02.06.2017

SRF

Ruedi Matter verurteilt anonyme Kritiker

Die Sendung «Arena/Reporter» mit Christa Rigozzi als Co-Moderatorin neben Jonas Projer sorgt schon im Vorfeld für Diskussionen und teils giftige Kommentare. Als «verlogen» bezeichnet der SRF-Direktor jene Mitarbeiter, die sich ohne Namensangabe in einer Zeitung zitieren lassen.
SRF: Ruedi Matter verurteilt anonyme Kritiker
Moderieren ab dem 11. Juni gemeinsam «Arena/Reporter»: Jonas Projer und Christa Rigozzi. (Bilder: SRF/Oscar Alessio)
von Christian Beck

«Riesen-Krach am Leutschenbach», titelt der «Blick» am Mittwoch auf der Front und lässt SRF-Mitarbeiter zu Christa Rigozzis neuem Moderationsjob zu Wort kommen – alle anonym. Am 11. Juni geht die Miss Schweiz 2006 erstmals auf Sendung und moderiert zusammen mit Jonas Projer das neue Format «Arena/Reporter» (persoenlich.com berichtete).

Laut «Blick» sorgen vor allem die vielen Werbeverpflichtungen von Rigozzi für heisse Diskussionen am Leutschenbach. «Sie verfügt über ein Portfolio mit vielen lukrativen Mandaten. Das wirkt nicht gerade glaubwürdig, wenn sie in dieser Sendung unabhängig gesellschaftsrelevante Themen verhandeln soll», wird in der Boulevardzeitung ein «SRF-Aushängeschild» zitiert. Ein anderer «SRF-Mann» sagt: «Ich dürfte das nie, obwohl es ein gutes Einkommen wäre.» Und eine «TV-Frau» giftelt: «Ich staune, zu welchen Pirouetten die Informationsabteilung bereit ist. Für mich ist es billiger Zuschauerfang: Kurzes Röckli holt mit lustigem Tessiner Akzent Quote.»

Diese anonymen Äusserung bringen SRF-Direktor Ruedi Matter in Fahrt. «Niemand in diesem Haus muss mit allem einverstanden sein, was entschieden oder umgesetzt wird. Wir lassen verschiedene Meinungen zu, nicht nur in unseren Programmen, auch intern», liess er am Mittwoch die Mitarbeiter wissen.

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Eine eigene Meinung zu haben und dafür einzustehen, sie beispielsweise in den eigenen Teams oder mit Vorgesetzten zu diskutieren, erfordere allerdings zuweilen etwas Mut, heisst es in einem internen Appell, der persoenlich.com vorliegt. Und dann findet Matter deutliche Worte: «Alles andere als mutig ist es, sich mit seiner Meinung anonym in einer Zeitung zitieren zu lassen. Im aktuellen Fall ist es nichts anderes als verlogen: Die Sorge um das Ansehen, die Glaubwürdigkeit von SRF vorzugeben – und genau dieses Ansehen, diese Glaubwürdigkeit sehr bewusst und aktiv zu beschädigen. Ich bedaure und verurteile solche Aktionen.»

«Eine Frage der Verhältnismässigkeit»

Die Mitwirkung in der Werbung ist für SRF-Programm-Mitarbeitende in einem festen Anstellungsverhältnis grundsätzlich verboten. «Anderen externen Nebenbeschäftigungen und ausserberuflichen Tätigkeiten können sie nachgehen, sofern sich diese nicht nachteilig auf die Interessen von SRF und die Ausübung der Arbeit auswirken. Zudem sind sie bewilligungspflichtig», sagt SRF-Sprecher Stefan Wyss gegenüber persoenlich.com.

Rigozzi ist bei SRF nicht festangestellt, sondern wurde als Co-Moderatorin für die einzelnen Ausgaben von «Arena/Reporter» engagiert – im Jahr 2017 sind das drei Sendungen. «Es ist also auch eine Frage der Verhältnismässigkeit, dass für Christa Rigozzi nicht die gleichen Regeln gelten können, wie für jemanden, der bei SRF als Redaktor und Moderator in einem Vollpensum arbeitet», so Wyss weiter. Trotzdem nehme Rigozzi für ihr Engagement bei «Arena/Reporter» bezüglich Werbung gewichtige Einschränkungen in Kauf. «So können über längere Zeit auf SRF keine Werbespots mit Rigozzi geschaltet werden», sagt der Sprecher.

Offener Brief von Peter Rothenbühler

Auch Peter Rothenbühler, Autor und Ex-Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten», nimmt Rigozzi in Schutz. «Wurde dem Co-Kommentator Bernhard Russi je verboten, weiterhin für Subaru und Brillen Werbung zu machen? Nein», schreibt er in einem offenen Brief an die 34-Jährige. Interessant sei ja, dass niemand an Rigozzis intellektuellen Fähigkeiten und der Bildschirmtauglichkeit zweifle. Aber sie verkörpere eine Art Gesinnungswandel. «Bei SRF wollte man jahrzehntelang nicht wissen, dass es bei einem visuellen Medium auch auf Charisma und Schönheit der Moderator(inn)en ankommt, auch wenn es um ernste Themen geht.»

Nur wegen der Einschaltquoten könne das Engagement Rigozzis übrigens nicht zustande gekommen sein. «So blöd ist das Publikum nicht. Es weiss, dass Sie mehr sind als eine Schaufensterpuppe», schreibt Rothenbühler an die Adresse von Rigozzi.



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Kommentare

  • Patrick Kummer, 01.06.2017 13:26 Uhr
    Und wie verlogen ist es denn, wenn SRF-Journalisten zahllose lukrative Moderationsauftritte in der Privatwirtschaft haben, z.B. bei Banken?
  • Stefan Menzi, 01.06.2017 13:14 Uhr
    Herr Rothenbühler mag ein erfahrener People-Journalist sein, doch sein Vergleich mit Bernhard Russi hinkt gewaltig. Russi war ein ausgeprochener, wenn nicht "DER" Experte, wenn es ums Skifahren ging. Man assoziiert ihn ausschliesslich mit Ski Alpin. Somit war sein Co-Kommentar absolut legitim. Russi hat nie etwas anderes moderiert, schon gar keine politische Sendung. Er analysierte jeweils Skirennen aus Sicht des Profis, während der Hauptkommentator das Renngeschehen schilderte. Der Schuster Russi blieb stehts bei seinem Leisten. Ausserdem überzeugte er durch seine zurückhaltende, ruhige Art, sein Privatleben hielt er soweit als möglich privat, er war alles andere als ein sich vordrängender Rampenlicht-Suchender, er machte nie alles mit, koste es was es wolle, das gab ihm noch mehr Legitimität als Experte. Auto- und Brillenwerbung sind auch etwas anderes, als für Kleinkredite zu werben. Rigozzi mag Präsentationstalent zu haben, aber ob sie DIE Expertin ist für politische und gesellschaftliche Fragen? Ich bezweifle es. Sie mag gut aussehen, aber sie hat zum Beispiel eine schreckliche Stimme. SRF verliert immer mehr Glaubwürdigkeit. Hört endlich auf mit all diesem Star- und "Promi"-Getue. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt braucht keine Stars.
  • Nico Herger, 01.06.2017 11:31 Uhr
    Grundsätzlich stellt sich sowieso die Frage, warum es ein Duo braucht. Ein Narzisst wie Projer reicht doch für eine (angeblich) seriöse Diskussionssendung. Oder ist es doch eher Infotainment?
  • Kathrin Betschart, 01.06.2017 11:09 Uhr
    Es ist eben auch so: SRF zieht viele Mitarbeitenden an, die - wie Insekten, die vom Licht angezogen werden - gerne im Scheinwerferlicht stehen, die gerne Stars wären, das ist ein gewisser Typus Mensch (nicht alle, aber einige). Sehr vielen SRF-Leuten ist ein gewisser Drang zum Narzissmus, zur Selbstdarstellerei nicht abzusprechen. Das ist auch ok, sonst hätte das SRF gar ein Personalmangelproblem. Solche Leute gehören in ein öffentiches Medium, wo sie sich "ausleben" können. Gut vorstellbar, dass die Neidkultur am Leutschenbach grösser ist als in anderen Organisationen. Viele sind sich am nächsten, und viele würden sehr viel tun, um eine grosse Samstagabendkiste präsentieren zu dürfen. Als TV-Mitarbeiter muss man das Ellbögeln beherrschen. Mitunter herrscht im Hause SRF womöglich auch eine versteckte Mobbingkultur, welche dazu führt, dass einige Mitarbeiter gerne anonym ihrem echten (oder vermeintlichen) Ärger Luft verschaffen. Verständlich, gefällt das dem TV-Direktor nicht, doch er könnte ruhig gelassen bleiben. TV-Journalisten verstehen nun mal das Handwerk von Geschichten verbreiten und Kampagnen zu lancieren, der Blick kann für ein paar Tage "Empörung" bewirtschaften. Persönlich finde ich die Auswahl von Frau Rigozzi icht sehr geglückt. Das Problem beim SRF ist, das immer die gleichen fünf, vier Verdächtigen irgend etwas moderieren (einige wecken einen dann auch noch morgens per Radio aus dem Schlaf). Es gäbe bestimmt viele frische, unverbrauchte, sehr gute Leute - die erst noch gut aussehen - die eine solche Sendung moderieren könnte. Aber bitte keine ehemaligen Missen oder Schlagersternchen. Mehr Abwechslung würde dem SRF gut tun, und es weniger provinziell scheinen lassen. Ich frage mich schon, weshalb beim SRF immer so ein Chnorz herrscht. Nur schon das Westschweizer Fernsehen RTS kommt mit soviel mehr Ungezwungenheit und Urbanität daher. Oder ARD und ZDF, die machen es einfach professionell.
  • Tek Berhe, 01.06.2017 10:49 Uhr
    Es gibt eine einfache Lösung: Ein Lauftext mit 'Achtung, Nichfestangestellte Mitarbeiterin. Für sie gelten andere Regeln'
  • Markus Schild, 01.06.2017 09:58 Uhr
    Eine sehr heuchlerische Stellungnahme. Jeder im Leutschenbach weiss, wie interne Kritik zum automatschen Abbremsen der eigenen Karriere führt. So zu tun, als sei die SRF empfänglich für kritische Stimmen der Belegschaft, ist etwa so absurd, wie einer Verkäuferin von zweifelhaften Kleinkrediten, wie es Frau Rigozzi nun mal ist, objektivität zu bescheinigen.
  • Anita Herzig, 01.06.2017 09:48 Uhr
    Was soll das denn? Anonyme Beschwerden öffentlich zu machen ist doch völlig daneben - oder hat der Blick die Geschichte gar erfunden? Wie auch immer - dahinter steckt doch einfach Neid! Rigozzi hat sich während Jahren nicht nur Respekt in breiten Kreisen verdient, sondern eben auch Anerkennung und diese widerspiegelt sich in der Mittwochs-Blick-Headline.
  • Barbara Federer, 01.06.2017 08:46 Uhr
    Herr Matter ist eine Mimose. Anonyme Kritik gehört nun mal zur heutigen Zeit. Da kann man doch etwas mehr Rückgrat haben als Chef. Er wusste sicherlich, dass ein solcher Entscheid nicht alle Menschen verstehen können.
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