt Eric Gujer, Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung». Mitte Dezember sorgte er mit dem Kommentar auf der Frontseite für Aufruhr (persoenlich.com berichtete). Seine Botschaft: «Die Schweiz braucht keine Staatsmedien». Es brauche keinen Staatsfunk, um in jedem Haushalt die «richtige» Nachrichtenquelle sicherzustellen», schrieb er. Streamingdienste wie Netflix würden hochwertige Inhalte produzieren, «bei denen ein behäbiger Staatssender nicht mithalten kann.»

Angesprochen darauf, ob er am 4. März ein Ja oder ein Nein in die Urne legen wird, sagte Gujer im Interview mit persoenlich.com: «Die Wahl wird mir schwerfallen.» Obwohl sechs Wochen vor der Abstimmung alle Fakten auf dem Tisch liegen, scheint sich die NZZ noch immer nicht entschieden zu haben. «Die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen», sagt NZZ-Sprecherin Michèle Ramò angefragt auf die Parolenfassung der Redaktion. Sobald ein Entscheid getroffen sei, werde die Zeitung diesen veröffentlichen. Wann das sei, sei aber noch offen.

Etwas klarer, aber dennoch nicht bedingungslos fällt der Entscheid bei der «NZZ am Sonntag» aus. «Nein, aber» lautet die No-Billag-Parole der Redaktion laut der Sprecherin. Die SRG erbringe für das Land eine wichtige Leistung, die es ohne sie nicht gäbe, so die Meinung bei der NZZaS. Darauf folgen jedoch einige Forderungen in Richtung SRG: Sie habe sich zu stark ausgebreitet und müsse sich verschlanken. Das Angebot brauche einen stärkeren Fokus auf die Information. Zudem müsse die Abgabe weiter sinken und im Internet habe sich die Organisation Zurückhaltung aufzuerlegen, weil sie private Anbieter konkurrenziere, die ohne Gebühren auskämen.

Tagi, BZ und «Bund» sagen Nein

Am Sonntag äusserte sich Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser zu «No Billag». In einem Kommentar in der «SonntagsZeitung» konnte er sich zu einem Nein durchringen (persoenlich.com berichtete). Die SRG liesse sich zu grossen Teilen durch privates Fernsehen ersetzen. Dennoch sei die Initiative schlecht für das Land, schreibt er in der aktuellen Ausgabe. Die SoZ-Redaktion als Ganzes beziehe grundsätzlich nie Position bei Abstimmungen, sagt Tamedia-Sprecherin Nicole Bänninger. Auch so handhabe das die Gratiszeitung «20 Minuten».

Anders ist das traditionellerweise beim «Tages-Anzeiger». Vor Abstimmungen stimmt die Redaktion jeweils über ihre Position ab. In Bezug auf «No Billag» kam bei dieser Sitzung ein Nein heraus, wie Bänninger mitteilt. Auch «BZ Berner Zeitung» und «Der Bund» würden die Initiative zur Ablehnung empfehlen.

Keine Parole gefasst haben die «az Nordwestschweiz» unter Chefredaktor Patrik Müller sowie die «Watson»-Redaktion unter Maurice Thiriet. «Grundsätzlich stehen AZ Medien für eine neutrale und ausgewogene Berichterstattung. Je nach Thema kann es fallweise zu Tendenzen kommen», sagt AZ-Sprecherin Monica Stephani.

VSM verlangt Offenheit der SRG

Bisher noch keine Position bezogen hat der Verband Schweizer Medien (persoenlich.com berichtete). «Die Verleger wollen von der SRG ein klares Commitement, dass sie zu Veränderungen bereit ist und auf die Anliegen der Verleger eingeht. Bis jetzt ist dies nicht geschehen», sagt VSM-Direktor Andreas Häuptli auf Anfrage von persoenlich.com. Diese Offenheit sehe man nicht als Voraussetzung für eine Parole zur No-Billag-Abstimmung, sondern im Sinne eines Vertrauensaufbaus für ein längerfristiges Nebeneinander. Es sei an der SRG hier ein Zeichen für den Willen zur Selbstbeschränkung zu setzen.

Für Häuptli ist es fraglich, ob es eine Parole des VSM überhaupt braucht. «Die Redaktionen in den einzelnen Häuser haben ihre Position bezogen und richten diese auch nicht nach dem Verband», sagt er. Die Verleger würden eine Haltung vertreten, liessen den Redaktionen aber ihre Unabhängigkeit und betrieben keinen Konzernjournalismus.

 



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Kommentare

  • Alfred Meier, 20.01.2018 17:10 Uhr
    Ernst Bühlmann zeigt deutlich: Schweizer, die anders denken als er, als die Initianten, sind inkompetent, politisch auf der falschen Seite, finanzielle Profiteure (wovon??) und müssen folglich mundtot gemacht werden. Schweizer und Schweizerinnen, "hütet euch am Morga".. äh am No-Billag - Gedankengut!! Wer profitiert nach einem allfälligen "ja"? Nur schwerreiche können beim Versteigern der Konzessionen mithalten (die Initiative befiehlt dieses Vorgehen). Die Meinung gehört anschliessend einigen Milliardären. Ich als "Büetzer" soll also meinen als sehr vielfältig erlebten Informationskanal, die SRG, zerstören, damit Sie Herr Bühlmann anschliessend mit reichen Kumpanen den Trümmerhaufen übernehmen und nach Ihrem Gusto formen (oder sagen wir ehrlich manipulieren) können, ohne Angst vor Konkurrenz Andersdenkender, die beim Versteigern nicht mithalten konnten. Denn jede Subventionierung zu Gunsten Minderheiten ist nach Initiativtext verboten! Wie weise!. Mir verschlägt es den Atem bei so viel Arroganz und null Demokratieverständnis!
  • Ueli Custer, 19.01.2018 14:22 Uhr
    Ernst Bühlmann erfüllt eigentlich alle Voraussetzungen, um Chefredaktor einer grossen Zeitung zu werden...
  • David Lübke, 19.01.2018 10:41 Uhr
    Leute, wir können einpacken. Ernst Bühlmann hat uns soeben die Welt erklärt und überhaupt keine Frage offen gelassen. Wir solltem ihm alle dankbar sein. Diskussion überflüssig, vor allem für "richtige Schweizer". Meine Fresse...
  • Ernst Bühlmann, 19.01.2018 09:35 Uhr
    Die SRG MUSS zerstört werden. Wer für die SRG ist, ist entweder Politisch oder Finanziell ein Profiteur, kein richtiger Schweizer, ein linker halt, oder er hat keine Ahnung was für die Schweiz gut oder schlecht ist. Ein Nein ergibt längerfristig gravierende Nachteile für das einfache Volk. Wie die meisten Zeitungen "Ticken" und für was sie einstehen, ist längstens bekannt, da braut es keine Kommentare.
  • Dennis Bühler, 18.01.2018 13:08 Uhr
    Ich korrigiere und ergänze: Die «Nordwestschweiz» wird demnächst eine Parole fassen (das tut sie bei jeder eidg. Volksabstimmung); die «Südostschweiz» propagiert ein Nein.
  • Nico Herger, 18.01.2018 11:13 Uhr
    Für den typischen Tagi-Leser ist es entscheidend, dass die Zeitung seine Meinung bestätigt. So weiss er, dass er die richtige liest. Bei der NZZ ist das anders, sie hält den Leser für mündig - und verzichtet hoffentlich auf eine Empfehlung.
  • Ueli Custer, 18.01.2018 09:25 Uhr
    Die NZZ wird tatsächlich immer peinlicher. Nach seinem Gujerguss im Dezember hat der Chefredaktor ja kräftig Haue bekommen. Und er ist offensichtlich nicht bereit oder in der Lage, die Situation als Ganzes zu beurteilen. Für ihn besteht die SRG aus einem Fernsehprogramm in der deutschen Schweiz das vor allem Unterhaltung verbreitet. Weder die Informationsaufgabe in die rund die Hälfte der Gebührengelder fliesst, noch die Solidarität mit den andern Sprachgebieten noch das Radio scheinen für ihn ein Thema zu sein. Dass er im eigenen Haus einen hoch kompetenten Medienredaktor hat, der ihm die Zusammenhänge klar machen könnte, macht die Sache noch trauriger.
  • Tek Berhe, 18.01.2018 06:44 Uhr
    Überhaupt nicht peinlich. Im Tagi-Bubble entscheidet das Dogma nicht die neutrale Analyse! Bei der NZZ gelten die journalistischen Tugenden der nüchternen sauberen ergebnissoffenen Debatte! Sonst wäre es ja nir ein Köseblatt um Fische einzupacken und nicht wert den Tag zu überdauern!
  • Eva Mantowitsch, 17.01.2018 18:30 Uhr
    Die NZZ hat sechs Wochen vor der Abstimmung noch keine Position? Wie peinlich, Das Blatt wird immer peinlicher.
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