Roger Willemsen (im Bild) war ein Mann, der die gesprochene Sprache genauso perfektionierte wie die geschriebene. Diese Doppelbegabung zeichnete ihn aus. Deshalb liebte das Publikum Willemsens Beobachtungen, Meinungen, Urteile und Träume. Es schätzte die Beschreibungen des Beiläufigen ebenso wie jene der Zeitläufte.
Ich erinnere mich an das Jahr 2006, als wir ihn in Zürich am Flughafen zu einer Lesung aus dem Buch «Hier spricht Guantanamo» abholten. Wir hatten genug Zeit die öffentliche Diskussion am Abend vorzubereiten und entschlossen uns deshalb zu einer kleinen Ausfahrt entlang dem Zürichsee. Er genoss die Fahrt und die Einkehr in einer Wirtschaft direkt am See. Und wir, die Begleiter, genossen das Gespräch in kleinstem Kreis.
Die geplante Vorbereitung seines Auftritts und die anschliessende Diskussion vergassen wir: Der präzis argumentierende Intellektuelle, der weitgereiste Zeitzeuge und der erfolgreiche Journalist vertiefte sich ohne irgendwelche Allüren aber mit grösster Anteilnahme in eine nachdenkliche Debatte. Lebens-Wirklichkeit und Medienerscheinung stimmten völlig überein: Er konnte ebenso gut zuhören und fragen wie urteilen und reden – ob mit oder ohne Publikum.
Ich werde diesen Nachmittag am See nie vergessen.
Peter Hartmeier
Bild: Keystone
