11.04.2017

NZZ

Ja und Nein zur Energiestrategie 2050

Die «Neue Zürcher Zeitung», die üblicherweise bei Abstimmungsvorlagen eine eindeutige Position vertritt, empfiehlt im Inlandressort ein Ja und im Wirtschaftsressort ein Nein zur kommenden Energievorlage.
NZZ: Ja und Nein zur Energiestrategie 2050
Eine Dampffahne aus verdunstetem Kühlwasser strömt aus dem Kühlturm des Kernkraftwerks Gösgen. (Bild: Keystone/Martin Rütschi)

Die «Neue Zürcher Zeitung» soll ihre offizielle Position zur Energiestrategie 2050, über die am 21. Mai abgestimmt wird, von Ja zu Nein abgeändert haben, wie der Tagi am Montag in einem Artikel berichtete.

Daraus gehe hervor, dass sich NZZ-Chefredaktor Eric Gujer im letzten Herbst mit Inlandchef Michael Schoenenberger und dem für das Dossier zuständigen Inlandredaktor Helmut Stalder auf ein Ja zum revidierten Energiegesetz einigte. Letzterer kritisierte im Januar dieses Jahres die verabschiedete Energiestrategie im Leitartikel «Mehr Markt statt Subventionsspirale» zwar als «Murks», sprach sich aber dennoch für eine Annahme der Vorlage aus («ein Schritt in die richtige Richtung»). Zwei Monate später argumentierten NZZ-Wirtschaftschef Peter Fischer und -redaktor Giorgio V. Müller in ihren Kommentaren («Fast wie in der Landwirtschaft» und «Unappetitliche Energiestrategie») gegen die Wirtschaftsverbände. Sie kritisierten, dass vielen Migliedern das Rückgrat fehle, die planwirtschaftliche Vorlage abzulehnen, weil Subventionen lockten. Gujer teilte dem Inlandressort in der Folge mit, «die offizielle Position der NZZ zur Energiestrategie 2050 laute jetzt Nein», wie es gemäss dem «Tages-Anzeiger» aus der Redaktion heissen soll.

Die Leiter des Inland- und des Wirtschaftsressorts der NZZ sollen sich normalerweise im Vorfeld von innenpolitischen Vorlagen frühzeitig absprechen und sich auf eine Position einigen. Der Chefredaktor würde diese dann absegnen oder nicht. Da der Wirtschaftschef in der entscheidenden Phase abwesend gewesen sein soll und verschiedene Posten neu besetzt worden seien, ist es laut Tagi «zu einem wenig routinierten Vorgehen» gekommen.

Ja und Nein aus der Sicht des Chefredaktors

«Man kritisiert bei der NZZ die Energiestrategie grundsätzlich, wobei es zwei Sichtweisen gibt: ein pragmatisches Ja und ein ordnungspolitisches Nein», begründete Eric Gujer den Meinungsumschwung gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Für beide Sichtweisen würden sich in der NZZ Kommentare finden, daran sei nichts aussergewöhnlich, meint NZZ-Sprecherin Myriam Käser auf Anfrage von persoenlich.com. Im Wirtschaftsressort würde der ordnungspolitische Aspekt überwiegen, im Inland der politisch-pragmatische.

Bereits bei der Debatte über das Burkaverbot ist es an der Falkenstrasse gemäss Tagi «zu einem abrupten Meinungswechsel» gekommen. Denn während mehrere Inlandredaktoren sich ablehnend zur Vorlage geäussert hätten, habe sich Eric Gujer im August 2016 im viel beachteten Leitartikel «Ein Gefängnis aus Stoff» für das Verbot ausgesprochen. (TA/tim)



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