07.09.2016

Service Public

Verleger und Politiker streiten über die SRG

Das Interesse an der Service-Public-Konferenz in Bern war gross: Über 250 Teilnehmer aus Medien und Politik kamen am Mittwoch zum Hotel Palace, um sich über die verhärteten Fronten in der Service-Public-Debatte ein Bild zu machen. Vier pointierte Aussagen lassen aufhorchen.
Service Public: Verleger und Politiker streiten über die SRG
Referate und zwei Podien: Der Verband Schweizer Medien lud ins Hotel Bellevue Palace in Bern. (Bilder: Keystone/Walter Bieri)
von Edith Hollenstein

1. Roger de Weck zu Admeira

In seinem wie gewohnt rhetorisch geschickten, gegen Schluss fast etwas pathetisch vorgetragenen Referat betont der SRG-Generaldirektor die gemeinsamen Herausforderungen, die alle Medien weltweit zu bewältigen hätten, ob nun gedruckt oder elektronisch, ob privat oder öffentlich finanziert. «Es bringt nichts, dass wir einander zu schwächen versuchen.» Er wünsche sich Kooperationen und konstruktive Gespräche, sagte de Weck. «Ich strecke meine Hand aus für eine Zusammenarbeit», rief er den Verlegern zu  (persoenlich.com berichtete).

Dabei kam er auch auf Admeira zu sprechen, das Werbe-Joint-Venture von Swisscom, SRG und Ringier. «Wir suchen neue Partnerschaften und sind offen für neue Aktionäre.» Speziell aufhorchen lässt das Wort «Aktionäre». Bisher war immer nur die Rede davon, dass sich die Verlage als Kunden bei Admeira beteiligen können.


2. Pietro Supino über die SRG als reine Inhaltsproduzentin

Pietro Supino schlägt im Eröffnungsreferat ein «zukunftsweisendes nationales Projekt» vor, das auch international Vorbildcharakter haben könnte. Laut dem Tamedia-Verleger soll sich die SRG in Richtung Open-Source-Anbieter entwickeln. Die SRG soll damit künftig weiterhin Radio- und TV-Inhalte produzieren und diese auch selber verbreiten. Gleichzeitig sollen die Inhalte jedoch auch den Privaten zur Anreicherung und Verbreitung zur Verfügung stehen. «Private Investitionen würden zu Multiplikatoren der öffentlichen Angebote», prognostiziert Supino.

Ein ähnliches Modell hat 2014 Avenir Suisse aufs Tapet gebracht. Der wirtschaftsnahe Think Tank schlug damals vor, die SRG zu einem «Public Content Provider» umzubauen, sprich zu einer NGO ohne Werbeeinnahmen, die Multimedia-Inhalte produziert, diese aber nicht mehr selber verbreiten darf (persoenlich.com berichtete).

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Dem Open-Source-Modell steht Roger de Weck jedoch skeptisch gegenüber: «Warum sollte die SRG Inhalte produzieren und diese dann nicht selber verbreiten dürfen? Warum sollten wir aufwändig produzierte, substantielle Sendungen irgendwo im Internet verstecken, wo sie niemand findet?», merkte de Weck an. Zudem habe das Open-Source-Prinzip Grenzen, nämlich dort, wo es sich nicht um vollständige Eigenproduktionen der SRG handle. Etwa bei Sportübertragungen oder wenn Sendungen mit Musik untermalt sind, würden die Rechte nicht zu 100 Prozent bei der SRG liegen und könnten daher nicht frei zur Verfügung gestellt werden.


3. Mark Eisenegger zur Gratiskultur

Nicht die SRG sondern die Gratiskultur und die ausländische Konkurrenz – das seien die grossen Probleme der Verleger, sagte Mark Eisenegger auf dem Podium. Laut dem Professor und Fög-Präsident ist die Zahlungsbereitschaft in der Schweiz auch international gesehen sehr tief. Dies zeige eine aktuelle Studie. Für ihn ist es absolut unverständlich, dass von Verlegerseite die SRG zum Hauptproblem stilisiert wird. «Das geht nicht!», sagte er. «Hochfragwürdig» sei auch, wenn die Verlage der SRG vorwerfen, Angebote wie srf.ch behinderten ihre Paywall-Bestrebungen. Dem sei nicht so: Verlage, die Plattformen betreiben wie 20min.ch oder blick.ch, die weit mehr Klicks aufweisen als srf.ch, sollten «auf dem Boden der Tatsachen bleiben», fordert Eisenegger.

 

4. Jens Alder über Grundversorgung

Einen interessanten Punkt bringt Jens Alder ein. In seinem Referat ging der Verwaltungsratspräsident von Alpiq und Goldbach auf seine frühere Zeit bei der Swisscom ein, wo es um die «letzte Meile» ging. In diesem Zusammenhang warf Alder ein, dass es allenfalls Sinn machen würde, auch in der Diskussion um den künftigen Service Public zu unterscheiden zwischen Grundversorgung einerseits und Service Public anderseits. Bemerkenswert: Solch branchenfremde Betrachtungsweisen könnten zu Lösungen inspirieren, die nicht unbedingt auf der Hand liegen.



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Kommentare

  • albin dupontet, 10.09.2016 10:24 Uhr
    je partage l'opinion de Markus Seger. Les éditeurs ont toujours eu comme politique d'attaquer ses concurrents, sûrs de leurs prérogatives en matière politique ! Et cela démontre leur incompétence en matière d'évolution des moyens de communication. J'en veux pour preuve leurs vaines tentatives, à l'époque, de bloquer l'entrèe de la publicité à la TV SSR ! Puis leur constance à freiner l'évolution de cette offre publicitaire tout en ne tenant aucun compte de l'intérêt des annonceurs ! Ils n'ont jamais réalisé combien ils ont perdu en sympathie de la part du milieu publicitaire et, en parallèle, bcp d'argent ! Ils continuent sur cette voie, sûr de leurs forces qui s'amenuise de jour en jour !
  • Markus Seger, 08.09.2016 13:11 Uhr
    Prof. Mark Eisenegger bringt es auf den Punkt: Die Diskussion wird von der Verlegerseite her heuchlerisch geführt. Es ist auch sehr befremdlich, dass in Sachen SRG immer nur vom Fernsehen gesprochen wird, als ob es das Radio überhaupt nicht mehr gäbe. Es scheint, als ob es den Verlegern einzig darum gehen würde, einen unliebsamen Konkurrenten schlecht zu reden.
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