12.07.2017

G20-Gipfel

Kontroverse um verweigerte Akkreditierungen

Opposition und Gewerkschaften fordern von der deutschen Regierung Auskunft zum nachträglichen Entzug etlicher Journalisten-Zulassungen beim G20-Gipfel in Hamburg.
G20-Gipfel: Kontroverse um verweigerte Akkreditierungen
Das Bundespresseamt hatte 32 Journalisten nachträglich die Akkreditierung zum G20-Gipfel entzogen. (Bild: Keystone)

In Deutschland steht nach dem G20-Gipfel der Vorwurf im Raum, dass ausländische Geheimdienste Einfluss genommen hätten. «Ich will von der Bundesregierung wissen, ob es bei der Zulassung von Journalisten zum G20-Gipfel irgendeine geheimdienstliche Zusammenarbeit mit der Türkei oder Russland gab», sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der «Rheinischen Post» vom Mittwoch. Sollte dies der Fall sein, wäre es ein Skandal.

Es müsse klar sein, dass über die Akkreditierung von Journalisten zu einem wichtigen Ereignis in Deutschland weder Ankara noch Moskau mitentschieden. «Sowohl bei Frau Merkel als auch bei Herrn Gabriel habe ich das Gefühl, dass sie immer noch kuschen vor Erdogan und nicht mit durchgedrücktem Rücken Klartext reden», sagte Özdemir.

Das Bundespresseamt hatte 32 Journalisten nachträglich die Akkreditierung zum G20-Gipfel entzogen. Einige Reporter hätten ihre Zugangsgenehmigung trotz Sicherheitsbedenken erhalten, argumentierte das Bundeskriminalamt (BKA), das für die Überprüfungen im Rahmen der Akkreditierung zuständig war.

«Für einige Journalisten lagen zum Zeitpunkt der Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse ausschliesslich deutscher Sicherheitsbehörden vor», erklärte die Behörde. In Abwägung zwischen dem hohen Gut der Pressefreiheit und der zu gewährleistenden Sicherheit der Gipfelteilnehmer hätten Bundespresseamt und BKA trotzdem gemeinsam entschieden, diesen Personen zunächst eine Akkreditierung zu erteilen.

Regierung weist Kritik zurück

Die Bundesregierung verteidigte den nachträglichen Entzug von Akkreditierungen. «Wir sprechen von sehr ernsthaften Sicherheitsbedenken und einer Neubeurteilung der Sicherheitslage insgesamt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

Ihm sei die dringende Empfehlung der Sicherheitsbehörden überbracht worden, einer begrenzten Zahl von Reportern die Akkreditierung zu entziehen. «Ich hätte in meiner Verantwortung als Chef des Bundespresseamtes nicht verantworten können, diese ernsthaften Hinweise und diese dringende Empfehlung zu ignorieren und stehe auch dazu.» Über die einzelnen Fälle könne er keine Auskunft geben.

Bis zu 80 Journalisten betroffen

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele stellte eine Anfrage bei der Bundesregierung. Diese müsse die Gründe und Hinweisquellen nennen, warum sie bis zu 80 Reportern die Akkreditierung entzogen beziehungsweise nicht erteilt habe. Die DJU, die Journalisten-Gewerkschaft innerhalb von Verdi, nannte das Vorgehen von Bundespresseamt und Polizei skandalös und rechtswidrig und bat die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Vosshoff um Hilfe.

«Wir verlangen eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge, darunter auch der Frage, welche Rolle möglicherweise das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie ausländische Behörden bei der Erstellung der Listen gespielt haben», erklärte DJU-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Hass. (sda/reu/cbe)

 



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Peter Deubelbeiss, 14.07.2017 17:38 Uhr
    Auch Mitarbeiter von PR-Agenturen und so genannte Kommunikationsberater sind keine Journalisten und brauchen keinen Presseausweis!
  • Arthur Meyer, 14.07.2017 08:37 Uhr
    Zuerst wäre zu klären, wer überhaupt "Journalist" ist. Das fängt damit an, dass diverseste Organisationen so genannte "Presseausweise" ausstellen (man kann sie auch kaufen). Deren Inhaber erschwindeln sich dann die verschiedensten Privilegien - vom Gratiseintritt ins Museum oder Theater über Rezensionsexemplare von Büchern und Schallplatten bis hin zur Teilnahme an internationalen Tagungen und Konferenzen (meist mit üppigem Gratisbuffet). Das gehört als erstes abgestellt. Die echten Journalisten sollten in ihrem eigenen Interesse Schmarotzer, Bluffer und Diversanten aus ihren Reihen ausschliessen.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240425