21.04.2016

Ringier

«Ohne modernste Technologie sind die besten Inhalte wertlos»

Die umstrittene Werbeallianz Admeira gilt als Marc Walders Lieblingsprojekt. In deren Start setzt der Ringier-CEO grosse kommerzielle Hoffnungen. Diese lässt er sich auch nicht durch den rabiaten Widerstand seiner Verlegerkollegen nehmen.
Ringier: «Ohne modernste Technologie sind die besten Inhalte wertlos»
von Matthias Ackeret

Herr Walder, Sie reisen momentan viel durch die Welt. Wo waren Sie zuletzt?

Ich komme gerade aus New York zurück. Davor war ich in Rumänien, London, San Francisco und an verschiedenen Orten im Silicon Valley.

Welche Erfahrungen haben Sie dort für Ringier gewonnen?
Aufs Wesentliche runtergebrochen: Inhalte bleiben wichtig, gute Texte, gute Fotos, gute Filme, gute Musik. Aber: Ohne modernste Technologie sind selbst beste Inhalte nichts mehr wert.

Das klingt radikal.
Mag sein. Ist aber so. Ein Beispiel: Sie haben einen guten Text auf einer Plattform. Nehmen wir die Plattform der New York Times, die machen ja nach wie vor hervorragenden Journalismus. Sie können aber auch spiegel.de, blick.ch oder 20minuten.ch nehmen, spielt keine Rolle. Ohne gute Technologie hat dieser Text in zweierlei Hinsicht keine Chance: Er wird viel weniger Leser erreichen. Und Sie verdienen massiv weniger Geld damit. Fazit: Distribution und Vermarktung sind komplett abhängig von Technologie und Daten.

Das Joint Venture Admeira wurde als Schweizer Antwort auf Google, Youtube und Facebook ins Leben gerufen. Ist dies nicht ein bisschen ambitiös?
Wissen Sie, was ambitiös ist?

Sagen Sie es mir.
Ambitiös ist, dass wir eine unternehmerische Antwort darauf suchen, wie wir zumindest noch einen Teil der digitalen Werbung in der Schweiz halten können. Über fünfzig Prozent gehen heute direkt zu Google, Facebook und Youtube. Das ist um Gottes willen kein Vorwurf an diese drei. Die machen ja einfach ihre Arbeit. Und wir versuchen nun, Lösungen zu finden, wie wir die Wertschöpfung – oder zumindest noch einen Teil davon – in unserem Land halten können. Das ist ambitiös, richtig. Man dürfte es auch unternehmerisch nennen.

Aber konkret: Wo wollen Sie die beiden Technologieriesen wirklich konkurrenzieren?
Niemand von uns will Google oder Facebook konkurrenzieren. Wir haben die reichweitenstärksten und besten Medienplattformen des Landes in unserem Portfolio. Und wir wollen eines: Wir wollen dem Werbeauftraggeber Lösungen an die Hand geben, die mithalten können mit den Lösungen, die diese Technologieplattformen bieten. Ich habe vorhin gesagt, ohne Technologie und Daten gebe es weniger Werbung. Das hört man nicht gerne. Ist aber so.

Blenden wir zurück: Als Sie vor einem halben Jahr die Werbeallianz verkündeten, gab
 es beim Verband Schweizer Medien Riesenknatsch, in dessen Folge Ringier ausgetreten ist. Hand aufs Herz: Haben Sie diese Aufregung erwartet?
Ich habe den Mitgliedern des Verbandes, im Namen der SRG und der Swisscom, das Angebot gemacht, dass wir gemeinsam vorangehen, kooperieren. Das ist nicht geschehen. Man wählte die Konfrontation. Das ist schade. Aber das haben de Weck, Schaeppi und ich ja bereits hundert Mal gesagt.

Wie fest hat Sie dieser Konflikt 
beansprucht?

Der Konflikt manifestierte sich einerseits in einem juristischen Hickhack und andererseits in einer grossen medialen Berichterstattung. Insgesamt erschienen rund 300 Printartikel, 130 davon allein bei Tamedia. Dazu kamen rund 330 Onlineartikel, hier sogar 204 bei Tamedia. Praktisch alle negativ. Dies empfinden viele als, sagen wir, vorsichtig, unsouverän.

Gab es in der Zwischenzeit nie den
 Versuch einer Einigung zwischen Ringier
 und Tamedia?

Wir führen mit Tamedia die Jobcloud, die ertragsstärkste Beteiligung beider Unternehmen mit jobs.ch als Flaggschiff. Das klappt
hervorragend. Mit Pietro Supino wiederum
 sass ich Ende März an einem Round Table, 
zusammen mit der ETH-Spitze, dem Bakom
 und anderen wichtigen Vertretern der Medien-
industrie. Pietro Supino hat die Idee eines 
Swiss Media Centre an der ETH lanciert.
 Wunderbare Idee. Warum soll die ETH für Walt Disney forschen und nicht für den Medienstandort Schweiz?

Sie haben Verena Vonarburg als ehemalige Direktorin des Verbandes Schweizer Medien zu sich geholt. Was erhoffen Sie sich dadurch?
Wir sind in fünfzehn Ländern tätig. Da ist immer etwas los. Jetzt gerade in Polen mit der rechtskonservativen Regierung um Kaczynski oder in Ungarn mit Orbán. Beide fassen die Medien ziemlich forsch an. Wir müssen besser werden beim Thema Public Affairs. Wir können nicht so tun, als würde uns nur der Markt interessieren. Regulatorien, politische Meinungsfindung und wirtschaftspolitische Tendenzen werden immer relevanter. Admeira wäre ein Beispiel dafür in der Schweiz. Dafür ist Verena Vonarburg zu uns gekommen.

Auch Thomas Passen ging nicht zu Tamedia und macht sich jetzt selbstständig, nicht zuletzt dank Ringier-Aufträgen. War dies ein «Racheakt»?
Thomas Passen hat sich Ende letzten Jahres entschieden, Ringier zu verlassen und zu Ta- media zu gehen. Dann hat er realisiert, dass er damit irgendwie nicht glücklich wird. Und dass er sich seinen beruflichen Traum, nämlich selbstständig zu werden – das hat er mir erstmals schon vor acht Jahren gesagt –, endlich erfüllen möchte. Das gibt es. Meine Frau sagt mir stets: «Der denkende Mensch ändert seine Meinung.» Dass Ringier ihn nun stark einbinden wird, ist logisch. Der Mann vermarktet unsere Publikationen seit vielen Jahren. Und zwar formidabel.

Sie sind nun seit genau vier Jahren CEO von Ringier. Was war für Sie der bisherige Höhepunkt?
Schwarz auf weiss zu sehen vor vier Wochen auf einem internen Papier. 2011: 0,1 Prozent digitales Ebitda. 2015: 61 Prozent digitales Ebitda. Dies zu erreichen, dafür bin ich angetreten. Die Aktionäre und der Verwaltungsrat haben mich konsequent unterstützt. Ein gutes Gefühl.

Und der Tiefpunkt?
Kommt mir keiner in den Sinn.

Wenn Sie wählen könnten, wer wären Sie gerne, wenn Sie nicht Marc Walder wären?
Oskar. Ein Flat Coated Retriever. Unser Nachbarshund. Der hat ein ziemlich cooles Leben, finde ich.


Das komplette Interview ist in der aktuellen Ausgabe des «persönlich» zu lesen.



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