26.02.2017

Mehr Lohn für mehr Klicks

Kritik am neuen Bonussystem von Tamedia

Journalisten könnten aufgrund der Anreize in den Titeln übertreiben und seichte Themen bevorzugen, glaubt Mark Eisenegger.
Mehr Lohn für mehr Klicks: Kritik am neuen Bonussystem von Tamedia
Medienprofessor Mark Eisenegger. (Bild: zVg.)

Performance wird lohnrelevant: Das grösste Schweizer Medienhaus Tamedia testet bei der hauseigenen Nachrichtenagentur Newsexpress ein neues Bonussystem. Werden seine Artikel gut geklickt, kann sich der Journalist zum bestehenden Lohn einen Bonus in der Höhe von ein paar hundert Franken pro Quartal erarbeiten.

«Die Aufgabe von NXP-Redaktoren besteht darin, einen Text-Rohstoff zu veredeln. Der Leser soll Wertigkeit, Relevanz und Bedeutung eines Themas für sein eigenes Leben erkennt. Diesen Veredelungsprozess möchten wir mit der Massnahme in diese Richtung fördern», sagte Peter Wälty im Interview mit persoenlich.com.

Das neue Bonussystem hat in der Branche viele Reaktionen ausgelöst. In der Sendung «Heute Morgen» von Radio SRF 4 News kritisierte auch Mark Eisenegger, Professor für Kommunikationswissenschafen an der Universität Zürich, die Änderung.

«Das Bonussystem fördert die Tendenz, dass Journalisten im Titel zuspitzen und vielleicht sogar übertreiben», sagt er gegenüber der Radiosendung. Zudem könnten Geschichten, die gar nicht so dramatisch sind, effekthascherisch aufgegriffen werden. Solche Anreize könnten auch dazu führen, dass Journalisten seichte Themen bei der Selektion bevorzugen. (wid)



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Kommentare

  • Markus Kuster, 03.03.2017 10:49 Uhr
    Es ist dasselbe wie im Einkaufstourismus. Ich kann auch ausländische Zeitungen lesen. Ich kann die SZ oder The Guardian abonnieren. Ich brauche die Tamedia nicht. Und wenn sie mir im Bus eine 20Minuten schenken möchten, tja dann sollen sie halt. Ich könnte auch auf search.ch oder local.ch. Ich kann aber auch auf den ausländischen Anbieter Google. In unserer Zeit kann man über die Grenzen hinwegschauen.
  • Armin Keusch-Walter, 28.02.2017 17:47 Uhr
    Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing. - Ueli Custer ist Geschäftsführer der Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM). Sein Spezialgebiet ist laut eigener Aussage "die Medienlandschaft Schweiz mit Schwerpunkt auf der kommerziellen Seite".
  • Ueli Custer, 27.02.2017 09:00 Uhr
    Ich finde diese Hysterie reichlich übertrieben. Es geht letztlich um Kurzmeldungen und nicht um vertiefende Artikel. Zudem ist der Bonus nach Aussagen von Tamedia so tief, dass der Anreiz doch eher bescheiden bleibt. Das Ganze ist auch erstmal ein Experiment. Also wartet doch einmal ab, welche Konsequenzen sich daraus ergeben bevor man jetzt gleich den Untergang des Journalismus beschwört.
  • Richard Schweizer, 27.02.2017 07:03 Uhr
    Nich mehr schreiben was ist, sondern nur noch was das Publikum lesen will?
  • Franz Huber-Werther, 26.02.2017 11:48 Uhr
    Der Herr Soupino hält offenbar seine Redaktoren bereits wie ein Verhaltensforscher seine Affen und Krähen: Für jeden Klick gibt's eine Erdnuss!
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