25.09.2017

No-Billag-Initiative

Keine Halbierung und keine Abschaffung

Wie der Ständerat empfiehlt der Nationalrat dem Volk die No-Billag-Vorlage abzulehnen. Auch den Gegenvorschlag verwarf die grosse Kammer am Montag deutlich. Nebst Bundesrätin Doris Leuthard traten Jacqueline Badran, Christian Wasserfallen oder Roger Köppel ans Rednerpult.
No-Billag-Initiative: Keine Halbierung und keine Abschaffung
«Qualitätsjournalismus habe einen Preis»: Bundesrätin Doris Leuthard am Montag in Bundesbern. (Bild: Keystone/Anthony Anex)

Der Nationalrat hat die No-Billag-Initiative deutlich abgelehnt. Eine Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren kommt für ihn nicht in Frage. Auch der Gegenvorschlag der SVP blieb chancenlos. Die Debatte drehte sich um die Rolle der SRG für die Demokratie und den nationalen Zusammenhalt. Begonnen hatte sie schon in der ersten Sessionswoche. Weil sich viele Ratsmitglieder äussern wollten, war am Montag eine weitere Sitzung nötig.

Nun hat der Nationalrat entschieden: Wie der Ständerat empfiehlt er dem Stimmvolk, die Initiative abzulehnen. Das beschloss er mit 122 zu 42 Stimmen bei 15 Enthaltungen. Den direkten Gegenvorschlag der SVP verwarf die grosse Kammer mit 108 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen.

Keine Halbierung der Gebühren

Die SVP schlug vor, die Gebühren auf 200 Franken im Jahr zu begrenzen. Wirtschaftsverbände unterstützten die Idee. Im Nationalrat sprachen sich aber mit Ausnahme der SVP alle Fraktionen dagegen aus. SVP-Vertreter kündigten ihrerseits an, im Falle eines Neins zum Gegenvorschlag die Initiative zu unterstützen. Aus Sicht der Mehrheit aber hat sich das bestehende Modell für die Schweiz mit ihren vier Landessprachen bewährt. Gerade in einer direkten Demokratie seien unabhängige Informationen in allen Regionen wichtig, lautete der Tenor. Ein gutes Angebot lasse sich in einem so kleinen Markt nur mit Gebühren finanzieren.

«Weit unter 400 Franken»

Medienministerin Doris Leuthard stellte am Ende der Debatte fest, die SRG mache zweifelsfrei nicht alles richtig. Auch sei geplant, die Abgabe auf «weit unter 400 Franken» zu senken und die Ausgaben auf 1,2 Milliarden zu plafonieren. Die Initiative und der Gegenvorschlag gingen aber viel zu weit. Die Initianten würden komplett verkennen, dass der Markt für elektronische Medien in der Schweiz sehr beschränkt sei. Neben der SRG erhielten auch 21 Lokalradios und 13 Regionalfernsehen Gebührengelder, gab Leuthard zu bedenken. Deren Existenz sei ebenfalls gefährdet.

Preis der Qualität

In der direkten Demokratie spielten Medien für die Meinungsbildung eine zentrale Rolle, fuhr die Medienministerin fort. Qualitätsjournalismus habe einen Preis. Die SRG gebe über 600 Millionen Franken jährlich alleine für Information aus, und die Werbeeinnahmen betrügen nur etwa 300 Millionen Franken. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass die Bevölkerung in Ländern mit starkem Service public besser informiert sei, mehr Vertrauen in die Institutionen habe und sich stärker im politischen Leben engagiere. Wenn Medien nur noch kommerziellen Überlegungen folgten, gebe es kaum Angebote für Minderheiten oder Spezialinteressen, sagte Leuthard. Sie warnte auch davor, dass finanzkräftige Investoren politische Interessen verfolgen könnten.

Lieber SRG als Milliardäre

Auf diese Gefahr wiesen auch andere hin. Jacqueline Badran (SP/ZH) bezeichnete das Anliegen der Initiative als anachronistisch. In Zeiten, in denen «Fake News» um die Welt gingen, die Meinungen über Social Media gezielt manipuliert würden und machtstrebende Milliardäre Medien aufkauften, sollte die Politik besser darüber nachdenken, wie sie den langsamen Tod der anderen Medien verhindern könne statt die SRG zu schwächen.

Christian Wasserfallen (FDP/BE) befand nach diesem Votum, man müsse nun die Kirche wieder ins Dorf stellen. Die Situation im Print sei mit der heutigen Regulierung entstanden, mit den höchsten Gebühren in Europa. «Machen Sie etwas weniger, lassen Sie den Privaten mehr Luft zum Atmen», forderte er von der SRG.

Zu gross und zu mächtig

Auch Roger Köppel (SVP/ZH) stellte fest, die SRG sei zu gross, zu dominant und zu mächtig. «Ich plädiere dafür, dass wir dieser SRG zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohl einer liberalen Medienordnung Grenzen setzen.» Die SRG sollte auch nicht zu einer Art DNA der Schweiz hochstilisiert werden, so dass jeder, der sie kritisiere, im Verdacht stehe, eine «seelenlose Marionette in den Händen finsterer Milliardäre» zu sein.

Bruno Walliser (SVP/ZH) argumentierte als Gewerbler. Die Billag-Gebühren belasteten das Gewerbe unnötig, sagte er. «Meine Kaminfeger sind bei mir angestellt, um Kamine zu reinigen, nicht um während der Arbeit Fernsehen zu schauen.» Gregor Rutz (SVP/ZH) warf der SRG vor, in ihren Sendungen bereits Abstimmungskampf zu betreiben.

Dieser Aspekt war auch Thema in der Fragestunde des Nationalrates. Der Bundesrat antwortete, die SRG habe kein separates Budget für die Abstimmung und werde auch keine Gebühren dafür einsetzen. Sie werde aber die Abstimmung in journalistischer Hinsicht begleiten und wie gewohnt Anfragen von Medien, Politik und Anspruchsgruppen zu diesem Thema beantworten.

Freude bei den Journalistenverbänden

Die Aktion Medienfreiheit, welche sich für den Gegenvorschlag stark gemacht hatte, zeigte sich in einer Pressemitteilung enttäuscht über das Ergebnis. Die Politik dürfe sich den technischen Realitäten in der Medienlandschaft nicht verschliessen und müsse den Leistungsauftrag an die SRG kritisch diskutieren.

Applaus löste der Entscheid hingegen bei den drei nationalen Verbände von Journalistinnen, Journalisten und Medienschaffenden – SSM, Impressum und Syndicom – aus. Die Ablehnung sowohl der No Billag-Initiative wie auch eines möglichen Gegenvorschlags setzten gegenüber den Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein klares Zeichen. (sda/wid)



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