30.11.2016

SRF

Michèle Binswanger fordert eine publizistische Vision

Im «Medienclub» vom Dienstagabend kritisiert die Tagi-Journalistin die klassischen Verlage, zu denen auch Tamedia gehört: Ihnen fehle es an einer Strategie, die alten Geschäftsmodelle in die digitale Zukunft zu übersetzen.
SRF: Michèle Binswanger fordert eine publizistische Vision
Michèle Binswanger sagt, es brauche neue Player auf dem Markt: «Man war lange gut und kann nun die Innovation nicht selber leisten.» (Bild: Videostill SRF)
von Christian Beck

«Die Medien – Voll daneben getrumpt» war das Thema im «Medienclub» am Dienstagabend auf SRF 1. Bei der Frage, was etablierte Medien gegen sogenannte Fake-News aus den Sozialen Medien machen könnten, holte die «Tages-Anzeiger»-Journalistin Michèle Binswanger zum Schlag gegen die Branche und damit auch gegen Tamedia aus – ohne das Verlagshaus jedoch namentlich zu nennen. Man stecke in einem «Innovator's Dilemma»: «Über die Sozialen Medien kann jeder seine Informationen verteilen, wie er will.» Und die etablierten Medienhäuser würden keine Antwort darauf finden, wie sie auf diese Entwicklung reagieren können.

Hinzu komme, dass Finanzierungsmodelle fehlen würden, um den Journalismus in das digitale Zeitalter zu überführen. Die Geschäftsgrundlage der Verlage «schmilzt wie die Polarkappen dahin. Eigentlich sollten wir nach neuen Modellen suchen, wie wir auf diese Entwicklung reagieren können», sagte die Autorin. Es würden sowohl die Visionen wie auch die Köpfe dafür fehlen, deshalb beschränke man sich darauf, einfach den Gürtel immer enger zu schnallen. «Ich habe das Gefühl: Die Verlage verwalten den Niedergang ihrer journalistischen Kernprodukte, anstatt sich zu fragen, wie man Journalismus und seinen Vertrieb ins neue Zeitalter übersetzen kann», sagte Binswanger nach der Sendung ergänzend auf Anfrage von persoenlich.com.

Als mögliches Finanzierungsmodell nannte Binswanger im «Medienclub» die Möglichkeit, den Journalisten zur Marke zu machen. «Hier investieren die Leser direkt in den Journalisten und nicht in das Verlagshaus.» Und sie wiederholte, dass es neue Modelle brauche, auch dafür, dass Journalisten vermehrt direkt zum Geschehen rausgehen können. Dafür brauche es aber Geld. «Jetzt wursteln alle vor sich hin.» Und auf Anfrage präzisiert sie ihre Hoffnung: «Neue Player auf dem Markt könnten neue Modelle ausprobieren und vielleicht so neue Finanzierungsmodelle etablieren.»

Die frisch gekürte «Gesellschaftsjournalistin des Jahres 2016» zeigte sich im «Medienclub» aber schliesslich zuversichtlich und deutete an, dass es eigentlich nur noch aufwärts gehen könne: «Es werden neue Modelle kommen. Momentan sind wir an dem Punkt, an dem alles zusammenbricht und man nur noch Staub sieht.» Und hüstelt dabei gestenreich.

 



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Kommentare

  • Salome Meier, 01.12.2016 14:50 Uhr
    Michèle Binswanger ist schlau und trifft den Nagel auf den Kopf mit ihren Aussagen: Die Schweizer Verleger haben alle keine Idee, was sie publizistisch eigentlich wollen, das trifft natürlich vor allem auf Tamedia zu. Die seltsamen Männerkommentare, die auf Frau Binswangers Äusseres und ihre Gestik zielen, sprechen ja wohl für sich...
  • Dieter Widmer, 01.12.2016 10:19 Uhr
    Michèle Binswanger ist eine brillante Schreiberin von gesellschaftlichen Texten, aber als Diskussionsteilnehmerin ist sie weniger geeignet. Sie argumentiert ziemlich hüpfend und unverständlich, von ihren dauernden wilden Kopfbewegungen mal abgesehen. Gegenüber den andern ist sie abgefallen.
  • Nico Herger, 30.11.2016 19:07 Uhr
    Als "Marke" sieht Madame B. wohl sich selber. Die Leute stehen Schlange, um in sie und andere Edelfedern von der Werdstrasse zu investieren. Mais bien sûr.
  • Oliver Brunner, 30.11.2016 14:41 Uhr
    Das ist sehr unjournalistisch, was Frau Binswanger da macht. Sie schliesst von sich auf alle anderen Leute. "Die Leute wollen Fake-News, um sich bestätigt zu wissen, etc. etc.". Wer den Blog von B. liest merkt, dass genau sie sich in einer kleinen Blase ihrer Social Media Follower bewegt und von diesen Informationen erhält und weiterverbreitet. Der grossen Mehrheit der Leser geht diese vermeintlich elitäre Meinungsbildung am A. vorbeil.
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